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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Christopher W. Gortner
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Bürde, die sie bereits mit sich schleppte, nur verschlimmern. Auch wenn ich eines Tages vielleicht verstand, warum die Dudleys getan hatten, was sie getan hatten, wurde mir in diesem Moment schlagartig klar, dass ich ihnen nie vergeben würde, in welch verheerendes Unglück sie dieses junge Mädchen gestürzt hatten.
    Sie löste sich von mir. Jetzt war sie ruhiger; ihre tränennassen Wangen trockneten, und sie nahm mir den zerknitterten Brief aus der Hand, um ihn in ihre Umhangtasche zu stecken. »Ich werde das später lesen«, erklärte sie und wollte noch etwas hinzufügen, als plötzlich bedrohlich klingendes Glockenläuten sie unterbrach.
    »Ihr müsst gehen«, sagte sie. »Man darf Euch hier nicht antreffen. Das hätte schlimme Folgen für Euch.«
    »Mylady«, sagte ich, »wenn Ihr je meiner bedürft, schickt mir einfach eine Nachricht.«
    Sie lächelte. »Nicht einmal Ihr könnt mich vor dem Weg retten, den Gott bestimmt hat.«
    Mit einer neuerlichen Verbeugung ging ich zur Tür. Dort blickte ich noch einmal über die Schulter. Sie war zum Fenster zurückgekehrt. Das Zwielicht um sie herum verdichtete sich.
    Im Korridor draußen erhob sich Cecil von einem Hocker. Mit einem Wort des Danks an Tom, der die Tür hinter mir verriegelte, ergriff er mich am Arm. »Ich wollte Euch schon herausholen. Habt Ihr nicht die Glocken gehört? Wir müssen den Tower sofort verlassen. In spätestens einer Stunde werden die Tore in Marys Namen geschlossen. Das hier wird ihr Gefängnis sein.«
    Ich schüttelte seine Hand ab. »Dann beeilt Euch in Gottes Namen. Ich muss noch etwas erledigen.«
    Er starrte mich entgeistert an. »Nein. Ich weiß, woran Ihr denkt, aber das ist heller Wahnsinn. Sie ist keine Gefangene. Sie kann sich frei bewegen und könnte jedem verraten, dass Ihr am Leben und guter Dinge seid.«
    »Das wird sie nicht. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, ihren kostbaren Sohn zu retten. Außerdem hat es nie Beweise gegeben. Alice ist tot. Ich stelle keine Bedrohung mehr für sie dar, wenn ich überhaupt jemals eine war.«
    »Sei es, wie es wolle«, entgegnete er, und zum ersten Mal merkte ich ihm aufrichtige Besorgnis an. »Möchtet Ihr wirklich Euer Leben in ihre Hände legen? Denkt vorher noch einmal genau nach. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, wenn Euch etwas zustößt.«
    »Das habe ich auch nicht von Euch erwartet. Ich habe Peregrine gebeten, auf den Feldern vor dem Stadttor mit unseren Pferden zu warten. Wenn ich bis zum Anbruch der Nacht nicht dort bin, soll Peregrine nach Hatfield reiten. Ihr könnt ihn dort treffen und dann weiter zu Eurer Familie reiten. Ich aber muss zurückbleiben. Sie hat etwas, das ich brauche.«
    Cecils Kinn spannte sich unter dem Bart an. Einen langen Moment blieb er schweigend vor mir stehen, dann zog er seinen Umhang um sich und verstärkte den Griff um seine Tasche. »Hoffentlich findet Ihr, was Ihr sucht«, sagte er unwirsch. Ohne sich noch einmal umzusehen, lief er die Treppe hinunter.
    Ich widerstand der Angst, die mir schier den Magen zuschnürte. Entschlossen stellte ich mich den neugierigen Blicken der Wächter. »Könnte mir einer von Euch den Weg zu Lord Guilfords Gemach zeigen?«
    »Ich führe Euch zu ihm«, versprach der königliche Leibgardist Tom.

30
    Hinter Tom erklomm ich ausgetretene Steinstufen bis zum obersten Stockwerk. Obwohl ich mich nach außen tapfer und kühl gab, graute mir vor dem bevorstehenden Moment.
    Wir erreichten eine schmale Tür. Während Tom mit den davor postierten Wächtern redete, wäre ich fast davongerannt. Noch konnte ich Cecil einholen. Dieser war auf seine Weise gewiss auch ein Ungeheuer, aber eines, mit dem mir der Umgang bei Weitem nicht so schwerfiel. Ich konnte Peregrine immer noch auf dem Feld vor der Stadtmauer treffen und würde in der Nacht zusammen mit Kate und Elizabeth in der Sicherheit des Landguts der Prinzessin sein. Den Rest meines Daseins könnte ich dann in seliger Unwissenheit verbringen und würde es höchstwahrscheinlich viel besser haben. Was immer hinter der Tür auf mich wartete, würde mir nur noch mehr Leiden bringen.
    Doch noch während ich diesen Gedanken nachhing, tasteten meine Finger in der Innentasche des Umhangs nach jenem fast schon mystischen Gegenstand, den ich dort verborgen hatte. Ihn zu berühren stärkte meine Entschlossenheit. Ich musste das tun – allein schon für Mistress Alice.
    »Fünf Minuten.« Tom reichte mir seine Pistole. »Seid vorsichtig! Sie ist so gefährlich wie ein
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