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Die Verschwörung

Die Verschwörung

Titel: Die Verschwörung
Autoren: David Baldacci
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dreißig Grad und hundert Prozent Luftfeuchtigkeit. Lees Hand schloß sich um die Brechstange. Als die Gestalt an seiner Beifahrertür stehenblieb, betätigte er die Zentralverriegelung. Im nächsten Augenblick hatten seine Lungen sich ebenfalls verriegelt, und er schnappte nach Luft.
    Das Gesicht, das zu ihm in den Wagen schaute, war sehr bleich und schmal. Und es sah dem Gesicht von Faith Lockhart sehr ähnlich.
    Lee öffnete die Tür wieder, und sie stieg ein.
    Er schaute sie an und fand seine Stimme schließlich irgendwo bei seinen Knien wieder. »Mein Gott, bist du’s wirklich?«
    Sie lächelte, und plötzlich kam sie ihm nicht mehr so bleich vor, so hager, so zerbrechlich. Sie glitt aus dem langen Mantel mit Kapuze. Darunter trug sie eine kurzärmelige Bluse und Khaki-Shorts. Ihre Füße steckten in Sandalen. Ihre Beine waren sehr blaß und dünner, als Lee sie in Erinnerung hatte; aber das traf auf Faiths gesamten Körper zu. Lee wurde klar, daß die Monate im Krankenhaus nicht spurlos an ihr vorübergegangen waren. Ihr Haar war wieder gewachsen, wenn es auch längst noch nicht so lang war wie zuvor. Mit ihrer richtigen Haarfarbe sieht sie besser aus, dachte er. Aber er hätte diese Frau auch kahlköpfig genommen.
    »Ich bin es«, sagte sie leise. »Zumindest das, was von mir übrig ist.«
    »Ist das da im Wagen Brooke Reynolds?«
    »Ja. Nervös und stinksauer, weil ich sie dazu überreden konnte.«
    »Du siehst wunderschön aus, Faith.«
    Sie lächelte ein wenig resigniert. »Lügner. Ich sehe scheußlich aus. Ich kann es nicht mal ertragen, meine Brust anzuschauen. Du liebe Güte!« Sie sprach die Worte wie im Scherz, doch Lee konnte die Qual hinter dem aufgesetzt fröhlichen Tonfall spüren.
    Ganz sanft berührte er mit der Hand ihr Gesicht. »Ich lüg’ nicht, und das weißt du.«
    Sie legte ihre Hand um die seine und drückte sie mit erstaunlicher Kraft. »Danke.«
    »Wie geht’s dir wirklich? Bitte nur die Fakten, ja?«
    Sie streckte langsam den Arm aus, und der Schmerz auf ihrem Gesicht ließ Lee erkennen, wieviel Anstrengung ihr selbst eine so einfache Bewegung bereitete. »Ich bin offiziell aus dem Aerobic-Club ausgetreten, hänge aber noch immer dort herum. Nein, eigentlich wird es mit jedem Tag besser. Die Ärzte rechnen mit einer vollständigen Wiederherstellung. Na ja, irgendwo so jenseits der neunzig Prozent zumindest.«
    »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.«
    »Das konnte ich nicht zulassen.«
    Er rutschte zu ihr rüber, legte den Arm um sie. Sie zuckte leicht zusammen, und er wich rasch zurück.
    »Tut mir leid, Faith, tut mir leid.«
    Sie lächelte, nahm seinen Arm, zog ihn wieder um ihre Schulter und tätschelte dabei seine Hand. »So zerbrechlich bin ich nun auch wieder nicht. Und an dem Tag, an dem du nicht mehr den Arm um mich legen kannst, werde ich freiwillig die Augen zumachen.«
    »Ich würde dich ja fragen, wo du wohnst, aber ich will nicht, daß du etwas tust, das dich in Gefahr bringt.«
    »Ein Drecksleben, findest du nicht auch?« fragte Faith.
    »Ja.«
    Sie schmiegte sich an ihn, lehnte den Kopf an seine Brust. »Als ich aus dem Krankenhaus kam, habe ich Danny gesehen. Als sie uns sagten, daß Thornhill Selbstmord begangen hat, hab’ ich gedacht, er hört nie mehr auf zu lächeln.«
    »Ich kann nicht bestreiten, daß ich genauso empfunden habe.«
    Sie schaute ihn an. »Wie geht es dir, Lee?«
    »Mir? Mir ist nichts passiert. Auf mich hat niemand geschossen. Mir sagt keiner, wo ich leben muß. Mir geht’s gut. Ich bin von allen am besten weggekommen.«
    »Gelogen oder wahr?«
    »Gelogen«, sagte er leise.
    Sie küßten sich erst kurz, dann länger. Wie einfach das alles ist, dachte Lee. Wie selbstverständlich. Sie umarmten einander ohne jede überflüssige Bewegung, und es schien, als wäre keine Zeit vergangen - sie hätten ebensogut im Strandhaus aufwachen können, damals, am Morgen danach. Ohne daß der Alptraum je geschehen war. Wie war es nur möglich, daß man einen anderen Menschen so kurz kannte und trotzdem das Gefühl hatte, als wäre man schon ein Leben lang zusammen? Gott würde so etwas nur einmal geschehen lassen, wenn überhaupt. Und in Lees Fall hatte Gott es ihm wieder genommen. Das war nicht fair, das war nicht richtig. Er drückte das Gesicht in Faiths Haar, sog jeden Partikel ihres Geruchs in sich auf.
    »Wie lange kannst du bleiben?« fragte er.
    »Was hast du denn so vor?«
    »Nichts Besonderes. Abendessen bei mir, ein bißchen erzählen. Und
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