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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege
Autoren: Richard Gris
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davon ausging, dass sie per se eine gute Sache sei.« 8 Mehr denn je sind die Macher von Qualifizierungen gefordert nachzuweisen, dass betriebliche Maßnahmen dieser Art einen Wertschöpfungsbeitrag
     für das Unternehmen bieten. Und wie sagt es bereits das Sprichwort: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht
     hast. Betrachtet man die Weiterbildungslandschaft, dann entscheidet nur ein Kriterium über Sieg und Niederlage – sprich den
     Nutzen einer Veranstaltung: der Seminarrückmeldebogen.
    Trainer-Profis beherrschen die Klaviatur, wie man positive Bewertungen und damit den Seminarerfolg manipulieren kann. »Natürlich
     weiß ich, wie ich am Ende eines Seminars noch mal so die Stimmung herumreiße, dass die mir hinterher auf dem Beurteilungsbogen
     gute Noten geben«, erklärte mir jüngst ein Trainerkollege. »Am besten sind praxisorientierte, unterhaltsame Übungen.« Ein
     Tabu sei, zu konfrontativ zu sein und sich im Dienste eines Lernziels mit einem einzelnen Teilnehmer oder der ganzen Gruppe
     anzulegen. Ein Personalentwickler aus dem medizintechnischen Bereich bestätigte mir auch frank und frei: »Die Leute können
     vom Trainer absolut begeistert sein – mit Trainingserfolg hat das nichts zu tun.« Er hatte mal einen charismatischen Seminarleiter,
     der am Rande des offiziellen Themas Aktientipps zum Besten gab. Die Teilnehmer fanden es klasse zu erfahren, wie man reich
     wird.
    Wer als Trainer Geld verdienen möchte, braucht exzellente Selbstdarstellungsfähigkeiten. So ein Trainer begeistert die Teilnehmer
     durch Witz und Kompetenz. Und wenn er sich mediengewandt verhält und ein paar Bücher schreibt, um seine Kernkompetenz zu beweisen,
     dann stehen den dicken Geschäften Tür und Tor auf. Die Voraussetzung ist, dass er auf breiter Basis bekannt ist und ganze
     Hallen mit Zuhörern füllen kann. Mit Weiterbildungserfolg hat das nichts zu tun. Die Referentenagentur Speakers Excellence
     unterscheidet sieben Marktpositionen von Trainern, wie ich im Rahmen eines Vortrags erfuhr. Da gibt es den
Halb-Profi
mit 700 |13| bis 800 Euro Tagessatz, den
Profi-Trainer
mit 1 500 Euro und den
Profi-Speaker
mit verschiedenen Themen, der für 3 000 Euro pro Tag seine Dienste anbietet. Hinzu kommen der
Profi-Speaker mit
einem Kern-Thema
und 5 000 Euro Tagessalär sowie die
Marke
mit 8 000 bis 10 000 Euro. Ganz oben ist die Creme de la Creme: Der
Global Superstar
kann 25 000 Euro Tagessatz verlangen und der
Guru
mit weltweiter Medienpräsenz und Bekanntheit sogar 50 000 Euro.
    Trainer wollen Geld verdienen. Sie lieben schnöden Mammon. Sie schauen gern stundenlang auf ihre Kontoauszüge und kokettieren
     mit den Summen, die da fließen, wenn sie nur einen gefunden haben, der bereit ist, ihnen so viel Bares zu überweisen. Ein
     BMW Roadster oder ein Mercedes SLK kosten einfach viel Geld. Dass Trainer gut gepolsterte Konten haben, macht bereits an der
     Universität die Runde. Ich weiß noch, wie ich zusammen mit meinen Kommilitonen im Hörsaal andächtig den Ausführungen von Arbeits-
     und Organisationspsychologen lauschte und immer wieder diese verheißungsvolle Botschaft durch die Räume kreiste: »Werde Trainer.
     Da kriegst du eine Menge Kohle. An einem Tag so viel verdienen wie eine Arzthelferin in einem Monat.«
    In diesem Zusammenhang ist es besonders spannend, wenn Trainer unter sich sind. Dann fangen sie an, sich gegenseitig darin
     zu überbieten, wie sie ihren Kunden glaubhaft gemacht haben, dass sie so viel »Schotter« wert sind. Am Stammtisch der Profilneurosen
     gibt es kaum einen, der sich an dieser Stelle bloßstellt. Vielleicht versinkt er insgeheim in Ehrfurcht, aber offiziell hält
     er tapfer mit, um zu suggerieren, dass auch er zu den Großen der Branche gehört. Denn mal ehrlich: Wer spricht schon mit Verlierern,
     die Einnahmen auf Bildungsträger- oder Volkshochschul-Niveau zu verzeichnen haben. In den Staub, ihr armen untalentierten
     Hungerleider!
    Und wahrscheinlich haben sie recht. Ein Psychologe ist selbst schuld, wenn er Therapeut wird. Er muss sich nicht nur mit ärgerlichen
     Neurosen und Psychosen herumschlagen, sondern bekommt |14| dafür auch nur wenig Schmerzensgeld. Als Coach sieht die Welt ganz anders aus – obwohl die Arbeit sich nicht groß unterscheidet.
     Genauso überraschend sind die Honorare für Dozenten an Physiotherapie-, Krankenpflege- oder Logopädieschulen, bei Bildungsträgern
     oder im Krankenhaus. Sie führen, wie die Trainerkollegen in der
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