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Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung
Autoren: J. M. Sampson
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früh am Morgen war noch kaum jemand im Krankenhaus, lediglich ein paar Angestellte in OP -Kleidung und einige Leute, die schläfrig umherwanderten. Hier roch es sauber, antiseptisch– ein Geruch, der die Erinnerung daran aufleben ließ, wie ich als Kind mit einer heftigen Form von Grippe in die Notaufnahme gebracht worden war. Es war beinahe so, als könnte ich die Hitze in meinem Kopf und den Gallensaft in meiner Speiseröhre erneut spüren. Ich nehme an, die Belegschaft hatte sich inzwischen an den frühmorgendlichen Besuch junger Schüler aus der Highschool gewöhnt, und eine nette Krankenschwester führte uns die Treppe hinauf zu Daltons Zimmer. Dort ließ sie Spencer und mich alleine.
    Dalton lag in seinem Krankenbett, seine Haut war blasser als sonst, sein rotes Haar ein filziges Durcheinander. Er hatte Schläuche in den Nasenlöchern und den Armen. Luftballons, Karten und Blumen stapelten sich auf allen Ablageflächen und neben seinem Bett. Eine komplizierte Maschine summte leise und überwachte seinen Herzschlag und andere wichtige Funktionen.
    » Ich kann es kaum fassen, dass er einen Kopfschuss überlebt hat « , flüsterte ich.
    Spencer trat durch die Tür, um sich neben mich zu stellen. » Ich schon. Bei den Fähigkeiten, die wir haben. « Spencers große Augen unter den buschigen Augenbrauen wirkten seltsam traurig. Während der Autofahrt hatten wir kaum ein Wort gewechselt; ich schätze, wir hatten beide unseren Gedanken nachgehangen.
    » Hast du auch verrückte Sachen gemacht? « , fragte ich. » Ich bin einmal aus einem fahrenden Auto heraus an einen Ast gesprungen. «
    » Wow, wirklich? «
    Ich nickte und widerstand dem Drang, angesichts der Bewunderung in seiner Stimme zu grinsen.
    » Nein, ich habe nichts in der Art gemacht « , meinte er und betrachtete Daltons leblose Form. » Aber ich fühle mich stärker. Ich kann Dinge hochheben. Ich habe aus Spaß zu Hause unseren Kühlschrank hochgehoben. Und ich sehe jetzt Dinge in weiter Ferne viel besser. Es ist… «
    » Irgendwie cool? « , flüsterte ich und beendete den Gedanken.
    Er entgegnete nichts. Das war auch nicht nötig. Es fühlte sich völlig unpassend an, unsere Erfahrungen bezüglich gemeinsamer Kräfte, wenn man es so bezeichnen will, zu vergleichen, während Dalton hier so neben uns lag.
    Daltons attraktives Gesicht erschien mir irgendwie derangiert, als wäre seine linke Gesichtshälfte ein wenig schief. Seine Stirn war mit einem dicken Verband bedeckt.
    Mir war klar, dass sich dahinter die Stelle verbarg, wo die Kugel in den Knochen eingedrungen war. Ich weiß wirklich nicht, was ich zu sehen erwartet hatte. Obwohl ich noch immer den unverwechselbaren Moschusduft des Werwolfs wahrnehmen konnte, war alles, was ich sah, derselbe Dalton, mit dem ich jahrelang in dieselbe Schule gegangen war. Rotes Haar, gut aussehend, attraktiv– ein so unschuldig aussehender Junge, wie man es sich nur eben vorstellen konnte.
    » Was hast du hier zu suchen? «
    Die Stimme klang weiblich und eindeutig entnervt. Abrupt drehte ich mich zur Tür um, wo ich Amy Delgado stehen sah, die mich hasserfüllt anstarrte, während Nikki Tate demonstrativ wegschaute.
    Ich beugte mich vor und ergriff Spencers Arm. Er schien kein bisschen aus dem Konzept gebracht.
    » Hallo Nikki « , sagte er. » Amy. Wir wollten vor der Schule noch kurz nach Dalton sehen. Sieht aus, als ginge es ihm besser. «
    » Tut es auch « , meinte Nikki. » Heute Morgen haben wir übrigens gute Nachrichten bekommen. Die Polizei hat sich gemeldet und gemeint, sie hätte eventuell den Mörder tot aufgefunden. Ich bin hergekommen, um es Dalton zu erzählen. «
    » Das sind großartige Neuigkeiten « , entgegnete Spencer. » Ich wollte ihn einfach besuchen. Er sieht besser aus, als ich erwartet hatte. «
    Mit gekräuselten Lippen schüttelte Amy langsam den Kopf, was ihre schwarze Mähne, die ihr über die Schultern hing, in Wallung brachte. » Das ist toll, Spence « , sagte sie schnippisch. » Aber wieso bringst du sie hierher, nachdem sie… «
    Ohne darüber nachzudenken seufzte ich entnervt auf, und Amy hörte auf zu reden. Stattdessen starrte sie mich an. Als Erstes kam mir instinktiv in den Sinn, dass ich versuchen sollte, das Ganze herunterzuspielen, mich in mich selbst zu verkriechen und den Kopf einzuziehen. Andererseits jedoch? Letzte Nacht hatte ich einem Verrückten gegenübergestanden, der vorgehabt hatte, mich zu töten, und vielleicht war ich diejenige gewesen, die stattdessen ihn
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