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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Martin
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selten Zeit für so was. Gut, dass ich stehen geblieben bin.«
    Lea wurde rot. Himmel, wieso hatte sie auch geglaubt, dass er ihretwegen wartete? Vorsichtig lenkte sie den Polo zurück auf die Straße, und doch knirschten und quietschten die Reifen unangenehm laut, als sie auf den Asphalt hinüberwechselte. Noch einmal suchten ihre Augen Jesu Gestalt im Rückspiegel, dann fuhr sie auch schon um die nächste Kurve.
    Der Briefkasten war gut gefüllt, als Lea nach Hause kam. Drei Tage war sie weg gewesen. Auf den ersten Blick machte sie ein paar Rechnungen aus. Eine Urlaubskarte überflog sie schon auf dem Weg zu ihrer Wohnung hinauf. Ihre beste Freundin Millie schrieb aus Mallorca von Sonne, Meer und Strand, und davon, dass Lea vermisst werde. Die Karte hatte einen blassroten Fleck. Wahrscheinlich war Sangria darauf getropft. Millie war nicht die Ordentlichste.
    Nächstes Jahr kommst du mit, entzifferte Lea die letzte, verlaufene Zeile, schieß deinen blöden Gockel endlich auf den Mond.
    Sie lächelte gequält, während sie die nächsten Stufen hinter sich brachte. Millie hatte Marc noch nie leiden kön nen. Die Antipathie beruhte dabei durchaus auf Gegenseitigkeit.
    Jetzt wünschte sich Lea, sie wäre mitgefahren.
    Millie und sie hatten sich damals in dem Café kennengelernt, in dem sie später zeitweise beide gearbeitet hatten. Im letzten Schuljahr hatten sie dieselbe Klasse des Bad Kreuznacher Lina-Hilger-Gymnasiums, kurz LiHi, be sucht. Auch in den ersten Studienjahren hatten sie viel gemeinsame Zeit verbracht, waren in Urlaub gefahren. Bis Marc gekommen war. Von diesem Zeitpunkt an hatte Lea Urlaub um Urlaub abgesagt. Eigentlich konnte sie sich glücklich schätzen, dass Millie immer noch so unerschütterlich zu ihr hielt.
    Der Mensch ist lernfähig, pflegte die Freundin zu sagen, auch du, ich vertraue fest darauf.
    Es war immer noch früh am Morgen, aber das Haus war schon fast leer. Hinter den meisten Wohnungstüren blieb es still. Im dritten Stock links, dort, wo kürzlich das junge Pärchen eingezogen war, wurde eben lautstark ein Rollladen nach oben gezogen. Kurz darauf erreichte Lea ihre eigene Wohnungstür im vierten Stock. Um die Hände frei zu haben, klemmte sie die Post unter den linken Arm und schob mit der rechten Hand den Schlüssel ins Schloss. Mit einem Knacken sprang die Tür auf. Lea betrat den dunklen Flur.
    Irgendwo in der Wohnung summte eine Fliege, ein äußerst dicker Brummer, nach dem Geräusch zu urteilen. Eine Ahnung von Marcs Rasierwasser schwebte in der Luft. Vielleicht bildete sie sich das aber auch ein, schließlich war es eine Weile her, dass sie die Wohnung gemeinsam verlassen hatten. Lea ließ die Tasche von der Schulter gleiten. Mit dem Ellenbogen betätigte sie den Lichtschalter, stand dann unschlüssig da, die Post in den Händen. Wie jedes Mal, wenn sie alleine nach Hause kam, fiel ihr als Erstes auf, wie still es war.
    Sie lauschte angestrengt, bis sie fern die Geräusche der nächsten Nachbarn ausmachte. Beide waren Rentner und oft zu Hause. Herr Siebert schaute Frühstücksfernsehen. Frau Melciks kleiner Hund fing unvermittelt an, hysterisch zu bellen.
    Lea ging in die Küche und machte sich daran aufzuräumen – Marc und sie hatten es eilig gehabt, einiges war liegen geblieben: Also das Geschirr in die Spülmaschine, Brötchenkrümel und eine leere Milchpackung in den Mülleimer, den Boden fegen. Einen Strich ziehen unter das letzte gemeinsame Frühstück.
    Dann setzte sie Kaffee auf, gab einen Extralöffel Pul ver gegen die Müdigkeit dazu. Versonnen hing sie ihren Gedanken nach, während sie Wasser in den Handfilter goss, bis die Kanne voll war. Endlich setzte sie sich, einen gro ßen Pott Milchkaffee vor sich. Der Tisch roch sauber nach dem Zitronenaroma des Reinigungsmittels.
    Sie würde sich jetzt zuerst einmal Gedanken darum machen müssen, wie ihr Leben mit Kind aussehen sollte. Lea nippte an ihrem Kaffee. Als Teenager hatte sie sich manchmal vorgestellt, mit der Familie, die sie später ganz gewiss haben würde, aufs Land hinauszuziehen. Einmal hatte sie von einem Bauernhof geträumt, dann wieder von einem Weingut.
    Ja … Sie lächelte. Ein kleines, feines Weingut, ein mit Efeu bewachsenes Hexenhaus und in der guten Stube ein bullernder Kachelofen für kalte Winterabende. Wie im Fernsehen.
    Lea erhob sich mit einem Seufzer. Sie konnte hier nicht weiter sitzen und tagträumen.
    Als Nächstes sortierte sie die Rechnungen aus, sah den Rest der Post durch, drehte
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