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Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Titel: Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Àngels Anglada
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herauszukommen, denn es wurde uns versprochen, daß alle diejenigen, die sich für ein halbes Jahr Bordell verpflichteten, dafür aus dem KL entlassen werden.« Auf meine Einwendung, daß es doch eine ungeheure Schmach sei, sich freiwillig als Bordellmädchen zu melden, wurde mir mitgeteilt: »Immer noch besser ein halbes Jahr Bordell als ein halbes Jahr KL.« Es folgte dann die Aufzählung einer Reihe seltsamster Zustände aus dem Lager R. Die geschilderten Zustände wurden zum größten Teil von den drei anderen Bordellmädchen und der aus Ravensbrück mitgekommenen Aufseherin bestätigt. Es widerstrebt meinem rassischen Empfinden, ein Mädchen, das dem Äußeren nach rein nordisch ist und durch einen entsprechenden Arbeitseinsatz vielleicht auf den rechten Weg geführt werden könnte, als Bordellmädchen rassisch minderwertigen KL-Elementen zu überlassen. Aus diesem Grunde lehne ich die Verwendung dieses Mädchens für meine Versuchszwecke ab und machte entsprechende Meldung an den Kommandanten des Lagers und an den Adjutanten Reichsführer=SS.
     
    Dr. S. Rascher
     
    S eine Arbeit im Wintergarten war fertig, und die Regale standen bereit, gefüllt zu werden. Nun würden die Gärtner kommen, um die Launen des Kommandanten zufriedenzustellen.
    In der folgenden Nacht schlief Daniel sehr wenig, es plagte ihn, nicht zu wissen, was sie mit ihm vorhaben konnten. Vielleicht würde er in die Tischlerwerkstatt zurückkehren, aus der sie ihn aufgrund seiner sorgfältigen Arbeit geholt hatten, um im Haus zu arbeiten; doch es konnte auch geschehen, dass sie ihm einen härteren Arbeitsplatz zuwiesen, je nach Bedarf und nach Sauckels Ermessen. Er hatte Gesprächsfetzen mitbekommen, in denen von weiteren Projekten die Rede war; aber wer wusste schon, ob Er ihren Anblick beim Haus nicht bereits satt hatte! Er wollte ihre Arbeit genau prüfen, und soweit sie es verstanden hatten, würde er sie, sollte er zufrieden sein, nicht in den Steinbruch schicken.
    Am nächsten Tag geschah zunächst nichts Außergewöhnliches, alle vier wurden in die Werkstatt zurückbeordert. Stets war es besser, unauffällig zu bleiben, und von Vorteil, wenn niemand deine Nummer schrie. Im Pavillon wurde ein Fest gefeiert, das hatten sie mitbekommen, weil sie drei Mithäftlinge, die Musiker waren und die sie gut kannten, geduscht und sauber gekleidet dorthin gehen sahen. Am Nachmittag betrat Doktor Rascher mit einem Kollegen, den sie nie zuvor gesehen hatten, die Werkstatt. Sie arbeiteten weiter, grußlos und ohne den Blick zu heben, so wie es der Vorschrift entsprach. Die Besucher schwiegen ebenfalls und beschränkten sich darauf, den Männern beim Hobeln, Sägen und Verleimen zuzusehen. Daniel machte es sehr nervös, er hatte den Eindruck, dass sie nur ihn musterten, und so schrammte er sich die Hand auf, doch kein Schrei entfuhr seiner Kehle. Es hätte gerade noch gefehlt, dass ich mir meine Hände verstümmele, dachte er und zwang sich, mit gesenkten, auf seine Aufgabe gehefteten Augen weiterzuarbeiten. Trotz der Kälte nässten Schweißtropfen seine kurzgeschorenen Haare über der Stirn. Die Ärzte befreiten sie schließlich wortlos von ihrer bedrückenden Anwesenheit.
    Sicherlich waren sie auf dem Weg ins Haus des Kommandanten, er hatte sie wohl zur Feier mit kammermusikalischer Umrahmung eingeladen. Das Monster liebte gute Musik und guten Wein, spielte selbst manchmal Geige, und das gar nicht übel, die Musiker sagten, er hätte eine gute Intonation, wenn auch sein Spiel kühl klang. Das Fest schien sich in die Länge zu ziehen, es war anzunehmen, dass hübsche Mädchen daran teilnahmen.
    Am Abend, als Daniel gerade damit beschäftigt war, einen Fensterrahmen fertig abzuschleifen, spürte er plötzlich eine schwere Hand auf seiner Schulter:
    »Marsch, ins Haus des Sturmbannführers!«
    Besorgt eilte er, so schnell er konnte, dorthin. Was mochte dieser von ihm wollen? Offenbar nur eine Kleinigkeit, denn ein Adjutant zeigte ihm mürrisch einen geringfügigen Schaden an einer der Türen, den er ohne Schwierigkeiten reparierte. Aus der Ferne hörte er die großartige Musik des Trios. Und plötzlich alarmierende Schreie des Kommandanten. Was für eine unerwartete Anwandlung von Mut brachte ihn dazu, den Salon zu betreten? Das viele Licht, der Geruch nach gutem Essen, die Furcht und der Tabakqualm verursachten ihm Schwindelgefühle. Er stockte einen Augenblick, dann erfasste er rasch die Lage: die Geige, das schreckensbleiche Gesicht Bronislaws, ein
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