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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft
Autoren: Sabine Kornbichler
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ich und parkte in der Einfahrt. Anstatt eines Zauns hatte Elly zur Straße hin Büsche gepflanzt, die in allen erdenklichen Farben blühten und dem alten Holzhaus mit seinen grünen Fensterläden genau den richtigen Rahmen verliehen.
    Ich öffnete das hüfthohe Tor, wandte mich nach rechts und folgte einem schmalen Weg durch den Vorgarten hinters Haus. Dort hielt ich nach Elly Ausschau, bis ich sie völlig verschwitzt neben einem Rhododendron entdeckte. Sie war gerade dabei, verwelkte Blütenstände abzuknipsen.
    »Elly«, rief ich aus ein paar Metern Entfernung, um sie nicht zu erschrecken.
    Als sie sich aufrichtete, fasste sie sich kurz ins Kreuz, um ihren Rücken zu stützen. »Finja …« Mit dem Zeigefinger strich sie sich eine feuchte Strähne aus dem Gesicht und sah mich so beiläufig an, als käme ich jeden Nachmittag um diese Zeit vorbei. Schließlich zog sie ein Taschentuch unter ihrer Dirndl-Schürze hervor und tupfte sich damit den Schweiß aus dem Dekolleté.
    In meinen Augen gab es niemanden, dem ein Dirndl so gut stand wie Elly. Sie wiederum war der Überzeugung, nichts kleide eine Frau besser. Deshalb fiel der Blick, mit dem sie mein Outfit unter die Lupe nahm, auch eher missbilligend aus.
    »In einem Dirndl würde ich in Berlin viel zu sehr auffallen«, sagte ich mit einem entwaffnenden Lächeln.
    »Und hier macht dir das Auffällige nichts?« Sie schwang ihren Zeigefinger in Richtung meines Baumwollunterkleids mit Lochspitzenborte, zu dem ich Römersandalen trug. »Du siehst aus, als hättest du dich in den verstaubten Truhen meiner Großmutter bedient. Und dazu diese Schuhe …«
    Ich ging zu ihr, legte meine Arme um ihren verschwitzten Hals und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich freue mich riesig, dich zu sehen, Elly. Ich habe dich vermisst.«
    Sie drückte mich fest an sich. »Ich dich auch, meine Kleine. Ich dich auch. Von Weihnachten bis jetzt war viel zu lang.« Sie schob mich zur Gartenbank und drückte mich hinein. »Warte einen Moment, ich hole uns etwas zu trinken.«
    Während sie im Haus verschwand, betrachtete ich das Blütenmeer, das Elly mit Sicherheit mehrere Stunden Zeit am Tag und Unmengen von Wasser kostete. Es war eine Pracht. Genau das sagte ich ihr, als sie mit einer Karaffe Eistee und Gläsern um die Hausecke kam.
    Sie blieb stehen und deutete mit dem Kopf hinauf zu den Balkonkästen. »Aber Petunien tue ich mir im nächsten Jahr nicht mehr an. Die sind mir zu schwierig.«
    »Dabei magst du doch die schwierigen Fälle.«
    Sie stellte die Gläser auf den Tisch und füllte sie. Dann ließ sie sich mit einem leisen Stöhnen neben mir auf der Bank nieder. Elly war fünfundsechzig und bis auf ihre leidigen Rückenbeschwerden ziemlich fit für ihr Alter. Sie war noch echt blond, hatte ihre Haut über Jahre der Sonne ausgesetzt, um im Gegenzug unzählige Falten zu ernten, und hielt ihr Gewicht mit eiserner Disziplin. Diese Disziplin reichte sogar für ihren sieben Jahre älteren Mann Ingo, der ohne ihr wachsames Auge und ihren Daumen auf Brotkasten und Kühlschrank inzwischen mit Sicherheit aus dem Leim gegangen wäre.
    »Wo ist dein Mann?«, fragte ich.
    »Er ist mit dem Hund der Nachbarn hinauf in den Wald. Die Bewegung tut ihm gut.« Sie lehnte sich zurück und betrachtete mich in aller Seelenruhe. Obwohl ihr die Sonne direkt ins Gesicht schien, musste sie nicht einmal blinzeln. »Müde schaust du aus«, stellte sie fest.
    »Ich hab nicht viel geschlafen heute Nacht.«
    Elly nickte. »Schreckliche Sache, ich hab davon gehört. Traurig! Für den Carl Graszhoff wird es nicht einfach werden. Männer in seinem Alter tun sich schwer ohne ihre Frauen. Der Ingo käme ohne mich gar nicht zurecht. Hat deine Schwester erzählt, wie es passiert ist?«
    »Cornelia hat wohl die Kontrolle über den Wagen verloren, als sie von einem anderen Fahrzeug überholt wurden, das sie geschnitten hat.«
    Sie blies Luft durch die Nase. »In der Haut des Fahrers möchte ich jetzt nicht stecken.«
    »Er ist einfach weitergefahren.«
    Elly schüttelte den Kopf und machte ein Gesicht, als hätte sie einen üblen Geschmack auf der Zunge. »Diese Raserei hat so überhandgenommen. Manchmal denke ich, es ist ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert. Die Leute fahren so rücksichtslos. Womöglich war der Fahrer auch noch betrunken. Das sind mir die Schlimmsten. Reden sich hinterher auf Alkohol raus. Als wäre der ganz gegen ihren Willen in sie hineingeflossen.«
    Ellys Stimme war Balsam für mich. Sie
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