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Die weiße Schmuggler-Jacht

Die weiße Schmuggler-Jacht

Titel: Die weiße Schmuggler-Jacht
Autoren: Stefan Wolf
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Voraussetzungen verinnerlichen, damit du
begreifst. Zunächst habe ich eine Tante, von der du nichts weißt. Tante
Susanne, geborene Frankenau, eine Schwester meiner Mutter. Tante Susanne war
Stewardeß.“
    „Schöner Beruf. Man kommt rum in der
Welt — und schwebt meistens in den Wolken.“
    „Richtig. Tante Susanne hat einen
Amerikaner geheiratet. Einen New Yorker Bauunternehmer. Roswell P. Baker ist
unheimlich reich und jetzt sozusagen mein Onkel. Gesehen habe ich ihn noch
nicht. Aber er soll sehr nett sein und auf gewisse Weise total verrückt,
jedenfalls spleenig (verschroben).“
    „Hat das was mit dem Wetter zu tun? Mit
dem Jahrhundert-Sommer?“
    „Gemach, Gabriele! Gleich stellt sich
der Durchblick ein. Onkel Roswell ist nämlich so reich, daß er sich jederzeit
freigeben kann. Er arbeitet nur anfallsweise. Die meiste Zeit verbringen er und
Tante Susanne auf ihrer Jacht, einer Hochseejacht, mit der sie am liebsten
durchs Mittelmeer schippern. Ist ein Leben, was! Und dann frönen sie Roswells
Hobby.“
    „Sie tun was?“
    „Roswell sammelt. Das ist seine
Leidenschaft. Tante Susanne hilft ihm dabei.“
    „Was sammelt er? Spendengelder?“
    „Neiiiiin!“ Karl verdrehte die Augen. „Schwerter
und Dolche. Aber nur solche, die nachweislich einer historischen (geschichtlichen) Persönlichkeit gehörten. Irre, was?“
    Gaby ließ ihren Goldschopf auf die
Tagesdecke sinken.
    „Er macht also Jagd nach dem Schwert
von Heinrich, dem Löwen, nach dem Taschenmesser, mit dem Kleopatra sich eine
Blockflöte schnitzte, nach dem Dolch des letzten chinesischen Kaisers.
Meinetwegen. Aber wieso wird deshalb aus unserem Regenwetter ein Jahrhundert-Sommer?“
    „Weil Sultan Süleymans Dolch sich auf
der Insel Rhodos befindet.“
    Sie richtete sich auf. Ihre Blauaugen
wurden rund wie bei einer Puppe.
    „Ich begreife zwar nicht. Aber du
schiebst die Erklärung sicherlich nach. Den Namen Rhodos habe ich jedenfalls
heute schon mal gehört.“
    „Sie ist die größte der Inselgruppe
Dodekanes. Dodeka heißt zwölf. Sie ist 77 Kilometer lang und an dickster Stelle
35 breit. Sie bildet die südöstliche Begrenzung der Ägäis, wo der Himmel immer
blau und wolkenlos ist. Die Insel liegt auf der gleichen Höhe wie Nordafrika.
Sie heißt Rhodos, und Rhodos heißt auch die Hauptstadt an der Nordspitze, wo
dicht dabei der Flughafen ist.“
    „Aha!“
    Karl strahlte wie der rhodische Himmel.
„Du ahnst es?“
    „Was?“
    „Also, du ahnst nichts. Kannst du auch
nicht, bei aller Phantasie. Weil es wirklich unglaublich ist. Deshalb fahre ich
mal fort. Onkel Roswell ist nämlich vom Jagdfieber gepackt. Er will Sultan
Süleymans Dolch unbedingt finden. Immerhin ist das Messerchen seit dem Jahre
1522 verschollen. Warum und wieso, ist dir sicherlich bekannt?“
    „Nur in großen Zügen“, erwiderte Gaby. „Man
könnte auch sagen, ich habe null Ahnung. Von Rhodos wußte ich fast nichts. Von
Sultan Süleyman höre ich zum ersten Mal. Lediglich eins war mir bekannt.
Nämlich, daß es das Jahr 1522 gegeben hat. Es muß dagewesen sein. Sonst fehlte
ja eins in unserer Zeitrechnung.“
    „Gaby, du nimmst mich auf den Arm.
Dabei ist die Sache heiß wie ein Jahrhundert-Sommer.“
    „Hör auf! Ich kann das Wort nicht mehr
hören.“ Sie blickte zum Fenster. Regen wurde gegen die Scheibe gepeitscht. Man
hörte, wie die Gullys gurgelten und dicke Tropfen aufs Dach prasselten.
    „Bevor ich die Pointe (Knalleffekt,
Überraschung) rauslasse“, sagte Karl, „muß ich die geschichtlichen
Tatsachen voranschicken. Damit du begreifst, welche Bedeutung der Dolch hat.
Das bin ich Onkel Roswell schon mal schuldig, obwohl ich ihn noch nicht kenne.
Jedenfalls haben die europäischen Kreuzritter im Jahre 1309 in der Stadt Rhodos
auf Rhodos die Herrschaft übernommen — während der damaligen Kreuzzüge via
Jerusalem. Als christliche Ritter mußten sie die Heilige Stadt vor den Heiden
schützen. Die Kreuzritter bauten die Stadt Rhodos zur Festung aus und
errichteten Burgen auf der Insel. Als Aufgabe stellten sie sich, kranke Pilger
aufzunehmen und die Reisewege ins Heilige Land zu bewachen. Denn damals verging
kaum ein Tag, an dem nicht die Seeräuber zuschlugen. Gefahr drohte vor allem
vom türkischen Reich, wo die Sultane regierten. Sie hatten Appetit auf die
hübsche Insel, und 1480, zum Beispiel, landete Sultan Mehmed II. mit einem
großen Flottenverband auf Rhodos. Weit brauchte er deshalb nicht zu reisen. Die
Strecke reichte kaum, um sich die
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