Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
der Aase. »Es heißt, daß sie überall da erscheinen, wo das Böse treue Diener und Kundschafter sucht. Möglicherweise haben sie uns in dieser Bucht aufgespürt.«
    »Das erklärt nicht, weshalb ich mit heiler Haut davongekommen bin.«
    »Jeder von uns hat sich schon gefragt, weshalb die Tatasen im Schutz der Nacht nicht in die Bucht eingelaufen sind«, warf Glair ein.
    »Tut mir leid«, sagte Gerrek. »Ich sehe da keinen Zusammenhang.«
    »… obwohl einer existiert. Aus irgendwelchen Gründen wagen nicht einmal die Priester, diese Insel zu stürmen; sie haben lediglich einen Sperriegel aus Schiffen errichtet, um uns hier festzuhalten.«
    »Was kann Dämonisierte abschrecken?«
    »Eine noch stärkere Macht als die ihres Dämons. Oder ein Tabu, das zu verletzen ihr ganzes Volk gegen sie aufwiegeln würde.«
    »Aber die Tiere…«, widersprach Gerrek, wurde jedoch schroff unterbrochen.
    »Schwarze Magie hat sie an diesen Ort befohlen«, meinte Glair. »Die Magie der Priester. Bedarf es einer anderen Erklärung, weshalb auch sie Carlumen nicht angreifen? Vermutlich liegt ein Bannkreis um die Insel.«
    Mythor begann zu verstehen, worauf die Hexe hinaus wollte. Demnach hatte nur diese unsichtbare Grenze die Ungeheuer davon abgehalten, ihn zu zerreißen.
    Das bedeutete aber auch, daß die Insel ein Geheimnis barg. Allein vor zwölf Götterstandbildern würde kein Dämon zurückschrecken.

6.
    Von einem Augenblick zum anderen wurde die Strömung heftiger. Gischt tanzte auf den Wogen, und unweit voraus zeichnete sich ein Streifen heller Brandung ab.
    »Aufpassen!« schrie Tobar.
    Aber es war bereits zu spät. Eine mannshohe Woge trieb das kleine Boot vor sich her.
    Felsen ragten aus dem Wasser auf. Holz splitterte, als das Boot an ihnen vorbei schrammte. Sadagar, der verzweifelt versuchte, ein Kentern zu verhindern, verspürte einen jähen Ruck, der ihm fast die Schulter auskugelte. Das Ruder, das er fest umkrampft hielt, bestand nur noch aus einem nutzlosen Stumpf, den er mit einem wütenden Fluch von sich schleuderte.
    Die Welt schien in einer rasend schnellen Bewegung zu vergehen. Ein reißender Wirbel erfaßte den hölzernen »Fisch«. Im nächsten Moment schlug die See über Sadagar zusammen. Instinktiv versuchte er, wieder an die Oberfläche zu gelangen. Schemenhaft huschten Felsen an ihm vorüber. Aber er hatte Glück, während hinter ihm das Boot zerbarst.
    Eine schäumende Woge warf Sadagar an den Strand, wo er benommen liegenblieb. Krampfhaft hob und senkte sich sein Brustkorb.
    Mühsam stemmte er sich dann hoch. Seine Hände versanken in feuchtem, feinem Sand.
    Dicht neben ihm stöhnte jemand.
    »Aeda?«
    Eine Weile war nichts außer unregelmäßigen, hastigen Atemzügen. »Wenigstens haben wir die Insel erreicht«, sagte die Steinfrau schließlich. »Wo sind die anderen?«
    »Wir müssen sie suchen.«
    Zu sehen war nicht viel. Ihre Fackeln hatten sie verloren. Doch schon nach wenigen Schritten entdeckten sie ein zusammengekrümmtes Bündel, das sich als dunkler Fleck auf dem hellen Sand abzeichnete.
    »Es ist Tobar«, stellte Aeda fest.
    »Ist… ist er tot?«
    »Nein, ich glaube nicht. Er atmet noch. Komm, hilf mir, Sadagar.«
    Der Tatase war ohne Bewußtsein. Sie legten ihn auf den Rücken und begannen, indem sie seine Arme bewegten, das Wasser aus ihm herauszupumpen, das er geschluckt hatte. Endlich drang auch ein erstickter Laut über Tobars Lippen. Gleich darauf öffnete er die Augen.
    »Du hattest verdammtes Glück«, sagte Sadagar. »Die Götter, die über dich wachen, sind es wert, angerufen zu werden.«
    Tobar versuchte ein Lachen, doch wurde nur ein leises Krächzen daraus.
    »Du weißt, ich habe eine Aufgabe zu erfüllen. Immerhin habe ich euch versprochen, alles zu tun, damit eure Rache erfüllt wird.« Erstaunt sah er sich um. »Wo ist Necron?«
    »Wir wissen es nicht«, erwiderte Aeda. Ein Hauch von Trauer, den Sadagar wohl zu deuten wußte, schwang in ihrer Stimme mit.
    »Wie geht es nun weiter?« fragte er. »Ohne Fackeln sind wir gezwungen, den Morgen abzuwarten. Außerdem friert mich in den nassen Kleidern.«
    Sie zogen sich aus und legten ihre Samtjacken und Pluderhosen in den Sand. Der Wind war kalt, trocknete aber schnell.
    »Ich verfluche den Tag, an dem wir uns mit Catrox einließen«, sagte Sadagar.
    Aeda schwieg dazu. Nach vorne gebückt, kniete sie im Sand und hatte den Kopf in ihren Handflächen vergraben.
    Der Ruf eines Vogels schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Auch Sadagar hob
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher