Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
Vom Netzwerk:
selbst.«
    Ja, sie
wusste es selbst. Was hatte Pascal gesagt? »Du bist ihm zu ähnlich. Dein Vater hat
Angst vor deinem Erfolg.« Hatte er vielleicht doch recht mit diesen Worten?
    Jolanthe
nahm den Kontakt mit dem Biberacher Weber wieder auf. Mit Marthas Pferd ritt sie
zu ihm, schloss schriftlich mit ihm einen Kontrakt, und versprach, ihn auf dem Laufenden
zu halten. Von Pascal bekam sie Nachricht, dass bislang alles in Ordnung sei. Mehr
konnte sie nicht tun, und so blieb zu viel Zeit zum Nachdenken, die sie mit allen
möglichen Tätigkeiten zu vertreiben suchte. Sie beschäftigte sich mit den Pferden,
mistete den Stall aus, reparierte Zäune und richtete sich eines der bislang ungenutzten
Zimmer her.
    Am Abend
des dritten Tages fragte Martha sie: »Warum haben wir noch nicht eher daran gedacht,
dass du zu mir ziehst?«
    »Mein Vater
hätte es nicht erlaubt.«
    »Und nun
tut er das?«
    »Nun tut
es nichts mehr zur Sache.« Jolanthe schlug ihr Rechnungsbuch zu, in dem sie gelesen
hatte und doch nichts Neues eintragen konnte.
    »Was wirst
du machen mit dem Geld, das du durch das Baumwollgeschäft erwirtschaftest?« Martha
saß ihr am Tisch gegenüber und hatte den Kopf auf die Hände gestützt.
    »Frag mich,
was ich mache, wenn die Ware nicht ankommt, weil der Handelszug überfallen wird,
Mathies sich als Gauner herausstellt oder wenn alles vergammelt ist.«
    »Du wirst
ein neues Geschäft tätigen und genügend Münzen damit verdienen, um deine Schulden
zurückzuzahlen.«
    »Ich werde
Vater in den Ruin treiben, weil Pascal von ihm das Geld zurückfordern wird.«
    »Diese Schwarzseherei
ist neu an dir, und sie gefällt mir nicht.« Nach dieser Erwiderung Marthas mussten
sie beide lachen und beließen es dabei.
    Ein paar
Tage später erhielt Jolanthe Nachricht, dass Mathies zurück sei. Die Baumwolle habe
er, wie besprochen, nach Biberach gebracht. Sie verabredete sich mit Pascal in dem
Gasthaus, in dem er wohnte, und machte sich kurz darauf auf den Weg dorthin.
    Es kam ihr
vor, als sei sie schon ewig nicht mehr in der Stadt gewesen. Dabei war es noch nicht
lange her, seit sie die Wache durch das Tor gelassen hatte. So als habe sie in der
Zwischenzeit ein anderes Leben geführt und kehre nun an einen Ort voller Erinnerungen
zurück. Sie mied ihr Elternhaus, begab sich stattdessen gleich zu Pascal und wurde
von ihm und Mathies bei einem Essen in der Gaststube über den Erfolg der Reise unterrichtet.
    »Hier ist
die Bestätigung des Webers Gribel, dass er die Ware erhalten hat.« Mathies gab das
Dokument an Jolanthe weiter.
    »Alles Übrige
habe ich bereits mit ihm ausgehandelt. Ich danke Euch für alles.« Jolanthe steckte
das Papier in ihren Beutel und lehnte einen neuen Becher Bier ab. Sie hatte genug
getrunken und gegessen und für heute noch etwas Wichtigeres vor.
    »Es war
mir eine Freude«, antwortete Mathies.
    Natürlich
hatte er auch eine angemessene Entlohnung erhalten, dafür hatte Jolanthe gesorgt.
    »Und nun?«
Pascal, der sich auffallend zurückgehalten hatte bei dem Gespräch, schaute sie aufmerksam
an.
    »Meine Sache«,
antwortete sie und erhob sich. Sie nickte den beiden zu und verließ dann das Gasthaus.
Offenbar trauten sie ihr alle nicht zu, das Richtige zu tun – oder warum fragten
sie ständig nach, was sie denn plane? Das ging niemanden etwas an oder, anders gesagt,
sie hätten es sich eigentlich denken müssen. Für sie jedenfalls lag der Weg, den
sie gehen musste, deutlich vor ihr, und sie beschritt ihn.
    Vor dem
Haus ihres Vaters blieb sie stehen und sah die Fassade hoch. Immer noch blühten
die Veilchen in ihren Kästen. Also goss Sieglinde nach wie vor. Wahrte sie damit
eine Erinnerung an die Schwester? Jolanthe schüttelte den Kopf darüber. Merkwürdig,
dachte sie. Dann öffnete sie die Tür und trat ein.
    Im Flur
war niemand zu sehen. Gedämpftes Geklapper drang aus der Küche. Jolanthe fuhr mit
dem Finger über die Wand, während sie zur Treppe ging. Mein Zuhause, so vertraut.
    Auch das
Kontor oben war leer, aber sie hatte keine Eile. Sie stellte sich ans Fenster und
blickte hinaus, lehnte sich leicht nach links, dann nach rechts, ging in die Hocke,
weil die runden Gläser das Bild dahinter auf diese Art immer wieder anders verzerrten.
So vertrieb sie sich die Zeit, bis sie Geräusche vom Gang her hörte. Das Klacken
von Winalds Stock kam näher. Als er die Kontortür öffnete, drehte Jolanthe sich
um.
    Sie sah,
wie der Vater in der Bewegung erstarrte, sich wieder fing und die Tür
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher