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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo
Autoren: Philipp Espen
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andere Teile ihres gewaltigen Reiches verschleppten, wo sie ansässig wurden. Diese erste Deportation kann als Beginn der Ausbreitung jüdischer Siedler in der Alten Welt angesehen werden. Nach der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier 587 v. Chr. und dem damit besiegelten Ende des südlichen Staates Juda wurden erneut große Gruppen von Juden nach Mesopotamien umgesiedelt. Es handelte sich hierbei um Angehörige der Führungsschichten. Von den Deportierten kehrten nach dem Erlass des persischen Königs Kyros (Kg. 559-529 v. Chr.) nicht alle nach Juda zurück. Vom 3. Jhd. v. Chr. an gingen Juden nach Ägypten, siedelten aber auch schon im Westen Nordafrikas und selbst in Europa. Der Schwerpunkt jüdischen Lebens lag aber weiterhin in Mesopotamien, insbesondere nach den gescheiterten Aufständen der Juden gegen die römische Herrschaft im Heiligen Land in den Jahren 64 bis 70 und 135. In der Folge beider Aufstände wurden die Juden aus ihrer angestammten Heimat erneut vertrieben. Jerusalem selbst durften sie auf eine Anweisung Kaiser Hadrians (Ks. 117-138) nach dem Scheitern des zweiten Aufstandes nicht mehr betreten. Jüdische Ansiedlungen gab es in dieser Zeit in der Kyrenaika (Nordafrika) und um Karthago, aber auch im Osten des Römischen Reiches verstreut über Kleinasien, in Griechenland, Makedonien sowie Thrakien, weiterhin in Pannonien (an der mittleren Donau) und in der Provinz Noricum (Österreich). In kleinerem Umfang fanden sich auch Gemeinden in Spanien, Gallien und Germanien sowie in Italien und Sizilien, also im Herz des Imperiums. Dabei war die Rechtsstellung der Juden durch die Gesetze der römischen Kaiser nicht ungünstig. Schon Julius Caesar hatte den Juden die freie Ausübung des Synagogenkults gewährt und, was noch bedeutsamer war, sie vom offiziellen römischen Staatskult ausgenommen. Kaiser Augustus (Ks. 27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) erließ eine Verfügung über die von allen Juden an den Tempel von Jerusalem zu entrichtende Steuer. Auch durften Juden unter Berücksichtigung ihrer Ritualgesetze nicht zum Dienst im Militär verpflichtet werden. Ihre privatrechtlichen, aber auch die strafrechtlichen Angelegenheiten durften die Juden als »religio licita« untereinander regeln. Diese Sonderstellung im Römischen Reich hatten die Juden bis zu den erfolglosen Aufständen inne.
    Außer dem hohen Blutzoll, es fielen wohl um 600 000 Juden im ersten Aufstand gegen Rom (Flavius Josephus, Jüdischer Krieg 6, 420; Tacitus, Historien 5, 13), waren die rechtlichen Folgen des Scheiterns für die außerhalb Palästinas lebenden Juden nicht wirklich einschneidend. Kaiser Vespasian (Ks. 69-79) verfügte, dass die bisher an den Tempel von Jerusalem abgeführte Tempelsteuer von nun an als »Fiscus Judaicus« dem Tempel des Juppiter Capitolinus in Rom zugute kam. Dies sollte bis ins 4. Jhd. so bleiben und kann als Vorbild der Judensteuern des Mittelalters gesehen werden. Aber auch wenn Kaiser Hadrian nach dem Scheitern des zweiten jüdischen Aufstands in Palästina unter Bar Kochba den Übertritt zum Judentum zum Kapitalverbrechen erklärte und die Beschneidung eines Nichtjuden unter Todesstrafe gestellt wurde, blieb die Selbstverwaltung der Juden unangetastet. So konnte sich die politische Stellung des »Nasi«, des die jüdische Bevölkerung Palästinas vertretenden Patriarchen und Vorsitzenden des großen jüdischen Gerichtshofes, im Laufe der folgenden Jahrzehnte sogar festigen. Unter Kaiser Severus Alexander (Ks. 222-235) erlangte der Patriarch die Anerkennung als Oberhaupt aller Juden im Reich. Schon im Jahr 212 hatten die Juden, zusammen mit allen im Römischen Reich lebenden Nichtrömern, das römische Bürgerrecht zugesprochen bekommen. An diesen Maßnahmen zeigt sich, dass von römischer Seite her keine Absicht bestand, die Rechte und Freiheiten der Juden in irgendeiner Weise einzuschränken.

 
    Der Beginn der Ausgrenzung
     
     
     
    Der Umschwung kam mit der Herrschaft Kaiser Constantins I. (Ks. 306-337), der, ohne selbst getauft zu sein, sich dem Christentum geneigt zeigte und durch politische Maßnahmen die Entwicklung hin zu einem christlichen Reich einleitete. Die in der Folge erlassenen Vorschriften schränkten nun das soziale und religiöse Leben der Juden stark ein. Ausbau und Neubau von Synagogen wurden untersagt. Von bürgerlichen und militärischen Ämtern wurden Juden ausgeschlossen. Es durften von Juden keine christlichen Sklaven mehr gehalten werden, auch wurde die bis dahin übliche
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