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Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra

Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra

Titel: Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra
Autoren: Robert Quint
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und erreichte den Bärtigen, der irgend etwas Unverständliches vor sich hin brummte und weiterhastete.
    Lucci folgte ihm.
    Sie befanden sich in den unteren Bereichen des Protopturmes, der die Inselplattform mit den riesigen MHD-Bahnhöfen unter dem Meeresboden verband. Ständig hing ein atemloses Fauchen in der Luft, wie von einem Gebläse, das heißgelaufen war.
    Das Fauchen stammte von den Pneumoliften, die in den zweihundert luftleeren Schächten hinabfielen und hinaufstiegen, die Kabinen voller Menschen und Kameraobjektive.
    Lucci gestattete sich ein ironisches Lächeln.
    Der Koordinator des Kommandos Brak Shakram war der meistgesuchte Mann der Erde. Valdecs Häscher waren über den ganzen Planeten geschwärmt und trachteten danach, die Opposition systematisch zu zerschlagen.
    Und sie haben Erfolg, dachte Lucci, während er sich schneller bewegte und auf verdächtige Laute horchte. Tyll, Christin Dorf, Torstein … Tausende von Mitgliedern der F.F.D.E. und der Arbiter-Organisationen befanden sich bereits in den Toten Räumen von Berlin. Oder waren tot, gefallen in sinnlosen, verzweifelten Kämpfen gegen das diktatorische Regime Valdecs.
    »Sie sollten nicht zuviel an Edinburgh denken«, riet Kardelein. »Das bekommt Ihnen nicht. Schnee von gestern, Sie verstehen? Konzentrieren Sie sich auf das Jetzt. Auf Ihr Überleben.«
    Lucci sagte nichts.
    Der Gang, der sich vor ihnen dahinzog, wand sich rund um den unterseeischen Protopturm und führte spiralförmig in die Tiefe. Zahllose Wartungsklappen zierten die Wände. Einstiege in das Herz von Atlantica, in die Klima- und Entsorgungsschächte, die Stromleitungen und Kommunikationsverbindungen, in das gewaltige Labyrinth der Röhren und Kanäle.
    Das Fauchen der Pneumolifte war allgegenwärtig. Ebenso das zarte Vibrieren der Maschinen, der Pumpen und Kompressoren.
    Technikwelt.
    Atlantica war eine Miniatur der hochtechnisierten Erde.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Kardelein über die Schulter hinweg. »Nervös?«
    »Ich bin die Ruhe selbst«, versicherte Lucci.
    Seine Blicke saugten sich an Kardeleins Rücken fest, und wie nie zuvor wünschte Lucci sich, über telepathische Kräfte zu verfügen.
    Gewiß, seine Leute hatten ihm versichert, daß der Treiber vertrauenswürdig war. Und ohne seine Hilfe konnte sich niemand über längere Zeit unerkannt auf Atlantica aufhalten.
    Die Computerüberwachung war nahezu perfekt.
    Ganz Atlantica mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren versehen.
    V/O Kulturaimport, der Konzern, der in Zusammenarbeit mit den Verkehrsmonopolen der Nordhalbkugel Atlantica errichtet hatte, war sich darüber im klaren gewesen, daß das Sündenbabel des 26. Jahrhunderts nur durch perfekte Kontrolle überleben konnte.
    Wo ein rechtsfreier Raum herrschte und Lust und Mord gleichermaßen käuflich waren, konnten die profitbringenden Touristen nur angelockt werden, wenn sie den Kitzel des Lasters genossen und dennoch auf dezente Weise behütet wurden.
    Die Touristen wollten Kriminalität und Verderbnis als Zuschauer genießen, nicht als Akteure oder Opfer.
    Andere übernahmen diese Rolle.
    Freibürger. Ständige Bewohner Atlanticas, angelockt von Glücksspiel, Prostitution, Drogen und zahlreiche andere, exotische Belustigungen.
    Fasziniert von der Chance, schnell und leicht Geld zu verdienen. Eine Illusion, die sich nur für die wenigsten erfüllte.
    Für Männer wie Kardelein beispielsweise, der den legalen Drogenmarkt der künstlichen Insel beherrschte und auch jene bewußtseinsverändernden Mittel besorgen konnte, die selbst auf Atlantica verboten waren.
    Chronopathische Halluzinogene zum Beispiel. Oder Aphrodisiaka von Transat-5, die wochenlangen sexuellen Rausch erzeugten und als Preis für die Lust einen schmerzhaften Tod forderten.
    Euferon von einer Welt des Rohstoffrings, Londrium B aus den pharmazeutischen Laboratorien von Terrestrial Chemical, sogar Lab-21, die streng geheime Konditionierungsdroge der Garden.
    Kardelein verkaufte alles, wenn ihm jemand genug Geld bot.
    Noch vor der Jahrhundertwende hatte er von seinem Frachter abgemustert und war auf der Erde geblieben. Von Atlantica angezogen wie eine Motte vom Kerzenlicht.
    Kardelein hatte es geschafft. Er war reich und mächtig geworden, der heimliche Herrscher der Protopinsel.
    Andere mußten sich in den Gangs verdingen, die zur Touristenattraktion blutige Bandenkriege ausfochten. Die kämpften, mordeten und starben, um die Erlaubnis zu erhalten, weiter auf Atlantica bleiben zu
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