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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition)
Autoren: Irene Scharenberg
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Z ufrieden nickte Barbara Winkler ihrem Spiegelbild zu, bevor es in dem kondensierenden Wasserdampf unterzugehen drohte. Mit den hohen Wangenknochen und den leicht schräg stehenden, blaugrünen Augen wirkte ihr Gesicht irgendwie slawisch. Das eben frottierte, immer noch ein wenig feuchte kastanienbraune Haar stand ihr in allen möglichen Richtungen vom Kopf und konnte fast als hypermoderne Frisur durchgehen.
    Barbara Winkler sah jünger aus als einige Jahre zuvor. Zumindest fand sie sich attraktiver, seit sie sich endlich von Berthold getrennt hatte. Heute verstand sie kaum noch, wie sie es mit ihrem Ehemann so lange hatte aushalten können. Ewig dasselbe Programm. An Wochentagen Fernsehen genau bis zum Spätfilm, Sex am Samstag nach den letzten Nachrichten und im Sommer immer in denselben Tiroler Ferienort, bis zur goldenen Anstecknadel. Nun würde Berthold sich die Anstecknadel allein an das Trachtenhütchen stecken. Sie lachte mehrmals laut auf, während sie das Badetuch über ihre immer noch festen Brüste rieb.
    Plötzlich ertönte die Türglocke. Das musste Frederik sein, etwas zu früh natürlich, aber bei Frederik wusste man nie. Das war ja gerade die Spontaneität, die ihr bei Bertold immer gefehlt hatte. Eilig huschte sie aus dem Badezimmer, öffnete die Wohnungstür, ließ sie aber angelehnt und kehrte vor den halb vernebelten Spiegel zurück.
    »Bin noch unter der Dusche«, rief sie, als sie Schritte in der Diele hörte.
    Insgeheim wünschte sie sich, dass Frederik Bodenthal zu ihr ins Bad kam, noch ehe sie sich angezogen hatte. Die Aussichten dafür standen gut. Der Gedanke an ein völlig unerwartetes Liebesspiel unter der Dusche erregte sie. Während sie das Badetuch über die harten Brustwarzen spannte, stellte sie sich vor, wie sie es zu Boden fallen lassen würde, sobald der lüsterne Blick des Geliebten auf ihrem Körper ruhte. Sie seufzte wohlig. Doch ehe sie sich die Situation noch weiter ausmalen konnte, spürte sie schon einen leichten Luftzug an den nackten Schultern, der sie erschauern ließ. Er war zu ihr hereingekommen. Aber sie drehte sich nicht um, suchte sein Gesicht im Spiegel – und fuhr erschrocken zusammen.
    Der Mann, dessen eiskalte Augen wie aus dem Nebel auftauchten, war nicht Frederik. Dennoch sah sie sein Gesicht nicht zum ersten Mal. Sie wollte aufschreien, aber vor Schreck brachte sie keinen Laut über ihre Lippen. Sie wollte Fragen stellen, doch die Antwort auf die wichtigste Frage las sie in dem entschlossenen, mitleidlosen Blick.
    Wortlos trat der Eindringling hinter sie. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Kaltes Metall fuhr ihren Rücken entlang und hinterließ einen brennenden Schmerz. Das Badetuch glitt an ihrem Körper hinunter. Automatisch blickte sie zum Boden und bemerkte mehrere Blutflecken auf dem weißen Frottee. In wilder Panik drehte sie sich um. Sie wollte dem Angreifer ins Gesicht sehen, ihn um Gnade anflehen oder einen kurzen Moment der Unentschlossenheit nutzen, um an ihm vorbei aus dem Bad zu stürzen. Während sie sich drehte, verzog sich sein Mund zu einem höhnischen Grinsen. Vergeblich suchte sie in seinem Blick nach Erbarmen.
    »Du Hure«, flüsterte er, während er den Dolch in seiner Rechten nach oben schwenkte. »Hast geglaubt, ungestraft davonzukommen. Aber ich bin hier, um Sühne zu verlangen für das Unrecht, das du begangen hast.«
    »Nein!«, schrie sie und stürmte an ihm vorbei.
    Bevor sie jedoch die Tür erreichen konnte, drückte sich eine Hand auf ihren Mund. Sie wollte um sich schlagen, aber ein höllischer Schmerz durchfuhr ihren Unterleib und raubte ihr fast die Besinnung. Wie in Trance nahm sie wahr, dass ihr Körper zu Boden sank, die blutige Waffe vor ihren Augen tanzte und schließlich ihren Bauchnabel zerfetzte. Während der Mann ein Herz in ihre Brust ritzte, verlor sie das Bewusstsein. Von dem Stich mitten durch ihr Herz spürte sie schon nichts mehr.
    Tief befriedigt blickte der Mann auf ihren blutüberströmten, nackten Körper. Aber lange konnte er sich diesem Genuss nicht hingeben. Jetzt hieß es, die Spuren zu verwischen. Hatte er wirklich an alles gedacht?, überlegt er , ohne den Blick von der Toten zu wenden. Wie erwartet klebte das meiste Blut, das er unfreiwillig mitbekommen hatte, an seiner großen, abwaschbaren Schürze. Er streifte sie ab, hielt sie über die Duschtasse und drehte den Wasserhahn auf. Während das Wasser auf das helle Gummi prasselte und ein rot gefärbtes Rinnsal in Richtung Abfluss trieb,
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