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Die Wahrheit des Alligators

Die Wahrheit des Alligators

Titel: Die Wahrheit des Alligators
Autoren: Massimo Carlotto
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Ich biete Schweigen als Gegenleistung für den Abzug Ihrer Killerbande und die Garantie, daß Sie in Zukunft mich und meinen Partner in Frieden lassen. Für Alberto Magagnin will ich Rückzug der Anklage im Mordfall Belli und Aussetzung der Strafe auf Bewährung. Wir sind im Besitz einer Tonbandaufzeichnung mit dem Geständnis des betrauerten Professor Artoni, das sich nicht nur auf die Ermordung der nicht weniger betrauerten Piera Belli bezieht, sondern auch auf Ihre Manipulation der Prozeßakten im Fall Evelina Mocellin Bianchini gegen Magagnin. Das ist nicht alles. Auf der Suche nach dem Motiv, das Sie bewegt haben könnte, einen Unschuldigen verurteilen zu lassen, haben wir den wahren Schuldigen entdeckt: Marco Ventura, Sohn des hier anwesenden Carlo; außerdem kennen wir sein Tatmotiv sowie all Ihre Machenschaften, um ihn zu decken. Auch in diesem Fall sind wir im Besitz von äußerst belastenden Aufzeichnungen, die Sie in erster Person betreffen. Damit meine ich insbesondere die Aussagen des ehemaligen Krankenpflegers Natale Sperandio, die von Professor Agostino Andreose, seiner Sekretärin und von Selvaggia Mocellin Bianchini. Schließlich haben wir Teile Ihrer Aktivitäten rekonstruiert und entdeckt, welche Rolle diese kriminelle Vereinigung spielt – nämlich die Ritter des Ordens der Heiligen Konstanze –, deren geschätzte Mitglieder Sie sind. Kurz und gut, Sie sind erledigt: Entweder Sie verhandeln, oder Sie sind erledigt.«
    Die beiden Männer, die mich bis dahin absolut gleichgültig gemustert hatten, tauschten einen Blick.
    »Apropos Aufnahmen, ich nehme an, Sie haben nichts dagegen, wenn Dottor Ventura nachsieht, ob Sie im Augenblick ein Aufnahmegerät bei sich haben.«
    »Schiefgelaufen«, dachte ich, und wie ein kleiner Junge, der beim Marmeladestehlen ertappt wird, zog ich das Gerät aus der Jacke und stellte es auf den Tisch.
    Ventura näherte sich, entnahm die Kassette und brach sie mit einer knappen Handbewegung entzwei.
    »Sehr schön«, versetzte Sartoni ironisch. »Jetzt können wir in aller Ruhe miteinander plaudern. Sie sind überzeugt, gute Karten zu haben, um zu verhandeln, aber da irren Sie sich gewaltig. Die Geständnisse auf den Bändern haben Sie mit Gewalt und Drohungen erzwungen. Der arme Artoni hat mir die Methoden geschildert, mit denen Sie ihm sein Geständnis abgepreßt haben. De facto haben Sie ihn in den Selbstmord getrieben: nach unserem Strafgesetzbuch ein schweres Vergehen. Sie haben nichts in der Hand: Vom juristischen Standpunkt aus sind diese Aufzeichnungen völlig wertlos. Und selbst wenn die Richter in ihren Besitz gelangen sollten, würden sie sie doch nie und nimmer als Beweis in Betracht ziehen. Nicht einmal vor der Verurteilung in der Sache Belli können Sie Magagnin bewahren. Im übrigen, erst gestern bin ich von den Angehörigen der Professoressa mit der Verteidigung beauftragt worden.«
    »Da sieh einer an!« rief ich verächtlich aus. »Unter so vielen Winkeladvokaten hat man ausgerechnet Sie ausgesucht.«
    »… und was den Prozeß von 1976 angeht«, fuhr er ungerührt fort, »da haben Sie noch weniger Chancen. Trotz sieben Jahren Haft haben Sie, werter Buratti, offenbar noch immer nicht begriffen, wie unsere Justiz funktioniert. Sie müßten das Gericht davon überzeugen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zuzulassen, auf der Basis von Beweisen, die aber keine volle Rechtsgültigkeit haben, da sie illegal beschafft wurden. Sie würden sich also belehren lassen müssen, daß es keine ›neu aufgetauchten‹ Beweise ›von ausschlaggebender Bedeutung‹ gibt, die zu einem abschließenden Freispruch führen könnten. Wogegen ja das frühere Beweismaterial, das im Verlauf des Strafverfahrens gewürdigt und ausgewertet wurde, zur Verurteilung geführt hat und deshalb die reine Wahrheit darstellt. Andere Wahrheiten würden niemals zugelassen. Sie könnten es über das falsche Gutachten versuchen und uns bezichtigen, den Prozeß in eine bestimmte Richtung gelenkt zu haben, aber auch in diesem Fall hätten Sie überhaupt keine Chance. Nicht nur wegen der Unrechtmäßigkeit des Beweismaterials, sondern vor allem, weil das Gericht nie und nimmer zugeben würde, manipuliert worden zu sein. Drei Knastbrüder wie Sie, Magagnin und Ihr Partner, dessen Identität wir nicht kennen, können überhaupt nicht daran denken, geschätzte Fachleute wie uns anzuklagen, die obendrein verdiente Mitglieder der Gemeinschaft sind, wie Sie soeben selbst sagten. Es dennoch zu tun würde
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