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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler
Autoren: PAUL CLEAVE
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mehrmals daran hängen, erst der Gürtel, dann Arme und Kinn. Als er schließlich zu Boden fällt und mit dem Kopf gegen die Stoßstange knallt, ertönt ein lauter, dumpfer Schlag. Cooper liegt reglos da, genau wie im Wagen. Adrian geht ins Haus und holt einen roten Rollwagen. Vor einer Ewigkeit – er hätte eigentlich längst im Bett sein sollen – hat er mal gesehen, dass ein toter Junge daran festgebunden war. Im Laufe der Zeit ist durch den Gebrauch ein Teil des Lacks abgeplatzt, doch die Räder drehen sich noch. Die Reifen sind fast platt, erst recht nachdem er Cooper daran festgeschnallt hat.
    Am schwierigsten ist es, ihn über die Stufen ins Haus zu wuch ten, Adrian wendet den Wagen und zieht ihn rückwärts hoch. In den Keller hinunter macht er es genau umgekehrt: Stufe für Stufe lässt er den Wagen vorsichtig herab, denn wenn er jetzt loslässt, kracht Cooper nach unten und schlägt sich Nase und Zähne ein. Der gibt nicht das geringste Geräusch von sich, nur sein Kopf schlägt bei jeder Stufe gegen das Gestell des Wagens.
    Der Keller ist in zwei verschiedene Räume unterteilt; dazwischen verläuft eine Trennwand aus Betonsteinen, in deren Mitte sich eine Tür befindet, die den zweiten, hinteren Raum von dem anderen abriegelt. Früher wurde der äußere Teil als Lager benutzt. Im hinteren Teil, dem Schreizimmer , wie sie es früher genannt haben, stand vor vielen Jahren mal ein Heizkessel. Er wurde ausgebaut und an einen Schrotthändler verkauft, kurz nachdem Adrian hierhergekommen war. Er kann sich noch daran erinnern, wie er abgeholt wurde. Er war damals noch klein und wollte wissen, was mit dem leeren Raum passierte. Ein paar Tage später fand er es dann heraus. Inzwischen ragen aus den Wänden und dem Boden nur noch die Schrauben. In dem Zimmer steht ein altes Bett mit einer abgenutzten Matratze und einem schmalen Kissen, das Tausende von Tränen aufgesaugt hat, und nicht nur seine. In der Ecke befinden sich weitere Decken sowie ein Eimer mit Deckel und einer mit frischem Wasser, dazu ein Becher, eine Zahnbürste, Zahnpasta und ein Handtuch. Er hat einen großen Plastikbehälter mit Trinkwasser für Cooper gefüllt, bestimmt fünf Liter. Die Tür zu der Zelle ist aus Eisen, mit einem rechteckigen Fenster aus Doppelglas auf Augenhöhe. Die Tür kann von außen mit einem Querriegel verschlossen werden. Unten in der Tür befindet sich eine Art Katzenklappe, um Gegenstände durchzuschieben, groß genug für die Eimer oder eine sehr kleine Person. Sie geht nach außen auf und lässt sich von innen nicht öffnen. Im gesamten Keller gibt es kein Fenster nach draußen. Früher hing von der Decke eine einzelne Glühbirne, doch sie wurde vor langer Zeit entfernt. Nachdem einer der Jungs den Draht herausgezogen hatte, um daraus eine Schlinge zu formen. Er hieß George. Georges Zunge war auf die Größe seines Mundes angeschwollen, und seine Haut ganz grau; er hat das Bewusstsein nicht mehr wiedererlangt. Danach hat man sämtliche Kabel im Haus gekürzt. Das einzige Licht kommt jetzt durch die Kellertür, nicht viel, aber genug, um etwas zu erkennen.
    Adrian schiebt Cooper in den hinteren Raum und löst seine Fesseln, dann hievt er ihn auf die Matratze. Sie ist kalt und ein wenig feucht. Cooper weiß das bestimmt zu schätzen, denkt Adrian, wo doch diese Woche die Temperaturen jeden Tag auf fast vierzig Grad klettern. Die Bettfedern geben nach, zum ersten Mal seit drei Jahren sind sie einer Belastung ausgesetzt. Er hebt Coopers Kopf an und stützt ihn mit einem Kissen ab, dann schafft er den Wagen und die Seile aus der Zelle. Er schließt die Tür hinter sich ab, lehnt sich mit der Stirn gegen das Fenster und beobachtet Cooper, der reglos daliegt. Adrian weiß, dass Cooper nicht begeistert sein wird, wenn er zu sich kommt, und er ist darauf vorbereitet.
    Draußen ist es inzwischen noch heißer geworden. Das Glas mit dem Daumen hat sich ziemlich aufgeheizt, und Adrian verbrennt sich fast die Finger daran. Er bringt es zusammen mit ein paar anderen Gegenständen, die er aus Coopers Wohnung mitgenommen hat, ins Haus. Im Laufe der Jahre hat Adrian einige Mörder kennengelernt. Er hat mit Leuten zusammengewohnt, die ihre Familien oder fremde Menschen getötet haben, mit Leuten, die aus irrationalen Gründen getötet haben, die das Leben anderer Menschen ausgelöscht haben, weil eine Stimme ihnen das befohlen hat oder ihr Instinkt, oder weil sie über die Zeitung eine geheime Botschaft von Gott erhalten haben. Er hat
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