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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers
Autoren: Nora Roberts
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mich, wenn mich irgendwas bedrückt hat, immer besser gefühlt,
wenn ich eine Weile hier saß.«
    »Manche Plätze haben einen besonderen Zauber.« Lily blickte
hinauf zu dem Fenster des Zimmers, das sie so viele Jahre lang mit Max
geteilt hatte. »Für mich ist es dieses Zimmer da oben.«
    Schweigend saßen sie einige Minuten nebeneinander und
lauschten auf das Plätschern des Springbrunnens. Die Schatten wurden
länger, und die Dunkelheit senkte sich herab. »Ich weiß, du vermißt ihn
sehr, Schatz«, seufzte Lily schließlich und wünschte, sie könnte sich
besser ausdrücken. »Aber er würde nicht wollen, daß du so lange
trauerst.«
    »Du hast sicher recht. Ich meinte zuerst, wenn es aufhörte,
weh zu tun, hieße das, ich hätte aufgehört, ihn zu lieben. Aber jetzt
weiß ich, daß das nicht stimmt. Ich habe mich gerade an den Tag
erinnert, als wir nach Washington abgereist sind.« Sie lehnte den Kopf
an Lilys Schulter. »Er saß in seinem Sessel und schaute zum Balkon
hinaus. Schaute einfach nur hinaus. Er wollte mit uns kommen, Lily. Das
habe ich genau gespürt. Er wollte es ganz unbedingt.«
    Sie lachte leise, was Lily seit vielen Tagen nicht mehr gehört
hatte. »Aber er war schon ein Dickkopf«, fuhr Roxanne fort. »Typisch
Max, an Halloween zu sterben, genau wie Houdini. Ich könnte schwören,
daß er das geplant hat. Und ich habe gerade gedacht, falls es einen
Himmel für Magier gibt, ist er jetzt dort, macht mit Robert Houdini
Taschenspielereien, versucht die Herrmanns zu übertreffen und zaubert
mit Harry Kellar. Ach ja, das würde ihm gefallen, nicht wahr?«
    »Ja.« Lily lächelte mit Tränen in den Augen und drückte sie an
sich. »Und er würde mit allem Nachdruck darauf bestehen, auf den
Plakaten als der große Star angekündigt zu werden.«
    »Erleben Sie heute abend und in alle Ewigkeit Maximilian
Nouvelle, den großen Zauberer und Meistermagier.« Lachend küßte sie
Lilys Wangen. »Es tut mir nicht mehr weh. Ich werde ihn immer
vermissen, aber es tut nicht mehr weh.«
    »Dann will ich dir noch etwas sagen.« Sie nahm Roxannes
Gesicht in ihre Hände. »Leb jetzt dein eigenes Leben, Roxy. Laß es
nicht einfach so dahinlaufen.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Lily hörte, daß jemand die Küchentür öffnete. Sie wandte sich
um und sah Luke in den Hof kommen. »Leb jetzt dein Leben«, wiederholte
sie und stand auf. »Ich gehe rein und helfe Alice beim Aussuchen der
Tapeten. Sie brütet schon die ganze Zeit über den Musterbüchern. Dieses
Mädchen ist imstande und tapeziert alles mit pastellfarbenen Blümchen,
falls ihr nicht jemand Vernunft beibringt.«
    »Da bist du genau die Richtige.«
    »Komm rein, wenn dir kalt ist«, befahl Lily.
    »Mache ich.«
    »Und falls du sie nicht warm halten kannst«, zischte sie Luke
leise zu, als sie an ihm vorbeiging, »will ich nichts mehr mit dir zu
tun haben.«
    Luke setzte sich auf die Bank, zog Roxanne an sich und küßte
sie, bis sie völlig außer Atem war.
    »Wofür war das?« fragte sie erstaunt.
    »Ich befolge nur Lilys Anweisungen. Aber der Kuß ist von mir.«
Er küßte sie erneut und lehnte sich dann mit einem zufriedenen Seufzer
zurück. »Schöner Abend, was?«
    »Hmm. Der Mond geht auf. Wie oft hat Nate dich beschwatzt, ihm
die Geschichte mit den grünen Eiern vorzulesen?«
    »Oft genug, daß ich sie auswendig aufsagen kann. Wer zum
Teufel will überhaupt grüne Eier essen? Widerlich.«
    »Du hast offenbar den Hintersinn nicht kapiert, Callahan. Es
geht darum, Dinge nicht nach dem äußeren Schein zu beurteilen, sondern
auch mal was Neues auszuprobieren.«
    »Wirklich? Merkwürdig, ich habe gerade daran gedacht, was
Neues auszuprobieren.« Aber er wußte nicht genau, ob es die rechte Zeit
war, darüber zu reden. Er musterte sie unsicher. »Wie geht es dir, Rox?«
    »Gut«, lächelte sie. »Mir geht's gut, Luke. Ich konnte ihn
nicht immer behalten, gegen den Tod gibt es nun mal keinen noch so
ausgeklügelten Zaubertrick. Es hilft mir zu wissen, daß du ihn
genausosehr geliebt hast wie ich. Und vielleicht hatten in bezug auf
Max die fünf Jahre, die du weg warst, auch ihr Gutes. Dadurch hatte ich
Zeit, ganz für ihn dazusein, als er mich am meisten brauchte. Er hat
durchgehalten, bis du zurückgekommen bist und ich ohne ihn weiterleben
konnte.«
    »Schicksal?«
    »Der Lauf des Lebens. Und nun ändert sich vieles.« Sie
schmiegte sich dichter an ihn, doch nicht, weil ihr kalt war, sondern
weil es einfach schön war. »Mouse und Alice werden
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