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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition)
Autoren: Tereza Vanek
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Macht und wird immer Gründe finden, seine Widersacher
schlecht zu machen. Dein Rücktritt wird daran nichts ändern, im Gegenteil. Du
genießt seit vielen Jahren Ansehen bei deinem Volk, denn die Leute leben gut
unter deiner Führung. Das macht dich zu Slavoniks und Gundolfs stärkster
Gegnerin. Sie können gegen Mnata hetzen und gegen andere Mitglieder des
Fürstenclans der Tschechen, doch wenn es um dich geht, werden sie keinen Erfolg
haben.“
    Libussa wusste,
dass man sie deshalb vermutlich töten wollte. Wieder stach es wie ein Messer in
ihren Unterleib. Der Schmerz bestärkte sie in ihrem Entschluss.
    „Ich bin sehr
krank, Premysl. Ich könnte bald sterben.“
    Worte konnten
wie Waffen sein. Sie sah sein fassungsloses Gesicht und ahnte, dass ein Mensch,
den unerwartet ein Schwert durchbohrt, ähnlich dreinblicken würde. Sie hatte
vergeblich auf den richtigen Moment gewartet, denn jeder wäre so falsch gewesen
wie dieser.
    „Hat Kazi das
gesagt?“, fragte er mit zitternder Stimme, die er verzweifelt ruhig halten
wollte. Libussa nickte.
    „Und warum
erzählst du es mir erst jetzt? Nach all den Jahren, die wir zusammen verbracht
haben, sollte ich da nicht als Erster erfahren, dass dein Leben in Gefahr ist?“
    Sie senkte
schuldbewusst den Blick.
    „Ich wollte
dich nicht belasten. Ich hätte mir gewünscht, dass wir noch eine schöne Zeit
zusammen verbringen, doch die Umstände machen es unmöglich.“
    Premysl rieb
sich die Schläfen.
    „Es gibt noch
andere Heiler außer Kazi. Vielleicht solltest du zu den Germanen gehen. Ihre
Druiden sollen sehr gut sein.“
    „Kazi hat bei
den letzten ihrer Heilkundigen gelernt. Es gibt nur noch ein paar germanische
Bauerndörfer, die sich mehr und mehr den unseren anschließen. Ihre Weisen sind
vor langer Zeit mit den Fürsten abgewandert. Es hat keinen Sinn, sich etwas
vorzumachen, Premysl. Unser Volk hatte keine bessere Heilerin als Kazi. Auf ihr
Urteil war immer Verlass. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt. Ich
möchte zum Berg der Göttin gehen, so wie ich es mir als junges Mädchen
wünschte.“
    Sie atmete
erleichtert auf, denn nun war endlich alles gesagt. Aber Premysl sah sie
vorwurfsvoll an.
    „Du erzählst
mir erst jetzt von deiner Krankheit. Und dann willst du mich auch noch
verlassen.“
    Sie zuckte
zusammen. Auf einmal schien ihr Verhalten falsch.
    „Ich wollte
nicht, dass wir uns trennen. Unter anderen Umständen hätte ich mein Amt weiter
ausüben können, doch nun bedarf es aller Kraft, die ein Mensch aufbringen kann,
um unser Volk zu schützen. Vielleicht wird es Kriege geben. Ich bin zu schwach
geworden, Premysl. Ich möchte gehen.“
    „Dann lass mich
mit dir kommen. Wir können uns eine Hütte bauen, und ich werde für dich sorgen,
solange es geht“, flüsterte er und streckte seine Hände nach ihr aus. Wie schon
viele Male zuvor in ihrem Leben schenkte seine Umarmung ihr Frieden.
    Wie oft hatte
sie sich gewünscht, in einer einfachen Hütte zu leben und gemeinsam mit Premysl
dort ihre Kinder aufzuziehen! Sie hätte viel mehr Zeit gehabt für alle
Menschen, die sie liebte.
    Doch der
Gedanke an das harte Leben der einfachen Bauern brachte sie wieder in die
Wirklichkeit zurück. Es hatte keinen Sinn, Träumen nachzuhängen.
    „Du darfst
Praha nicht verlassen, Premysl“, erwiderte sie bedrückt. „Du bist der neue
Herrscher und musst dich deinen Aufgaben widmen, anstatt eine kranke Frau zu
versorgen. Die keltische Priesterin ist heilkundig. Tschastawa, die von Kazi
ausgebildet wurde, wird sich ebenfalls um mich kümmern. Es wird mir nicht an
Pflege mangeln. Du und … und der Rest meiner Familie, ihr könnt zu mir kommen,
wann immer es euch möglich ist. Doch hier, in Praha, da wäre ich nur eine
unnötige Belastung für euch.“
    Premysl ließ
sie plötzlich los. Erschrocken bemerkte sie das zornige Funkeln in seinen
Augen.
    „Hast du
vergessen, was ich einmal zu dir sagte? Du sollst keinen Fürsten aus mir
machen. Meinst du, du kannst über mich bestimmen, wie es dir gefällt?“
    Sie zuckte
zusammen wie bei einer Ohrfeige. Es dauerte eine Moment, bis sie wieder klar
denken konnte.
    „Glaubst du
nicht, ich wäre glücklicher, wenn du bis zum Ende an meiner Seite wärest?“,
fragte sie dann und sah, wie Premysl den Blick senkte.
    „Aber ich darf
nicht nur an mich selbst denken“, fuhr sie mit Nachdruck fort. „Unser Volk ist
bedroht. Unsere Tochter ist zu sanftmütig. In früheren Zeiten, da hätte sie ihr
Amt nicht schlecht
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