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Die Uno

Die Uno

Titel: Die Uno
Autoren: Klaus Dieter Wolf
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wurde, sondern gerade die Lehren aus dessen Scheitern gezogen werden sollten. Das Versagen des Völkerbunds wurde aber nicht auf die Fehlerhaftigkeit der Idee als solcher zurückgeführt, sondern darauf, dass es nicht gelungen war, alle Staaten in ein kollektives Sicherheitssystem einzubinden und verlässlich darauf einzuschwören, auf den Einsatz von Gewalt nach außen generell zu verzichten. Bekanntlich waren die USA dem Völkerbund nie beigetreten, Deutschland und Italien traten 1933 bzw. 1938 aus. Der Völkerbund hatte das Ziel der Universalität also nicht erreicht und sich als zu schwach erwiesen, um die Ausübung von staatlicher Macht an das internationale Recht zu binden. Die Nachfolgeorganisation sollte deshalb im Unterschied zum Völkerbund nun wirklich universal und auch mit mehr Autorität ausgestattet sein.
    In den Überlegungen, die der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt schon während des Zweiten Weltkriegs für die Nachkriegsordnung anstellte, spielte die Idee einer von den Weltpolizisten USA und Großbritannien mit der erforderlichen Durchsetzungskraft ausgestatteten neuen Weltorganisation eine tragende Rolle. Den Ordnungsanspruch ihrer Länder untermauerten Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill am 14. August 1941, als sie sich an Bord des britischen Schlachtschiffes «Prince of Wales» in der «Atlantik Charta» über die Grundzüge der Weltordnung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verständigten. Bei den nachfolgenden Bemühungen, die amerikanisch-britische Initiative auf eine breitere Grundlage zu stellen, achteten die USA stets darauf, dass sich die machtpolitischen Kräfteverhältnisse möglichst unmittelbar in der zu gründenden Organisation widerspiegelten. Am 1. Januar 1942 unterzeichnete eine Allianz von 26 Staaten in Washington die «Erklärung der Vereinten Nationen». Der engere Kreis derjenigen, die in den Planungen für die Nachkriegsordnung eine besondere Rolle spielen sollten, wurde um den Kriegsalliierten Sowjetunion, um China und um das befreite Frankreich erweitert. Von der Vorstellung einer besonderen Verantwortung dieser fünf Staaten führte ein direkter Weg zu den Vorrechten, die sie sich bald darauf als ständige Mitglieder des Sicherheitsrats einräumen sollten.
    Zwei weitere wichtige Konferenzen auf dem Weg zur Gründung der Vereinten Nationen fanden im Jahr 1944 statt. In Dumbarton Oaks verständigten sich Experten aus den USA, Großbritannien, der Sowjetunion und China über die Satzung der zu gründenden Nachfolgeorganisation des Völkerbunds. Auf der Konferenz von Bretton Woods wurden unter Mitwirkung von 44 Staaten die Weichen für die Gründung der Weltbank und des Weltwährungsfonds gestellt, die die Grundpfeiler der künftigen internationalen Wirtschafts- und Finanzordnung bilden sollten. Zur Gründung der Vereinten Nationen kam es auf der Konferenz von San Francisco, die vom 25. April bis zum 26. Juni 1945 unter Beteiligung von bereits 50 Staaten stattfand. Bei den Verhandlungen über die Satzung der neuen Organisation kam es über dieZuständigkeiten des Sicherheitsrats, das Vetorecht seiner ständigen Mitglieder und das Gewicht der internationalen Gerichtsbarkeit noch einmal zu heftigen Kontroversen. An deren Ende wurde ein hierarchisches Sicherheitssystem beschlossen, dessen Handlungsfähigkeit sich auf die militärische Macht von fünf Weltpolizisten stützen und das damit einen Gegenentwurf zu der «Zahnlosigkeit» des staatenegalitären Völkerbunds darstellen sollte.
    Zusammenfassend betrachtet, stand die Gründung der Vereinten Nationen in einem engen Zusammenhang mit der Katastrophenerfahrung des Zweiten Weltkrieges. Sie lässt sich darüber hinaus als ein hegemonialer Stiftungsakt beschreiben. Die beiden wichtigsten Kriegsalliierten, USA und Großbritannien, waren zugleich Vordenker und Geburtshelfer. Die neue Weltorganisation sollte ihnen die Wahrnehmung von internationalen Ordnungsaufgaben erleichtern. Mit der Konstruktion des Sicherheitsrats wurden die machtpolitischen Realitäten der Nachkriegszeit aufgegriffen. Damit war vor allem die Erwartung einer gegenüber dem Völkerbund größeren Durchsetzungsfähigkeit verbunden. Während diese Erwartung im weiteren Verlauf weitgehend unerfüllt bleiben sollte, ist das zweite Ziel, die Universalität, inzwischen erreicht worden. Die Zahl der Mitgliedstaaten ist bis heute von ursprünglich 51 (1945) über 99 (1960), 127 (1970), 154 (1980) und 159 (1990) auf 192
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