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Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge
Autoren: Jörg Zipprick
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bestellen. Zur Vermeidung von Mangelerscheinungen kann zugefüttert werden; im Internet (Suchwort: »barfen«) findet man Rat und eine Reihe kleiner Unternehmen, die versuchen, Alterna­tiven zur handelsüblichen Tiernahrung zu entwickeln.
    Brot und Backwaren
    Brot, Brötchen und Kuchen werden im Supermarkt in der Regel am Ein- oder Ausgang verkauft. Richtig gebacken wird jedoch kaum, tiefgefrorene Teiglinge bekommen hier höchstens die letzte Bräune. Schon allein aus Platzgründen könnten die vielen verschiedenen Sorten Brot und Brötchen, Teilchen und Torten hier gar nicht hergestellt werden. Sie werden von Großbäckereien wie Harry- Brot in Schenefeld geliefert. Mit 3.650 Mitarbeitern erziel te diese Großbäckerei 2011 einen Umsatz von 738 Millionen Euro, die Tagesproduktion der Backwaren beträgt etwa 250 Tonnen. Harry-Brot beliefert 9.370 Märkte, über 6.000 davon bekommen das »Pre-Bake«-Sortiment, also Brote zum Aufbacken. Zu Harry-Brot gehören auch die »Back-Factory«-Geschäfte.
    Vielleicht kommt Ihr Brot aber auch aus der Frankfurter Glockenbäckerei, einem Produktionsbetrieb der Rewe-Gruppe, der mehr als 2.000 Supermärkte beliefert und nach Unternehmensangaben 270 Millionen Euro Umsatz macht. Die Glockenbäckerei beliefert sämtliche Märkte der Rewe-Gruppe, also auch Toom und Penny. Seine Stände nennt das Unternehmen »Back-Off Stationen« – ein Anglizismus, an dem man vielleicht noch feilen sollte, denn das englische »back off« bedeutet im Deutschen so viel wie »Hau ab!«.
    Egal ob Glockenbäckerei oder Harry-Brot – was alle von ihnen belieferten Aufbackstationen gemeinsam haben, ist der unwiderstehliche Duft, der sie umgibt. Sogar wenn nicht einmal aufgebacken wird, müssen die Kunden auf den leckeren Brotduft nicht verzichten. Firmen wie ­Reima AirConcept und viele andere bieten spezielle Duftzerstäuber an, etwa »Bakery, typischer Backstubenduft, appetitanregend«. Wer möchte, der kann seinen Verkaufsbereich auch nach »leckerem Duft nach Käsekuchen«, »verführerischem Duft nach Kaffee und Kuchen« oder, jahreszeitlich bedingt, »aromatischem Duft nach weihnachtlichen Gewürzen« riechen lassen.
    In Frankreich hat der Gesetzgeber versucht, die Verbraucher über die Herstellung der Backwaren zu informieren: Wer noch selbst backt, darf mit dem Schild Boulanger (= Bäcker) werben. Wer nur aufbackt, betreibt einen Point chaud , frei übersetzt einen »Aufwärmpunkt«. Auf diese ­Bezeichnung haben die »Aufwärmer« aber lieber verzichtet. Beim Industriebäcker Paul, einer Tochter der Holder-Gruppe, werden die Verkäufer in traditionelle Kostüme gesteckt und die Ladenausstattung bestimmen alte Heugabeln, geflochtene Körbe, grobes Holz und weißer Putz.
    Auf dem Schild vor dem Laden steht weder Bäckerei noch Aufwärmpunkt, sondern nur der Name der Kette. Die Produkte von Paul werden auch in Belgien, Spanien, Griechenland, Rumänien, der Schweiz, Großbritannien, Marokko, Japan, Thailand, der Türkei, den USA und den Golfstaaten angeboten, sie liegen preislich auf demselben Niveau wie die Erzeugnisse erstklassiger, handwerklich arbeitender Bäcker. Paul erwirtschaftet mit bloßem Aufbacken etwa 450 Millionen Euro Umsatz – was zeigt, dass vielen Kunden der schöne Laden wichtiger ist als gutes Brot. Die eigentlich lobenswerte Initiative des französischen Gesetzgebers lief also ins Leere.
    Auch in Deutschland weiß letztlich kein Verbraucher, was an Zusatzstoffen aus der Chemiefabrik in die Teiglinge wandert, denn nicht verpacktes Brot verfügt über keinerlei Angaben zu Inhaltsstoffen. Die Zeiten, in denen Brot nur aus Mehl, Wasser und Triebmittel, also Hefe und/oder Sauerteig bestand, sind lange vorbei; gut 199 Zusatzstoffe erlaubt die EU im Brot.
    Es ist das übliche Kabinett der »modernen« Ernährung. Oft verwendet werden E 170, E 200, E 202, E 203, E 260, E 262, E 263, E 270, E 280, E 282, E 300, E 322, E 330, E 341, E 412 Guarkernmehl, E 450 Diphosphate, E 463, 464, 466 Hydroxypropylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose, Carboxymethylcellulose, Natriumcarboxymethylcellulose, E 471 Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren, E 472e, 472f Mono- und Diacetylweinsäureester von Speisefettsäuren, gemischte Wein- und Essigsäure­ester von Speisefettsäuren, E 481, E 482, E
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