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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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wird. Sogesehen, ist es nachgerade absurd, die deutschen Exportüberschüsse als Zeichen deutscher Eurogewinne zu interpretieren.
    Natürlich haben Exportüberschüsse insofern ihr Gutes, als sie einen Vermögensaufbau der Inländer im Ausland messen. Der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands ist quasi der jährliche Zuwachs auf dem Sparkonto der Deutschen im Ausland, der sich durch Einzahlungen (Exporte), Entnahmen (Importe) und Zinsen ergibt. Immerhin ist auf diese Weise seit der Ankündigung des Euro auf dem Gipfel in Madrid im Dezember 1995 eine riesige Vermögenssumme in Höhe von netto 1120 Milliarden Euro von Deutschen im Ausland angelegt worden, was in Abbildung 2.6 der Fläche unter der deutschen Kurve entspricht. Die Zinsen auf dieses Vermögen sind Teil des deutschen Sozialprodukts und damit des Einkommens der Deutschen, wenngleich nicht Teil der inländischen Wirtschaftsleistung, wie sie durch das Bruttoinlandsprodukt gemessen wird.
    Hand in Hand mit dem deutschen Vermögensaufbau ist der gleiche Betrag auf den Schuldenkonten des Auslands gegenüber Deutschland angewachsen, irgendwo auf der Welt und natürlich nicht notwendigerweise innerhalb der Eurozone. Bemerkenswert ist aber doch, dass der deutsche Vermögensaufbau, wie Abbildung 2.6 verdeutlicht, spiegelbildlich mit einem Schuldenaufbau in den GIIPSZ-Ländern einherging, die heute in der Krise sind. Diese Länder haben in der gleichen Zeit eine Schuld in Höhe von 1337 Milliarden Euro angehäuft, in diesem Fall durch die Fläche über ihrer Kurve bis zur Zeitachse gemessen.
    Der Vermögensaufbau im Ausland nützt prinzipiell natürlich den Vermögensbesitzern, denn sie erzielen darauf Zinseinnahmen. Deswegen haben sie ihr Geld ja schließlich ins Ausland getragen. Aber die deutschen Arbeitnehmer hatten davon wenig. Die Produktivitätssteigerungen und Lohnerhöhungen, die man durch die mit deutscher Ersparnis im Ausland finanzierten Investitionen ermöglicht hat, hätten sie sicher auch gerne gehabt. Exportüberschüsse nützen deutschen Arbeitnehmern im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Meinung insofern nicht wirklich. Zwar entstehen Arbeitsplätze im Export. Diesen trivialen Effekt hat jeder vor Augen. Doch ohne die Kapitalexporte, die hinter den Exportüberschüssen stehen, wären die Finanzmittel in die inländische Nachfrage geflossen und hätten insofern Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und beim Maschinenbauerzeugt. Die Exportüberschüsse kennzeichnen insofern also keinen Nettoeffekt zugunsten der deutschen Arbeitnehmer. Ein Nettoeffekt entsteht nicht durch die Nachfrage, die durch die in- oder ausländische Verwendung der Ersparnis entsteht, sondern durch die Verwendung der Güter, die aufgrund dieser Nachfrage produziert wurden. Handelt es sich dabei um im Ausland absorbierte Konsum- oder Investitionsgüter, haben die inländischen Arbeitnehmer davon nichts. Sind diese Güter jedoch inländische Investitionsgüter, also Gebäude und Maschinen, die neu platziert werden, dann entstehen mit ihnen Arbeitsplätze, oder sie erhöhen die Produktivität der deutschen Arbeit, was Lohnerhöhungsspielräume schafft. Insofern waren die deutschen Arbeitnehmer ganz sicher nicht die Profiteure der massiven Kapitalexporte, die zu den Exportüberschüssen führten.
    Im Übrigen ergeben sich zunehmend Zweifel, ob das große Sparkonto, das die Deutschen mit ihren Exportüberschüssen im Ausland gebildet haben, überhaupt verfügbar ist, wenn sie es in Anspruch nehmen wollen, weil das eigene Einkommen nicht mehr ausreicht. Wenn die deutschen Babyboomer, die jetzt auf die Fünfzig zugehen, alt und grau sind, nicht mehr so viel arbeiten können und das Geld wiederhaben wollen, das ihre Lebensversicherungen in Südeuropa und sonst wo angelegt haben, dann braucht Deutschland einen Importüberschuss, um die zur Versorgung dieser Menschen notwendigen Güter herbeizuschaffen. Ein solcher Importüberschuss würde ganz automatisch entstehen, wenn die Bevölkerung ihre Ersparnisse zu verbrauchen begönne. Aber das setzt natürlich voraus, dass die ausländischen Kreditnehmer, denen man sein Geld geliehen hat, auch tatsächlich zurückzahlen. Ob sie das angesichts ihrer eigenen demografischen Krise und der heute schon feststellbaren Überschuldung tun werden, steht aber in den Sternen. Kommt das Geld nicht zurück, hat man für den Exportüberschuss umsonst gearbeitet.
    Natürlich weiß man nicht, ob die deutschen Exportüberschüsse und Kapitalexporte tatsächlich
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