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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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der richtige Ort, der richtige Erzbischof, und die echten Reichsinsignien hatte Philipp ja sowieso.
     
    Ich besuchte an diesem Tag Otto, um ihn aufzuheitern. Er lag verwundet in unserer Stadt, denn er hatte sich, man soll es nicht glauben, an seinem eigenen Schwert verletzt, als er sein Pferd besteigen wollte, um Philipp auf seinem Weg nach Aachen aufzuhalten. Von solch einem peinlichen Ungeschick hatte ich noch nie gehört!
     
    Einige Tage später gab Adolf eine Erklärung zugunsten seiner Münzer heraus, die deren Rechte erheblich stärkten. Solange sie dem vom Erzbischof eingesetzten Münzmeister gemäß dem Münzrecht gehorchen wollten, waren sie nur diesem verantwortlich und konnten weder vor das erzbischöfliche noch vor ein anderes Gericht gezogen werden. Ach, hätte mein Vetter Constantin dies noch erlebt! Das hätte ihn, den langjährigen Münzmeister, in seiner Bedeutung in unserer Stadt noch gesteigert. Ich sah darin ein weiteres Zeichen, daß die Bürger an Einfluß gewannen und der Erzbischof ihnen Zugeständnisse machte, um sich ihrer Unterstützung zu versichern.
     
    Übrigens hat dem Papst die Eigenmächtigkeit, mit der Erzbischof Adolf Könige aussuchte und krönte, nicht gefallen, besonders weil der Heilige Vater selbst anders entschieden hätte. Gottschalk hörte im Rat Gerüchte und schmierte darum unsere Kontaktpersonen beim Erzbischof. Er erfuhr, daß Botschaften von mehreren Kirchenfürsten eingegangen waren, die im Auftrage des Papstes versuchten, Adolf wieder auf die Seite von König Otto zu ziehen. Aber unser Erzbischof wollte nichts davon wissen. Wir Kölner Bürger hatten Adolfs Schwenk nicht mitgemacht und standen weiterhin hinter dem jungen Welfen.

    Am 19. Mai des Jahres 1205 gab es dann einen Paukenschlag. Es war der Himmelfahrtstag, und ich war mit meiner Familie schon in der Frühmesse gewesen, weil wir den herrlichen Tag ausnutzen wollten, um auf dem Rhein in einem Boot spazierenzufahren. Nun saßen wir gemächlich beim Frühstück, als unser Schwiegersohn Werner Hardefust wie ein Blitz zur Tür hereinfuhr.
    »Rasch, kommt so schnell wie möglich«, rief er aufgeregt. »In dem Dom sind soeben Legaten des Papstes feierlich eingezogen. Da liegt irgend etwas in der Luft.«
    Wir ließen alles stehen und liegen, verschwendeten keinen Gedanken mehr an den Bootsausflug und eilten im Laufschritt zum nahen Dom. Der lange, starke Gottschalk pflügte wie ein Schiff durch die dichte Menge, und wir in seinem Kielwasser hinterher. Wir kämpften uns rücksichtslos bis in das Gotteshaus durch, wo die Legaten ein feierliches Hochamt zelebrierten. So etwas dauert, und wir hatten genügend Zeit, uns weit nach vorn zu schieben. Schließlich war der Gottesdienst vollendet. Einer der Legaten trat vor; seine weißen Meßgewänder schimmerten. Er sagte ein paar Sätze auf lateinisch. Ich habe lange genug diese Sprache mit Fordolf geübt und verstand darum jedes Wort - aber ich konnte es nicht glauben. Im Dom setzte ein heftiges Gesumm von Stimmen ein, viele fragten ihre Nachbarn, was denn der Legat gesagt hätte.
    Dann jedoch trat ein zweiter Legat vor und wiederholte das, was sein Amtskollege gerade vorgebracht hatte, und diesmal in unserer Muttersprache. Ich hatte also das völlig Unglaubliche richtig verstanden: Der Heilige Vater exkommunizierte den Kölner Erzbischof! Und mehr noch: Er befahl ihn binnen Monatsfrist nach Rom, um sich vor dem Papst zu rechtfertigen. Andernfalls würde der Exkommunkation noch die Absetzung folgen.
    Jetzt war es in dem Gotteshaus so still, daß man einen
Schmetterling hätte flattern hören. Keiner wollte es glauben. Wann hätte man je gehört, daß der Papst einen Erzbischof exkommuniziert hätte? Einen weltlichen Fürsten, ja, das hatte es schon gegeben; aber einen der höchsten Kirchenfürsten? Den meisten Bürgern war eins klar: daß dies großen Ärger bringen würde.
    Dann setzte sich die Menge in Bewegung und drängelte hinaus. Sie mußten diese unglaubliche Neuigkeit draußen weitergeben und darüber diskutieren. Wir wurden mitgeschoben. Aus unserer Bootsfahrt wurde übrigens nichts.
     
    Unser Erzbischof war weit davon entfernt, dem Befehl des Papstes zu gehorchen. Statt sich in Rom zu rechtfertigen, eilte er zu König Philipps Hoftag nach Speyer und beklagte sich - nein, nicht etwa über den Papst, sondern über uns, die Kölner Bürger, die es wagten, gegen den erzbischöflichen Willen noch immer König Otto anzuhängen. Philipp, der diesem wichtigen
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