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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele
Autoren: Kate Dakota
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anfänglichen Artikel erinnern, die er über eine Reise mit dem Rucksack durch Neuseeland geschrieben hatte. Jede Menge Türklinken hatte er putzen müssen, hatte etliche Verlage und Redaktionen in Washington D.C., New York und Boston besucht, um seine Arbeiten vorzustellen. Was letztendlich auch von Erfolg gekrönt war, obschon sein erstes Honorar den Namen kaum verdient hatte. Das alles gehörte längst der Vergangenheit an. Heute war er in Fachkreisen durchaus angesehen, schrieb regelmäßig Berichte für Zeitungen und Magazine wie die Huffington Post und den National Geographic, aber verfasste mittlerweile auch komplette Reiseführer für die größten Verlage der Vereinigten Staaten. Seine Arbeiten, so hatte ihm ein Kollege vor längerer Zeit gesteckt, wären so anders. Einerseits bis ins letzte Detail gehende, sachliche Beschreibungen, andererseits von einer solch kostbaren und singenden Sprache, dass man eher glaubte, man hätte es mit einem Roman zu tun, als mit einem simplen Reiseführer. James hatte das seiner Zeit verlegen gemacht, aber mittlerweile hatte er in dieser Hinsicht doch ein beträchtliches Selbstbewusstsein gewonnen, genauso wie sein Konto ein gesundes Polster. So gönnte er sich nun den Luxus, unter all den Offerten die Projekte rauszupicken, die ihn auch wirklich interessierten. Ihm unter den Nägeln brannten. Im letzten Jahr zum Beispiel hatte er ein Buch über die »Wundersame Welt der Fjorde Norwegens« verfasst. Viele Monate hatte er dafür in der Einsamkeit Skandinaviens verbracht, hatte sich überwiegend mit dem Fahrrad und zu Fuß bewegt, um diesem Fleckchen einzigartiger Natur auch noch sein letztes Geheimnis zu entreißen. Das Schreiben darüber war ein Klacks gewesen. All die Erlebnisse, die Emotionen, hatte er kanalisieren müssen und das funktionierte bei ihm nun mal am besten, wenn er sie niederschrieb. Für dieses Buch hatte er letzten Monat eine Auszeichnung bekommen. Gut, es war jetzt nicht der Pulitzer-Preis, sondern nur die »Goldene Feder« der Vereinigung Angloamerikanischer Reisejournalisten, dennoch hatte es ihn stolz gemacht. Und wer wusste schon, was die Zukunft noch alles so bringen würde. Das Projekt, an dem er augenblicklich arbeitete, war von der Thematik her völlig anders einzuordnen und hatte nicht mal ansatzweise etwas mit den Fjorden Norwegens zu tun.
    James atmete tief durch und verringerte die Geschwindigkeit des Audis beträchtlich. Der Verkehr auf der A24 schien sich immer weiter zu verdichten. Schade, er hätte die Kiste gerne noch etwas durchgetreten. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Es war, als wenn er die mahnende Stimme seiner Mom hören würde. »Gib auf Dich Acht, mein Junge, und fahr bitte vorsichtig!« Pah, das sagte gerade die Richtige, denn Silvia Prescott war bekannt für ihren gewagten Fahrstil und ebenso dafür, dass sie sich einen Teufel um jegliche Regeln scherte, schon gar nicht um Verkehrsregeln. James liebte seine Mutter abgöttisch, auch wenn ihre chaotische Art ihm hin und wieder schon auf den Geist ging. Andersrum war sie so herrlich unkonventionell und damit eben das genaue Gegenteil seines Vaters, des allgegenwärtigen und übermächtigen William B. Prescott IV. Das Lächeln verschwand aus dem Gesicht des Mannes, und genervt schob er eine widerspenstige Strähne seines tiefschwarzen Haares aus der Stirn. Gerade vierzehn Tage war es her, dass er seine Eltern gesehen hatte. Er war wegen seines neuen Projekts in München gewesen, war aber dann für ein paar Tage in die Staaten zurückgeflogen, weil seine Schwester Geburtstag hatte. Erin hatte nicht im elterlichen Haus in Washington feiern wollen, sondern hatte den Sommersitz der Familie in Hyannis Port vorgezogen. In Massachusetts erinnerte aber in der Regel Ende April so gar nichts an den Sommer, und sie hatten sich, gelinde gesagt, den Arsch abgefroren. Wegen des miserablen Wetters hatten sie das Haus kaum verlassen können, was zur Folge hatte, dass es ihm unmöglich gewesen war, seinem Vater aus dem Weg zu gehen. Gott, wie hasste er diese unendlichen Diskussionen, die sich immer wieder um das gleiche Thema drehten. Schuld daran waren nur Bill und Ruben, seine bescheuerten Brüder. Wobei er natürlich genau wusste, dass es unfair war, ihnen die Verantwortung für diese vertrackte Situation in die Schuhe zu schieben, aber es tat ihm einfach gut. Na ja, trotzdem war es schön gewesen, wieder mal ein wenig Zeit mit der Familie zu verbringen, und seine Mom hatte ihm sein
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