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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin
Autoren: Agatha Christie
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glaube, es ist am besten, wenn ich wieder gehe.«
    »Seien Sie doch nicht so verzagt.«
    »Nein, ich kann nicht. Ich hab geglaubt, ich… ich könnte Sie fragen, was ich tun soll – aber das kann ich nicht, wissen Sie. Es ist alles so ganz anders als…«
    »Als was?«
    »Es tut mir furchtbar leid, und ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber…«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, sah Poirot an, sah wieder fort und platzte plötzlich heraus: »Sie sind zu alt. Es tut mir wirklich schrecklich leid.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürzte aus dem Zimmer.
    Poirot, dem der Mund offen stand, hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen.
    »Nom d’un nom d’un nom…«, murmelte er vor sich hin.

2
     
    D as Telefon klingelte. Hercule Poirot nahm es nicht einmal wahr.
    Es klingelte schrill und anhaltend weiter.
    George kam ins Zimmer, ging auf den Apparat zu und warf dabei einen fragenden Blick auf Poirot.
    Der machte eine Handbewegung: »Nein.«
    Gehorsam entschwand George wieder. Das Telefon schrillte penetrant weiter und verstummte unvermittelt. Doch kaum zwei Minuten später klingelte es erneut.
    »Ach, Sapristi! Das muss eine Frau sein – dazu ist nur eine Frau fähig.«
    Er seufzte, stand auf und ging zum Apparat.
    »Sind Sie – ist da Monsieur Poirot?«
    »Ja, ich bin’s.«
    »Hier ist Mrs Oliver – Sie klingen so komisch! Ich hab Sie gar nicht erkannt.«
    »Bonjour, Madame – es geht Ihnen gut, hoffe ich?«
    »Oh, glänzend, danke.« Ariadne Olivers Stimme war fröhlich wie immer. Die bekannte Autorin von Kriminalromanen und Hercule Poirot waren gute Freunde.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie so früh anrufe, aber ich habe ein Attentat auf Sie vor.«
    »So?«
    »Ja, es geht um das Festessen des Clubs der Kriminalroman-Autoren. Ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht dieses Jahr die Festrede bei uns halten können. Es wäre ganz besonders reizend von Ihnen, wenn Sie das tun würden.«
    »Wann ist das?«
    »Im nächsten Monat, am dreiundzwanzigsten.«
    Ein tiefer Seufzer, dann: »Ach! Ich bin zu alt.«
    »Zu alt? Ja, um alles in der Welt, was soll das? Sie sind doch gar nicht alt.«
    »Meinen Sie nicht?«
    »Natürlich nicht. Sie werden es großartig machen. Und Sie können uns so viele fabelhafte Geschichten über echte Verbrechen erzählen.«
    »Und wer soll mir zuhören wollen?«
    »Na, alle. Sie – Monsieur Poirot, ist irgendwas? Ist etwas passiert? Sie klingen so – so verstört.«
    »Ja, ich bin verstört. Meine Gefühle – ach, lassen wir das.«
    »Nein. Es ist nicht egal. Was ist los?«
    »Ach, nichts. Ich stelle mich nur an…«
    »Das glaube ich nicht. Wissen Sie was? Kommen Sie zu mir und erzählen Sie es mir. Wann kommen Sie? Heute Nachmittag?«
    »Sie sind rührend, Madame. Was für eine Mühe Sie sich geben. Ich trinke gern eine Tasse Schokolade bei Ihnen.«
    »Gut. Und dann erzählen Sie mir, worüber Sie sich so aufgeregt haben.«
     
    Poirot dachte eine Weile nach, dann wählte er eine Nummer. Gleich darauf fragte er: »Mr Goby? Hier ist Hercule Poirot. Sind Sie gerade sehr beschäftigt?«
    »Ziemlich«, sagte Gobys Stimme. »Ziemlich, man könnte fast sagen sehr. Aber für Sie, Monsieur Poirot, könnte ich mich freimachen. Sie haben es doch immer so eilig. Meine jungen Männer können mal allein weiterarbeiten. Natürlich kommt man heutzutage nicht mehr so leicht an gute junge Männer wie früher. Die denken immer nur an sich. Die glauben, sie wissen schon alles, ehe sie überhaupt mit dem Lernen anfangen. Na ja, junge Leute sind wohl so. Ihnen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung, Monsieur Poirot. Vielleicht kann ich sogar ein oder zwei von meinen besten Leuten für Sie abzweigen. Es geht doch sicher um das Übliche – sollen wir Auskünfte für Sie einholen?«
    Während Poirot ihm bis ins kleinste Detail erklärte, worum es sich handelte, lauschte er aufmerksam. Nach dem Gespräch mit Goby rief Poirot einen guten Freund bei Scotland Yard an. Nachdem der ihm eine Weile zugehört hatte, fragte er: »Bisschen viel verlangt, findest du nicht? Sämtliche Morde – egal, wo. Zeit, Ort und Opfer unbekannt. Genauso gut könntest du Mondkälber jagen, mein Lieber.« Abfällig fügte er hinzu: »Du scheinst ja wirklich überhaupt nichts zu wissen!«
     
    Um Viertel nach vier saß Poirot in Mrs Olivers Wohnzimmer und nippte genießerisch an einer großen Tasse Schokolade, auf der sich ein Berg Schlagsahne türmte. Eben brachte seine Gastgeberin ihm noch einen Teller mit
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