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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition)
Autoren: Irene Scharenberg
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brachte ihn ganz durcheinander.
    Entsetzt starrte Mark Milton auf die Karteikarte und sank in den Sessel. Erst jetzt bemerkte er, dass er die ganze Zeit gestanden hatte. Hatte er wirklich vermieden, mit dem Kriminalkommissar auf einer Höhe zu diskutieren? Statt über eine Antwort zu grübeln, sah er im Geiste plötzlich die tote Lea vor sich.
    »Entsetzlich«, stammelte er, wobei er die seltsame Angst verspürte, Pielkötter könnte seine geheimsten Gedanken erraten.
    Er schaute kurz in Richtung Fenster, dann wandte er sich wieder seinem Gegenüber zu. »Barbara Winkler war so lebenslustig«, fuhr er nun mit festerer Stimme fort. »Deshalb hat sie auch gar nicht zu diesem Mann mit den eingefahrenen Verhaltensmustern gepasst.«
    Anscheinend ist der wirklich erschüttert, dachte Pielkötter, oder der perfekte Schauspieler. Bei Psychologen fiel es ihm manchmal schwer, beides voneinander zu unterscheiden.
    »Haben Sie Barbara Winkler zur Trennung geraten?«
    »Nein, natürlich nicht. Manchmal legt eine Therapie eine solche Schlussfolgerung nahe, aber der Patient sollte sie schon selbst ziehen.«
    »Immerhin hat Frau Winkler ihren Mann verlassen«, stellte Pielkötter klar. »Zurück zur Gewaltbereitschaft zwanghafter Menschen. Sie können sich also nicht vorstellen, dass ihr Mann sie aus Rache ermordet hat?«
    »Ich kann ihn mir als Täter für diesen grauenhaften Mord genauso wenig vorstellen wie jeden anderen Menschen.«
    Wieso sagt er grauenhaft?, dachte Pielkötter hellhörig, aber dann fiel ihm ein, dass er selbst ein entsetzliches Detail preisgegeben hatte. Zudem war wohl jeder Mord grauenhaft.
    »Eine letzte Frage. Seit der letzten Therapiesitzung haben Sie das Opfer nicht mehr gesehen?«
    »Nein, ganz sicher nicht«, antwortete Mark Milton. »Vor wenigen Monaten hätte ich fast die Chance gehabt. Auf einer Vernissage in ihrer Galerie in Düsseldorf. Mein Freund Daniel Berger hat dort ausgestellt. Leider lag ich an diesem Tag mit Grippe im Bett. Dieses Bild hat er übrigens auch gemalt.«
    Mark Milton wies mit der Hand auf das Gemälde über dem Sofa. Zum ersten Mal seit Pielkötters Anwesenheit deutete er den Anflug eines Lächelns an.
    »Ist Frau Winkler über diesen Herrn Berger an Ihre Praxis geraten?«
    »Meines Wissens nicht. Jedenfalls hat sie nicht darüber gesprochen.«
    »Überlassen Sie mir bitte die Karteikarte«, sagte Pielkötter plötzlich, während er sich müde erhob.
    Der Klang seiner Stimme verriet Mark Milton, wie schwer ihm das Wort »bitte« fiel. Nach kurzem Zögern entschied Mark, die Unterlagen herauszugeben. Wahrscheinlich würde es eher von Vorteil sein, da mit der Polizei zu kooperieren, wo es unbedenklich war.
    Pielkötter verabschiedete sich nun sehr schnell. Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, bemerkte Mark, unter welcher Anspannung er die ganze Zeit gestanden hatte. Irgendwie musste er dringend mit jemandem reden.

    Ehrfurchtsvoll starrte Kriminalkommissar Bernhard Barnowski auf die monströse Villa am Kaiserberg in der Nähe des Botanischen Gartens. In diesem Viertel wohnten keine armen Leute, erst recht nicht in diesem Haus. Sicher war es Barbara Winkler schwergefallen, diese noble Behausung zu verlassen. Der Vorgarten wirkte sehr gepflegt. Wer hier residiert, kann sich wahrscheinlich gleich mehrere Gärtner leisten, dachte Barnowski.
    Mit ungutem Gefühl stieg er die Treppe zu der großen Eingangstür hinauf, einer kunstvollen Kombination aus Glas und Schmiedeeisen. Dabei fühlte er sich nicht so sehr von dem Luxus eingeschüchtert als vielmehr von der Tatsache, dass Herr Winkler den Anwaltsberuf ausübte. Bei Juristen konnte man nicht vorsichtig genug sein, diese Erfahrung hatte er schon gleich zu Beginn seiner Laufbahn gemacht.
    Nachdem er geläutet hatte, schien eine kleine Ewigkeit zu vergehen, ehe ein hochgewachsener Mann Mitte fünfzig die Tür öffnete.
    »Sie wünschen?«, fragte er mit abschätzendem Blick.
    »Kripo Duisburg, Kriminalkommissariat 11«, antwortete Barnowski und zeigte seine Dienstmarke.
    Normalerweise stellte er sich einfach mit »Kripo« vor, aber bei diesem Mann musste alles korrekt sein, das spürte er instinktiv.
    »Was wollen Sie?«
    Ungerührt verharrte Berthold Winkler im Türrahmen, jedenfalls zweifelte Barnowski nicht daran, dass er dem Hausherren persönlich gegenüberstand. Wahrscheinlich rührt sich bei dem nicht ein Sackhaar, dachte Barnowski. Fast hätte er sich ein Lächeln nicht verkneifen können, aber Winklers strenger,
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