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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Martin
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etwas unschlüssig einen kleinen Urlaubsprospekt für ein Gästehaus in Australien hin und her.
    Sie wollte gerade zum Papierkorb gehen, als das Telefon klingelte. Wer war das jetzt so früh am Morgen? Sie wartete ab.
    Rikes Stimme war zu hören, als der Anrufbeantworter schließlich ansprang. Lea ging ins Bad, um rasch zu duschen. Zweifelsohne würde ihre Mutter in der nächsten halben Stunde hier auftauchen.
    Lea ließ sich das warme Wasser auf den Körper prasseln. Ein sanfter Duft von Mandel-Duschmilch mischte sich in die feuchte Luft. Heute Morgen war sie zu überstürzt aufgebrochen. Während Lea die Augen schloss und sich das Wasser wieder und wieder über den Kopf laufen ließ, während sie prustend durch den Wasserstrahl atmete und endlich halb blind nach dem Shampoo angelte, fragte sie sich, was sie ihrer Mutter erzählen sollte.
    Vielleicht sage ich vorerst gar nichts, überlegte Lea, es ist schließlich zuerst einmal meine Sache.
    Außerdem hatte sie jetzt keine Nerven für Rikes Ängste, und Rike – da konnte sie sich sicher sein – machte eine ledige Mutter Angst. Sie kam einfach schwer mit Verän derungen innerhalb des Kreises zurecht, den sie als engste Familie betrachtete.
    Lea kletterte endlich wieder aus der Duschkabine und begann, sich mit ihrem Lieblingshandtuch abzutrocknen. Etwas länger starrte sie sich heute im Spiegel an: das ovale Gesicht, die vom langen heißen Duschen gerötete Haut. Sie trug großzügig Creme auf und kämmte sich dann die widerspenstigen Haare. Zuletzt wählte sie einen mauvefar benen Kaschmirpulli, weiße Jeans und dazu weiße Slipper.
    Zurück in der Küche trank sie noch einen Schluck von ihrem Kaffee. Dann überprüfte sie den Inhalt des Kühl schranks. Sie würde später einkaufen gehen. Zwei schrum pelige Möhren lagen noch da, zwei Joghurtbecher und eine ungeöffnete Packung Gouda – sie kontrollierte das Verfallsdatum –, außerdem eine Flasche mit Kaffeesirup und eine weitere Packung Milch.
    Mit ihrem Milchkaffee zog Lea sich schließlich zum Fenster zurück, hockte sich halb auf die Fensterbank und trank bedächtig.
    Es war jetzt acht Uhr morgens. Auf der Straße war kein Mensch unterwegs. Eine Katze spazierte vorbei. Lea beobachtete sie eine Weile und blickte dann in die Ferne. Sie wusste nicht, wie lange sie dort gesessen hatte, als es klingelte.
    Mama.
    Von ihrem Platz aus war niemand zu erkennen. Mit einem leisen Seufzer rutschte Lea von ihrem Sitz. Noch bevor sie den Flur erreichte, klingelte es weitere dreimal in kurzen Abständen.
    Tatsächlich Rike … Sie klingelte immer Sturm, als könne in der Zwischenzeit die Welt untergehen, eine Angewohn heit, die Lea ärgerte.
    Sie betätigte gerade den Türsummer, als es zum vierten Mal klingelte. Heftig riss sie die Tür auf, schluckte die scharfen Worte aber herunter, als sie Rikes besorgten Gesichtsausdruck sah.
    »Kind!«, rief Rike schnaufend aus. Hinter Herrn Sieberts Tür scharrte es. Rumpelnd stürzte etwas zu Boden. Frau Melciks Hund stimmte ein neues Bellkonzert an. Lea zog ihre Mutter entschlossen am Arm in die Wohnung.
    »Was ist denn?«, fragte Rike, während sie die Tochter abschüttelte, um sich dann selbst an ihr festzuhalten. »Ist alles in Ordnung, Schatz?«
    »Kaffee?«, fragte Lea, während sie ihre Mutter in Richtung Küche schob.
    »Du hast keinen entkoffeinierten, nein?«
    Lea schüttelte den Kopf und schluckte die Bemerkung darüber herunter, wie oft sie diesen kleinen Dialog bisher schon geführt hatten. »Er ist aber magenmild, Mama«, sagte sie nur.
    Rike ließ sich auf einen der beiden Küchenstühle fal len. »Ich war übrigens gerade zufällig beim Bäcker«, merkte sie an. »Du hast doch bestimmt noch nicht gefrühstückt?«
    »Nein.« Lea hob fragend die Kaffeekanne. »Also, eine Tasse Magenmilden?«
    »Magenmild wird wohl in Ordnung sein«, murmelte Rike und fügte lauter hinzu: »Aber mit viel Milch, bitte.«
    Einen Moment später saßen sie beide am Tisch, Croissants und zwei große Tassen Milchkaffee vor sich. Frühstück, so Rikes Meinung, war die wichtigste Mahlzeit des Tages.
    »Weißt du, wie immer im Urlaub in Frankreich?«
    Lea meinte, etwas Flehentliches in Rikes Stimme zu erkennen, als wolle diese hören, dass sie bei allem immer eine gute Mutter gewesen war, die es der Tochter an nichts hatte fehlen lassen.
    »Wir waren nur einmal in Frankreich«, hörte sie sich knapp antworten und schämte sich dessen gleich wieder.
    Warum musste sie nur immer so ruppig sein,
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