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Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)

Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)

Titel: Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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gefressen werden?«, brüllte Gangolf, als spürte er schon die Zähne des Bären in seinem Fleisch.
    Klara fand endlich den Mut, die Augen zu öffnen. Die vier Kerle standen etwa vierzig Schritte von ihr entfernt im Fackelschein, während drei weitere Fackeln die an den Baum gefesselte Frau in flackerndes Licht tauchten. Martha hielt jetzt still, um nicht die Aufmerksamkeit des Bären auf sich zu lenken. Im Gegensatz zu den Jagdknechten wusste sie, dass das Tier kein Bote des Satans war, der sie befreien sollte. Es würde sie genauso umbringen wie die Schafe des Grafen.
    Klara stand ebenfalls Todesängste aus. Am liebsten wäre sie zu den Männern gelaufen, um sich von ihnen beschützen zu lassen, gleichgültig, was diese hinterher als Dank von ihr fordern würden. Doch als sie den ersten Schritt tun wollte, sagte sie sich, dass die Jagdknechte fast noch mehr Angst hatten als sie und nur ihre eigene Haut retten würden.
    Plötzlich erklang das Brummen des Bären ganz nahe. Während Klara erschrocken zusammenzuckte, wichen die Männer des Grafen immer weiter zurück.
    »Wo ist er? Hat ihn einer gesehen?«, rief Veit.
    »Er muss dort sein«, antwortete Gangolf und wies bebend in eine unbestimmte Richtung.
    »Nein, eher dort«, korrigierte sein Anführer ihn und deutete auf die brennenden Fackeln vor Marthas Baum.
    »Ich sehe ihn nicht! Er kann überall sein!« Einer der Männer verlor die Nerven und rannte los.
    »Bleib stehen, du Narr!«, schrie ihm sein Anführer nach, konnte ihn aber nicht mehr aufhalten.
    Klara vernahm ein klapperndes Geräusch aus Marthas Richtung und erinnerte sich an den Honigeimer, den der Graf weggeworfen hatte. Anscheinend hatte dieser den Bären als Erstes angelockt. Der Lärm der Jagdgehilfen störte das Tier jedoch. Es fuhr mit einem zornigen Brüllen auf und stürmte auf die Kerle los.
    Als Veit ihn kommen sah, ließ er die Fackel fallen und rannte, so schnell er konnte. Im Licht der anderen Fackeln sah Klara, wie der Bär aufholte und den Mann mit einem einzigen Prankenhieb niederstreckte. Nun gab es auch für die beiden anderen Jagdgehilfen kein Halten mehr. Der Bär setzte ihnen nach und holte den Nächsten ein. Verzweifelt fuchtelte der Mann mit seiner Fackel vor der Schnauze des Bären herum. Ein kurzer Wischer mit der Pranke fegte diese beiseite, dann schoss die andere Pranke heran, und der Jagdknecht verstummte für immer.
    Bis jetzt hatte Klara sich still verhalten. Als der Bär jedoch die fliehenden Jagdknechte verfolgte und sich dabei immer weiter entfernte, eilte sie zu dem Baum, an dem die angebliche Hexe gefesselt war.
    Martha sah einen Schatten auf sich zukommen, glaubte, es wäre der Bär, und wollte aufschreien. Da erkannte sie eine junge Frau in einer fremden Tracht mit einem schweren Traggestell auf dem Rücken. »Wer bist du?«, fragte sie verwundert, aber auch hoffnungsvoll.
    »Zum Reden haben wir keine Zeit!«, stieß Klara hervor und zog ihr Messer, um die vom Honig glitschigen Stricke zu durchtrennen. Es ging schwerer als erwartet. Gleichzeitig vernahm sie das Brummen des Bären, der offensichtlich näher kam. Er hatte wohl die Jagdknechte getötet oder die Lust an einer weiteren Verfolgung der Männer verloren. Kurz darauf verriet ein Klappern, dass er sich wieder über den Honigeimer hermachte.
    Wie lange wird es dauern, bis er das Gefäß ausgeleckt hat und bei Martha weiterschlecken will?, fuhr es Klara durch den Kopf. Sie legte ihr die Hand auf ihren Mund und sprach leise auf die verängstigte Frau ein.
    »Wir dürfen nicht den geringsten Lärm machen, verstehst du?«
    Martha antwortete mit einem Nicken. Sehen konnten sie den Bären nicht, doch sie wussten, dass er innerhalb weniger Herzschläge bei ihnen sein würde. Endlich gaben die Stricke nach, und Martha war frei. Doch als sie versuchte, auf eigenen Beinen zu stehen, stieß sie einen gepressten Laut aus und blickte sich dann erschrocken in Richtung des Bären um. Der war jedoch immer noch mit dem Honigeimer beschäftigt.
    »Ich kann kaum gehen. Es tut alles weh!«, wisperte sie.
    Klara überlegte verzweifelt, was sie machen konnte, und erinnerte sich dann an den See. Da Schilf darin wuchs, konnte er nicht besonders tief sein. »Wir müssen zum Wasser. In den See wird der Bär uns hoffentlich nicht folgen!«
    Erneut nickte Martha, obwohl sie nicht davon überzeugt war, dort vor dem Bären in Sicherheit zu sein. Eine andere Möglichkeit gab es jedoch nicht. Selbst die knapp einhundert Schritte zum Ufer
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