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Die Welle

Titel: Die Welle
Autoren: Morton Rhue
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Augen und ging zur Tür. »Wer ist da?«
    »David Collins und Laurie Saunders, Mister Ross!« Überrascht öffnete Ben. »Was macht ihr denn hier? Es ist spät.«
    »Mr Ross, wir müssen mit Ihnen sprechen«, sagte David. »Es ist wirklich wichtig.«
    »Dann kommt herein und setzt euch!«, antwortete Ben. Als David und Laurie das Wohnzimmer betraten, sah Ben, dass beide ganz durcheinander zu sein schienen. Hatte sich etwas noch Schlimmeres durch die Welle ereignet? Die beiden Schüler setzten sich auf die Couch, und David beugte sich ein wenig vor.
    »Mr Ross, Sie müssen uns helfen«, sagte er mit einer Stimme voller Eifer.
    »Was ist denn?«, fragte Ben. »Was ist passiert?«
    »Es geht um die Welle«, antwortete David.
    »Mr Ross«, warf Laurie ein, »wir wissen, wie wichtig Ihnen das alles ist, aber es geht zu weit.«
    Ehe Ross antworten konnte, fügte David hinzu: »Die Welle hat sich verselbstständigt. Man kann nichts mehr gegen sie sagen. Man fürchtet sich vor ihr.«
    »Die Schüler haben Angst!«, erklärte ihm Laurie. »Sie haben wirklich Angst. Sie sprechen nicht mehr gegen die Welle, weil sie sich vor dem fürchten, was ihnen dann zustoßen könnte.«
    Ben nickte. Gewissermaßen minderte das, was diese beiden Schüler ihm sagten, seine Sorgen über die Welle. Wenn er so handelte, wie Christy ihm geraten hatte, und an die anfänglichenZiele des Experiments zurückdachte, dann bestätigte das, was David und Laurie ausgesprochen hatten, dass die Welle ein voller Erfolg geworden war. Schließlich war sie ursprünglich dazu ausersehen gewesen, den Schülern zu zeigen, wie das Leben in Nazi-Deutschland ausgesehen haben mochte. Und wenn daraus ein Bewusstsein für Angst und Gewalt entstanden war, dann war das ein überwältigender Erfolg. Ein fast zu großer Erfolg.
    »Man kann sich nicht einmal unterhalten, ohne zu fürchten, dass man belauscht wird«, erklärte Laurie.
    Ben konnte nur abermals nicken. Er erinnerte sich an die Schüler in seinem eigenen Geschichtskurs, die hart über die Juden geurteilt hatten, weil die alle Drohungen der Nazis nicht ernst genommen hätten, weil sie nicht aus ihren Häusern und Gettos geflohen waren, als die ersten Gerüchte über Konzentrationslager und Gaskammern sich ausbreiteten. Eigentlich war das ja selbstverständlich, dachte Ross. Wie konnte denn irgendein vernünftiger Mensch an solcherlei Dinge glauben? Und wer hätte gedacht, dass wohlerzogene und freundliche Schüler einer High School zu einer faschistischen Gruppe mit dem Namen »Die Welle« werden könnten? War es eine Schwäche des Menschen, dass er die düsteren Seiten der Menschen nicht wahrhaben wollte?
    David riss ihn aus seinen Gedanken. »Heute habe ich Laurie wegen der Welle beinahe verletzt«, sagte er. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, aber ich weiß, dass es genau das ist, was auch über alle anderen gekommen ist, die zur Welle gehören.«
    » Sie müssen damit aufhören!«, drängte Laurie.
    »Ich weiß«, antwortete Ben. »Und ich tue es auch.«
    »Aber wie wollen Sie das anstellen, Mister Ross?«, fragte David.
    Ben wusste, dass er den beiden seinen Plan nicht offenbaren durfte. Es war wichtig, dass die Mitglieder der Welle für sich selbst entschieden, damit das Experiment zu einem vollen Erfolg wurde. Ben konnte sie nur mit Ergebnissen überzeugen. Wenn Laurie und David morgen in der Schule erzählten, Mr Ross wolle die Welle auflösen, dann würden die Schüler sich verraten fühlen. Vielleicht hörten sie dann auf, ohne den Grund dafür wirklich einzusehen. Oder, schlimmer noch: Vielleicht versuchten sie dann, gegen ihn anzukämpfen und die Welle über ihren ursprünglichen Zweck hinaus am Leben zu erhalten.
    »David und Laurie«, sagte er, »ihr habt selbst entdeckt, dass die anderen Mitglieder noch nichts gelernt haben. Ich verspreche euch, dass ich morgen versuchen werde, den anderen zu dieser Erkenntnis zu verhelfen. Aber ich muss es selbst und auf meine Art tun, und ich kann euch nur bitten, mir zu vertrauen. Könnt ihr das?«
    David und Laurie nickten unsicher, als Ben aufstand und sie zur Tür begleitete. »Es ist eigentlich viel zu spät für euch«, sagte er. Doch als sie gerade durch die Tür getreten waren, kam ihm noch ein Gedanke. »Hört mal, wisst ihr vielleicht zwei Schüler, die nie mit der Welle zu tun gehabt haben? Zwei Schüler, die den Mitgliedern der Welle nicht zu bekannt sind und die man nicht vermissen wird, wenn sie nicht zur Versammlung kommen?«
    David
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