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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
Autoren: Julie Klassen
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erwarten, mit der Liste der Orte zu beginnen.

27

    Es ist besser, spät zu lernen als nie.
    Publilius Syrus, Schriftsteller aus dem ersten Jahrhundert
    Emma und Jane verbrachten mehrere gemütliche Abende mit Tee, Landkarten und Träumereien.
    Venedig stand ganz oben auf der Liste ihrer Sehnsuchtsorte. Doch dann merkten beide rasch, dass die Kosten und der Zeitaufwand für eine Reise nach Italien ihre Möglichkeiten bei Weitem überstiegen. Allein die Schiffsreise würde, je nach Wetter und Winden, zweieinhalb bis drei Wochen dauern, sowohl die Hinreise als auch die Rückreise.
    Sie prüften die Möglichkeit, mit dem Schiff nach Frankreich überzusetzen und dann über Land zu reisen, erfuhren jedoch, dass das noch länger dauern würde. Zudem wäre es gefährlich und sehr teuer, die Alpen zu überqueren.
    Zwei von Janes Schülerinnen würden den ganzen Sommer über fort sein, weil sie Brüder in Oxford hatten, die in den Semesterferien – den größten Teil des Juli sowie den August und den September – nach Hause zu ihren Familien fuhren, doch die anderen Mädchen würden nur einen oder zwei Monate zu Hause verbringen. Jane konnte jemanden bitten, für sie einzuspringen, doch es war mit Sicherheit sehr schwierig, eine geeignete Person zu finden. Und selbst wenn sie sich losmachen könnte, würde die Fahrt allein sechs Wochen oder länger dauern, sodass ihnen höchstens vier Wochen in Italien blieben. Damit hätte Jane nur noch vierzehn Tage, um nach ihrer Rückkehr das neue Unterrichtsjahr vorzubereiten. Und das galt auch nur dann, wenn alles gut ging und es nirgendwo zu Verzögerungen kam.
    Und die Kosten für eine zweieinhalbmonatige Reise …? Überstiegen bei Weitem ihre gemeinsamen Mittel.
    Schließlich nahm Jane die Brille ab, die sie aufgesetzt hatte, um noch einmal die Ausgaben durchzugehen, rieb sich die Augen und seufzte. »Vielleicht sollten wir etwas näher an Zuhause anfangen, Emma. Es gibt viele Orte in England, die wir noch nicht gesehen haben. Schließlich spricht nichts dagegen, dass wir nicht auch in unserem eigenen Land ein Abenteuer erleben können.«
    So sehr Emma es hasste, eine Niederlage einzugestehen, wusste sie doch, dass ihre Tante recht hatte, also schluckte sie ihre Enttäuschung hinunter und sagte fröhlich: »Wie wäre es mit einer Tour durch den Norden? Das würde nur einen Bruchteil der Kosten und der Zeit erfordern. Derbyshire soll wunderschön sein.«
    Ihre Tante lächelte ihr zu. Es gefiel ihr, wie tapfer ihre Nichte mit der Enttäuschung umging, mehr noch vielleicht als das alternative Reiseziel.

    Henry saß in seinem Schlafzimmer und sah wieder einmal die Andenken in seiner Zigarrenschachtel durch. Die Schachfigur war fort, sie gehörte jetzt Adam, ebenso das Parfumfläschchen, das er Adam zurückgegeben hatte, nachdem er es Phillip gezeigt hatte. Stattdessen betrachtete Henry das Brieffragment von seiner Mutter: » Sei mutig, mein lieber Junge. Und vergiss nicht. «
    Er hatte seinen Vater eigentlich noch einmal bitten wollen, auch den Rest des Briefes sehen zu dürfen. Das letzte Mal hatte sein Vater ihm die Bitte ausgeschlagen, doch das war schon Jahre her. Vielleicht würde Sir Giles ihm jetzt, da er ein erwachsener Mann war, erlauben zu lesen, was seine Mutter vor ihrem Tod geschrieben hatte.
    Henry ging nach unten und fand seinen Vater dort, wo er sich um diese Zeit gewöhnlich aufhielt – in der Bibliothek, beim Lesen der Zeitung und beim Erledigen der Korrespondenz. Er und sein Vater verbrachten viel Zeit zusammen in der Bibliothek, seit die Smallwoods abgereist waren. Es war viel zu tun gewesen; sie hatten einen Beschluss fassen müssen, was mit Julian zu tun war, hatten sämtliche Verbindungen zu Derrick Teague lösen und herausfinden müssen, welche Rolle Davies in der ganzen Geschichte spielte.
    Als endlich alles ans Licht gekommen war, zeigte sich, dass der Hauptfehler des Verwalters seine blinde Loyalität gegenüber Violet Weston gewesen war, die er seit dem Kindesalter kannte, als er in ihrer Familie als Butler gedient hatte. Als er vor ein paar Jahren gemerkt hatte, dass die Westons in finanziellen Schwierigkeiten waren, hatte Davies Lady Weston den Vorschlag gemacht, sich auf ein Geschäft mit Teague einzulassen; sie stellte ihm ihren guten Namen für seine Machenschaften zur Verfügung und erhielt dafür einen Anteil vom Profit. Davies selbst war der Mittelsmann gewesen. Doch der Verwalter hatte schon bald den Tag verflucht, an dem er diesen Vorschlag
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