Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Welle

Titel: Die Welle
Autoren: Morton Rhue
Vom Netzwerk:
»Ich glaube, wir haben einiges zu besprechen.«

 

Viele Leser der Originalausgabe haben gefragt, ob sich das Experiment Welle tatsächlich so zugetragen habe, wie dies im vorliegenden Buch geschildert wird. Dazu hier der Auszug eines Interviews mit Ron Jones, dem »echten« Mr Ross, aus der Zeitschrift »Scholastic Voice« vom 18. September 1981:
     
     

 
    Also, am ersten Tag hatte ich noch alles genau durchgeplant – ich wollte ja eine engagierte Diskussion provozieren und damit dann das Experiment beenden. Als ich am zweiten Tag in die Klasse kam, erwartete ich, dass die Schüler wie immer in ihren Bänken herumlümmeln würden. Aber zu meiner Überraschung saßen alle in dieser merkwürdig disziplinierten Haltung vor mir und baten mich, doch weiterzumachen. Erst wollte ich aufhören, aber dann dachte ich: »Mal sehen, wie das weitergeht.« Von diesem Tag an geschah alles spontan und ungeplant.
     

 
    Das ist eine sehr gute Frage. Es gab gegen Ende des Experiments tatsächlich Momente, da fühlte ich mich schon alsDiktator und nicht mehr als Lehrer oder Ehemann, wahrscheinlich hatte ich das nicht mehr im Griff. Wenn man einmal in eine Rolle hineinschlüpft, dann lebt man sie auch. Ich verhielt mich also wie ein Diktator und nicht mehr wie ein normaler Mensch.
     
     

 
    Ja, aber die Leibwächter-Geschichte spielte sich etwas anders ab, als sie im Buch beschrieben wird. Eines Tages folgte er mir überall hin, und als ich ins Lehrerzimmer ging und ihm ein Kollege sagte, dass Schüler hier keinen Zutritt hätten, da antwortete Robert: »Ich bin kein Schüler, ich bin die Leibwache!« Also, da hab ich schon ziemlich Angst bekommen, ich fragte mich, wie weit die anderen Schüler schon gegangen waren.
     
     

 
    Ich wollte, dass die Schüler erfahren, wie es damals in Deutschland zuging. Sie sollten aber nicht nur etwas darüber lesen, sondern selbst erleben, was es heißt, zum Beispiel gleichzeitig aufzuspringen und irgendetwas zu brüllen, oder in einer sehr disziplinierten Weise dazusitzen, oder von einer Person abhängig zu sein, die einem dauernd sagt, was man machen soll.

     

 
    Das ist richtig. Ich befand mich in einem ziemlichen Dilemma. Ich hätte abrupt aufhören können, was jeden völlig aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, oder ich hätte weitermachen können. Aber wenn ich mir Robert ansah, wusste ich, dass ich das nicht machen durfte. Nun, ich habe mich wie ein Basketballtrainer verhalten und entwarf sozusagen eine neue Spielstrategie. Wenn man gegen eine sehr überlegene Mannschaft spielt, muss man manchmal seine Spielweise ganz drastisch verändern. Also versuchte ich so ziemlich alles an der Welle zu ändern, indem ich einfach sagte: »He, Leute, das ist alles Wirklichkeit.« Das war jetzt eine ganz neue Dimension von Verhaltensmöglichkeiten. Schließlich habe ich ihnen reinen Wein eingeschenkt und habe dann sehr viel Zeit mit ihnen verbracht, das war ziemlich schlimm. Aber es stimmt, es war ganz, ganz schwer, die Sache zu Ende zu bringen.
     
     

 
    Ja, schon. Aber manchmal begegne ich einem von ihnen, und dann schleudert er mir den Welle-Gruß entgegen undgrinst – ich weiß nicht, was dieses Grinsen bedeutet. Heißt es: »He, wir sollten das eines Tages noch mal machen«, oder heißt es: »Ja, Mr Jones, ich habe viel gelernt, danke?« Ein deutsches Fernsehteam hat einmal die früheren Welle-Mitglieder befragt. Ihre Ansichten waren ganz unterschiedlich, von »Ich war vollkommen überwältigt« bis »Es war ja nur ein Spiel, und ich habe eben mitgemacht« und »Das werde ich niemals vergessen«; es gab also eine große Bandbreite von Eindrücken.
     
     

 
    Es ging ihm wie all jenen »unsichtbaren« Leuten, die plötzlich sehr »sichtbar« und mächtig werden und die dann plötzlich von ihrer Macht abgeschnitten werden. Ich musste viel Zeit darauf verwenden, mit ihm über seinen Wert als menschliches Wesen zu reden. Immer wieder habe ich darauf hingewiesen, dass es viele Wege gibt, Selbstwertgefühl zu erhalten und ein guter Mensch zu sein – die Schule ist da nicht die einzige Möglichkeit. Nun, es stellte sich heraus, dass Robert im Handwerklichen recht gut ist, und so betreute er bald die Schreibmaschinen im Klassenzimmer. Heute ist er Flugzeugmechaniker, und ich glaube, er ist recht zufrieden damit. (...)
    Einstein hat einmal gesagt: »Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.« Ich glaube, irgendjemand hätte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher