Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Welle

Titel: Die Welle
Autoren: Morton Rhue
Vom Netzwerk:
ist? Das Kinn ist angezogen, der Kopf gehoben. Das ist sehr gut, Robert!«
    Robert, der Prügelknabe der Klasse, sah seinen Lehrer an und lächelte kurz, dann verfiel er wieder in seine steife Haltung. Überall im Raum versuchten die Schüler, ihn nachzuahmen.
    Ben ging nach vorn. »Gut. Und jetzt möchte ich, dass ihr alle aufsteht und in der Klasse auf und ab geht. Sobald ich es befehle, kehrt jeder so schnell wie möglich an seinen Platz zurück und nimmt die soeben eingeübte Haltung ein. Los, aufstehen!«
    Die Schüler standen auf und schlenderten durch die Klasse. Ben wusste, dass er ihnen nicht zu viel Zeit geben durfte, weil sie sonst die nötige Konzentration verlieren würden. Darum sagte er bald: »Setzen!«
    Die Schüler eilten an ihre Plätze.
    Es gab ein ziemliches Gewirr, man lief gegeneinander, einige lachten, aber das vorherrschende Geräusch war das der schurrenden Stuhlbeine, als die Schüler sich endlich wieder setzten.
    Ben schüttelte den Kopf. »Das war das wildeste Durcheinander, das ich je gesehen habe. Wir spielen hier nicht irgendein Spielchen, sondern machen eine Haltungs- und Bewegungsübung. Versuchen wir es noch einmal. Aber diesmal ohne Geschwätz. Je konzentrierter ihr seid, desto schneller werdet ihr eure Plätze erreichen. Fertig? Los, aufstehen!«

Zwanzig Minuten lang übte die Klasse aufzustehen, in scheinbarer Unordnung durch die Klasse zu schlendern, auf Befehl des Lehrers schnell an die Plätze zurückzukehren und die richtige Haltung einzunehmen. Ben gab seine Befehle nicht wie ein Lehrer, sondern wie ein Unteroffizier auf dem Kasernenhof. Sobald das reibungslos klappte, baute Ben eine neue Schwierigkeit ein. Die Schüler mussten noch immer ihre Plätze verlassen und zu ihnen zurückkehren, doch jetzt vom Flur her, und Ben stoppte die Zeit.
    Beim ersten Versuch vergingen achtundvierzig Sekunden. Beim zweiten Mal gelang es in einer halben Minute. Vor dem letzten Versuch hatte David eine Idee.
    »Hört mal!«, sagte er zu seinen Mitschülern, als sie draußen auf den Befehl des Lehrers warteten. »Wir stellen uns gleich so auf, dass die ganz vorn stehen, die es bis zu ihrem Platz am weitesten haben. Dann laufen wir uns wenigstens nicht gegenseitig um.«
    Die anderen stimmten zu. Als sie sich in der richtigen Reihenfolge aufgestellt hatten, bemerkten sie, dass Robert jetzt ganz vorn stand. »Der neue Anführer der Klasse«, flüsterte einer, während sie auf das Zeichen warteten. Ben schnippte mit den Fingern, und die Reihe der Schüler eilte eifrig und still in den Raum. Als der letzte Schüler saß, stoppte Ben die Zeit. Er lächelte. »Sechzehn Sekunden!«
    Die Klasse jubelte.
    »Ja, gut, seid jetzt still«, sagte der Lehrer. Zu seiner Überraschung beruhigten sich die Schüler fast augenblicklich.
    Die Ruhe, die plötzlich im Raum herrschte, war fast unheimlich. So still war es in der Klasse sonst nur, wenn sie leer war.
    »Und nun gibt es noch drei Regeln, die ihr zu beachten habt«, erklärte Ben. »Erstens: Jeder muss Block und Kugelschreiber für Notizen bereithalten. Zweitens: Wer eine Frage stellt oder beantwortet, muss aufstehen und sich neben seinen Stuhl stellen. Drittens: Jede Frage oder Antwort beginnt mit den Worten ›Mister Ross‹. Ist das klar?« Alle nickten.
    »Gut«, sagte Mr Ross. »Brian, wer war britischer Premierminister vor Churchill?«
    Brad blieb sitzen und kratzte sich hinter dem Ohr. »Hm, war das nicht ...«
    Doch ehe er mehr sagen konnte, unterbrach ihn Ben. »Falsch, Brad. Du hast die Regeln schon wieder vergessen, die ich gerade aufgestellt habe.« Er blickte zu Robert hinüber. »Robert, zeige du Brad, wie man eine Frage richtig beantwortet.«
    Sofort stand Robert straff aufgerichtet neben seinem Stuhl. »Mister Ross!«
    »Richtig!«, bestätigte der Lehrer. »Danke, Robert!« »Ach, das ist doch blöd!«, murrte Brad.
    »Aber bloß, weil du es nicht richtig gemacht hast«, sagte einer.
    »Brad«, wiederholte Ben Ross, »wer war Premierminister vor Churchill?«
    Diesmal stand Brad auf. »Mister Ross, es war, hm, Premierminister, ich glaube ...«
    »Du bist noch zu langsam, Brad«, erklärte der Lehrer. »Von jetzt an antwortet jeder so kurz wie möglich, und ihr spuckt die Antwort förmlich aus, sobald ihr gefragt werdet. Versuch es noch einmal, Brad!«
    Diesmal sprang Brad auf. »Mister Ross, Chamberlain!« Ben nickte zustimmend. »Jawohl, so beantwortet man Fragen. Schnell, präzise und mit Nachdruck. Andrea, in welches Land fiel Hitler im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher