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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Autoren: Sophie Gee
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wäre Teresa nie begegnet. Seltsam, dass sie nun beide nach London zurückgingen, gleichermaßen erfüllt – gleichermaßen, wie immer – von Hoffnung und Ehrgeiz, wenn auch von so verschiedener Art: Er hoffte auf Ruhm, sie sehnte sich danach, in den mondänen Zirkel ihrer Cousine Arabella eingeführt zu werden, die als die größte Schönheit ihrer Zeit beschrieben wurde. Welch überhebliche Phrase, dachte Alexander, und wohl kaum wahr. Aber dennoch lag ihm sehr daran, sie kennenzulernen.
    Er sah, dass sie die Außenbezirke der Stadt erreicht hatten. Sie kamen an einem verlassenen Marktgelände vorüber und dann an einem Schlachthaus, wo ein paar Jungen im Hof nach Überresten von Innereien herumstocherten, mit denen sie dann vorübergehende Passanten bewarfen. Die Straße war gesäumt von tiefen Gräben, die dem Auge unerquickliche Anblicke verbargen: Straßenräuber und Vagabunden – vielleicht sogar Leichen, dachte Alexander. Eine Taverne kam in Sicht, vor der eine Gruppe Menschen in der Kälte darauf wartete, in eine Kutsche zu steigen.
    Er raffte sich auf, Caryll erneut anzusprechen. »Wie froh bin ich doch, dass ich nicht zwischen denen da stehe«, sagte er. »Es ist so freundlich von Ihnen, Sir, dass Sie mir einen Platz in Ihrer Kutsche überlassen.«
    »Sie sind immer dazu eingeladen, Alexander«, erwiderte Caryll. »Und ich bin besonders froh, dass Sie nicht in die Kutsche dort steigen, denn Sie würden sich sehr bald weit weg von Ihrem eigentlichen Ziel wiederfinden. Die fährt nämlich nach Liverpool.«
    »Liverpool!«, rief Alexander verblüfft. »Eine elend lange Strecke zu fahren«, setzte er hinzu. »Die haben ja eine tagelange Reise vor sich.«
    »Und das ist erst der Anfang. Etliche von ihnen werden sicherlich nach Afrika oder in die Neue Welt segeln.«
    »Man sagt ja, dass man mit Sklaven riesige Vermögen verdienen kann, aber ich möchte um keinen Preis mit von der Partie sein«, sagte Alexander. »Allein der Gedanke, so viele Monate auf einem winzigen, vollgestopften Boot zu verbringen; ständig krank und voller Ungewissheit, ob man seine Heimat jemals wiedersehen wird. Ich weiß nicht, wie man das fertigbringen soll.«
    Caryll lachte. »Und wenn es schon für diese Männer so schlimm ist, dann denken Sie doch mal, wie es erst für die Sklaven sein muss! Sie sind in London sehr viel besser dran, Alexander. Ich bin froh, dass ich Sie hergebracht habe.«
    Gerade, als Caryll zu reden aufhörte, erregten zwei Männer, die im nahen Hof eines Pferdestalls beisammenstanden, Alexanders Aufmerksamkeit. Einer von ihnen sah schlampig aus – hatte fünf Tage alte Bartstoppeln auf Wangen und Kinn und trug ein schäbiges Cape und schlammüberzogene Stiefel. Der andere dagegen war ein Gentleman, groß neben seinem Begleiter, und er hielt die Zügel eines kastanienbraunen Pferdes. Dieses Pferd, ebenso ansehnlich wie sein Reiter, blickte nervös auf, als Alexanders Kutsche sich näherte, und schlug flüchtig mit einem Hinterfuß aus – eine rasche, gebieterische Geste.
    Alexander betrachtete die Kleidung des Mannes mit Interesse. Seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert und von einem Stil, das wusste er instinktiv, der der neuesten Mode entsprach: halb über die Wade reichend, mit fesch umgeschlagener Stulpe, aus feinstem Leder. Alexander vermutete, dass er soeben aus London hergeritten war. Er war zu fein gekleidet, um vom Lande zu kommen. Der Überzieher des Mannes war akkurat auf Figur geschnitten, mit einem Schlitz für sein Schwert und langen, tiefsitzenden Taschen, die fast bis zum Saum des Mantels reichten. Mit Beklommenheit dachte er daran, dass seine eigenen Überröcke samt Taschen längst nicht mehr modern geschnitten waren.
    Er beobachtete den Gentleman, bis das Paar ihrem Gesichtsfeld entschwunden war, in der Hoffnung, sich alle Details seiner Ausstattung eingeprägt zu haben. Der Überzieher hatte einen Kragen aus dichtem, luxuriösem Pelz, und während Alexander ihn beobachtete, zog der Herr einen Handschuh aus und hob die Hand, um den Pelz um seinen Hals glatt zu streichen. Es war eine kontrollierte, aber gebieterische Geste – als ob er sie auf das Fell eines Tieres legte, das er im Zaum halten wollte. Alexander konnte sich vorstellen, wie er den schlanken Hals seines Pferdes streichelte, um zu zeigen, dass das Tier ihm gehörte und dass er wusste, wie er es gefügig machte.
    Sie fuhren weiter. Alexander gestand sich ein, dass ihm die Art, wie der Mann über seinen Kragen gefahren war,
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