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Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Titel: Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns
Autoren: Robert Quint
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also sicher sein, von der MHD-Beschleunigung der Container nicht durcheinandergerüttelt zu werden.«
    Summend hatte der Gleiter den Tunnel hinter sich gebracht und schoß in ein gewaltiges, hell erleuchtetes Gewölbe, in dem unzählige der hülsenförmigen Frachtcontainer auf den Abflug warteten. Gewaltige Greifarme, die wie die Stahlglieder monströser Insekten wirkten, suchten ihrer Programmierung folgend die startfertigen Container aus den unübersehbaren Reihen heraus und transportierten sie in den Hintergrund der Halle.
    Zielsicher kurvte der Gleiter zwischen den mehr als hundert Meter langen und zwanzig Meter durchmessenden Kunststoffhülsen umher, wurde langsamer und hielt dicht vor einem etwas abseits gelegenen Container.
    In dem Gesicht der Mater arbeitete es.
    Der Riemenmann fühlte, daß sie ihren Geist blockiert hatte, und verzichtete darauf, auf psionischem Wege etwas über ihre Gedanken zu erfahren.
    Die Graue steckte in einer tiefen persönlichen Krise, und er konnte nur hoffen, daß es nicht zu früh zur Explosion kam.
    Pernath tat ihm leid. Sie schien einem Zusammenbruch nahe zu sein, aber es gab nichts, womit er ihr helfen konnte.
    Wieder betätigte die Mater den Communer an ihrem Handgelenk. In der scheinbar glatten Oberfläche des Containers öffnete sich kurz danach eine scheunentorgroße Luke. Durch sie konnte man bequem in das Innere des flugfähigen Frachtbehälters eindringen.
    Die Mater begegnete Llewellyns Blick. »Sie haben gehört, daß Ihnen nur wenig Zeit bleibt. Wir müssen uns jetzt trennen. Von nun an sind Sie sich selbst überlassen.« Sie reichte ihm plötzlich eine Laserpistole. Zögernd nahm sie der Riemenmann an sich.
    »Gehen Sie!« stieß die Mater hervor. Ihre Lippen bebten. »So gehen Sie doch endlich!«
    Die Ausstiegsluke klappte auf. Es waren nur zwei, drei kleine Schritte bis zu der schwarzen Öffnung.
    »Leben Sie wohl«, sagte Llewellyn ernst. »Viel Glück, Mater Pernath.«
    Die Graue barg ihr Gesicht in den Händen und schwieg.
     
    *
     
    Scheinbar Stunden später beruhigte sich das Chaos ihrer Gedanken, klärte sich ihr Bewußtsein.
    Die Mater fühlte sich völlig zerschlagen. Jeder Quadratzentimeter ihres Körpers schmerzte.
    Sie unterdrückte ein Stöhnen und starrte mit verquollenen Augen nach draußen. Der Container war fort. Sie hatte nicht bemerkt, wie er von den Greifarmen in die Luft gehoben und davongetragen wurde.
    Sie blickte sich in der menschenleeren, hellen Halle um, starrte mit trockenem Mund und rasendem Pulsschlag die glatten, schmucklosen Wände an.
    Was hatte sie nur getan?
    Entsetzen ergriff sie. Sie fühlte sich schuldig, verspürte Scham und Abscheu vor sich selbst.
    Sie – eine Graue – hatte den Feinden des Konzils zur Flucht verholfen.
    Das Unglaubliche des Vorgangs kam ihr zum ersten Mal richtig zu Bewußtsein und raubte ihr den Atem. Widersprüchliche, peinigende Gefühle tobten in ihr, und sie schrie unwillkürlich auf; ein schriller Schrei der äußersten Verzweiflung.
    Dann zuckte sie zusammen.
    Wieviel Zeit war seit dem Start des Containers vergangen? Vielleicht konnte sie ihr Verbrechen ungeschehen machen! Vielleicht – aber wollte sie es überhaupt?
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte die Graue. In ihren Augen leuchtete Angst.
    Mit zitternden Fingern schaltete sie dann den Communer ein und versuchte, ihrer Stimme einen unbefangenen Klang zu geben. »Hafenzentrale«, sagte sie mit mühsamer Beherrschung, »wann ist der Container Ge Null Delta gestartet?«
    »Vor achtundzwanzig Minuten«, kam die unverzügliche Antwort des Hafencomputers. »Ge Null Delta erreicht in fünf Minuten Stojska-Stellar. Der Abflug von der Erde erfolgt zwei Stunden später.«
    Die Mater Pernath desaktivierte den Communer.
    Unnatürliche Gelassenheit erfüllte sie plötzlich.
    Die Treiber waren in Sicherheit. Wenn sie geschickt vorgingen, dürfte es sie keine Mühe kosten, kurz nach der Landung einen kleinen Ringo zu entführen und ES-50 anzufliegen. Sie hatte den Treibern gegenüber ihr Versprechen erfüllt.
    Aber war dies wirklich richtig?
    Ihr Treueschwur galt dem Konzil. Sie hatte das Konzil hintergangen.
    Pernath war eine Graue, und das bedeutete, das Konzil war für sie Mutter und Vater zugleich, ein imaginäres Über-Ich, das Zentrum ihres Lebens. Erst die Begegnung mit David terGorden hatte dieses Verhältnis erschüttert und sie in eine ausweglose Situation gebracht.
    Ausweglos?
    Die Mater Pernath lächelte. Nein, es gab einen Ausweg. Und dorthin
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