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Die wahre Koenigin

Titel: Die wahre Koenigin
Autoren: Ruth Langan
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Kein Name hätte ihn treffender beschreiben können.
    Jetzt, da das Morgenlicht durch den Nebel brach, sah Meredith das Highland. Trotz ihrer Erschöpfung war sie von seiner rauen Schönheit tief angerührt. Wasserfälle stürzten an den nackten Felswänden zu Tal. Tiefe Täler durchschnitten das mit Flechten und Moosen bewachsene Fjell. Rauschende Gebirgsflüsse schnellten über die rundgewaschenen, riesigen Steinbrocken, die ihren Lauf blockierten.
    Eine ungebändigte, primitive Schönheit ging von diesem Land aus. Sie faszinierte Meredith und flößte ihr zugleich Furcht ein.
    Wie der Mann, der sie in den Armen hielt. Großartig und erschreckend.
    Abgesehen von den wenig ermutigenden Sätzen bei ihrem Aufbruch hatte Campbell während des ganzen Ritts kein Wort mit Meredith gesprochen. In der Dunkelheit hatte er seinen Gefährten ab und zu etwas zugerufen, und sie hatten geantwortet. Wortkarg und knapp. Flüche waren gefallen und das nicht selten.
    Auch Campbell hatte Flüche gemurmelt, wenn sein Pferd gestrauchelt oder ein Zweig ihm ins Gesicht gepeitscht war. Meredith fragte sich, wozu dieser Wilde fähig war, der so schnell aufbrauste und seinem Ärger nachgab. Wie würde er sich ihr gegenüber verhalten?
    Manchmal hatte er leise über die derben Flüche seiner Kameraden gelacht, und der vibrierende Klang seiner tiefen Stimme hatte seltsame Gefühle in Meredith geweckt. Beunruhigende Gefühle. Gefühle, die sie sonderbar erregten.
    Immer wieder musste sie sich sagen, dass sie es mit einem brutalen, gewalttätigen Mann zu tun hatte. Roh und ungehobelt. Ein Gesetzloser, für den sie keine anderen Gefühle als Furcht und Hass haben durfte.

2. KAPITEL
    Mauern ragten aus dem Nebel. „Endlich! “ Campbells Stimme klang plötzlich verändert. „Wir sind zu Hause.“
    Zu Hause. Meredith konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Wieder wurde ihr bewusst, dass sie ihr geliebtes Zuhause nicht Wiedersehen, dass sie in dieser feindseligen Einöde sterben würde.
    Von dem nächsten Hügel aus sah sie ein mächtiges, von zwei hohen Türmen bewehrtes Gebäude. Es war nicht annähernd so stark befestigt wie die Burgen in der Ebene, die ständig mit den Angriffen der Engländer konfrontiert waren. Aber es war eine wehrhafte, von bewaldeten Hügeln umgebene Festung. Mehr noch, und dies verblüffte Meredith, Campbells Zuhause glich eher einem luxuriösen Schloss als einer düsteren Trutzburg.
    In ihrer Fantasie hatte Meredith sich ausgemalt, dass diese Barbaren in Höhlen lebten. Hatte ihr Entführer nicht selbst von einer Hütte gesprochen? Doch die Häuser, die sie nun zwischen den Bäumen erkannte, waren solide, stattliche Bauwerke. Einige erinnerten sogar an die englischen Herrenhäuser.
    Aus dem Wald waren Stimmen zu hören und Hundegebell. Meredith erkannte Frauengestalten und-Kinder. Sie beobachtete, wie Campbells Männer ihrem Oberhaupt salutierten und den Pfad hinab zu ihren Häusern ritten. Ihre Frauen und Kinder kamen ihnen entgegengelaufen, riefen und lachten, als die rauen Burschen sie in die Arme nahmen und ungestüm an sich drückten. Wenig später waren die Reiter samt Begleitung im Wald verschwunden, während Campbell mit Meredith zum Schloss weiterritt.
    Eine Meute kläffender Hunde begrüßte ihn in dem mauerbewehrten Schlosshof. Das schwere Tor wurde aufgestoßen, und Meredith erblickte einen schmächtigen Jungen mit struppigem Haar und einer mit Sommersprossen übersäten Stupsnase. Seine Arme und Beine waren dünn wie bei einem Mädchen, aber unter den hochgekrempelten Ärmeln seines gelben Kittels zeichneten sich die ersten Andeutungen von Muskeln ab. Als der Knabe Brice erblickte, strahlten seine blauen Augen, und er stürmte in den Hof.
    Knechte eilten herbei, um die Zügel des Pferdes zu halten. Kaum war Campbell aus dem Sattel gestiegen, als der Junge sich ihm in die Arme warf. „Du warst so lange fort, dass ich’s schon mit der Angst bekam.“
    Brice drückte den Jungen an sich und fuhr ihm durchs Haar. „Angst, um mich? Jamie ...! Du weißt doch, dass ich immer nach Kinloch House zurückkomme.“
    Der Junge sah bewundernd zu Brice auf. „Jaaa“, sagte er langgezogen. „Und ich muss immer hierbleiben und warten.“ „Bis du groß genug bist“, antwortete Brice grinsend. Er fasste den Jungen bei den Schultern und musterte ihn vom Kopf bis zu den Füßen. „Und allem Anschein nach wird das sehr bald sein.“ Wieder lächelte er. „Während ich fort war, bist du mindestens zwei
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