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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Nugent
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hat nicht so gut funktioniert. Man hat sich auseinandergelebt, und ich habe sie ohne Reue, wie mir scheint, ziehen lassen. Freunde sind nur dazu da, einem die eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen zu führen. Ich habe etliche Bekannte. Familie habe ich auch keine, zumindest keine nennenswerte. Keine, auf die es ankäme.
    All die Jahre war Alice geradezu vorbildlich diskret, hat sich stets aus meinen Angelegenheiten herausgehalten. Ein Muster an Folgsamkeit, das nur gelegentlich aufbegehrte. Ich bin nicht gewalttätig und bin es nie gewesen. Wie konnte sie es wagen, mich so gegen sich aufzubringen?
    Ich ging an den Tresen und kaufte Zigaretten. Starke. Ich fürchtete, meine Hände noch immer nicht unter Kontrolle zu haben. Soll Brandy nicht in Situationen wie diesen helfen? Von wegen. Typisches Weibergewäsch. Weiber.
    Draußen im so genannten »Biergarten« (ein zur Hälfte überdachter Hof neben der Tür) steckte ich mir meine erste seit vielen Jahren an. Sofort kam Barney Dwyer an, ein Nachbar aus den Villas. Barney verbringt mehr Zeit im Biergarten als im Pub.
    »Dachte, du hättest aufgehört.«
    »Habe ich.«
    »Tja«, meinte er und zog selbstgefällig an seiner Rothmans. »Mich haben sie nicht kleingekriegt.«
    Nicht das schon wieder. Barney rühmt sich seiner vierzig Kippen am Tag. Nach Einführung des Rauchverbots haben die meisten von uns versucht aufzuhören. Ich kann mit Stolz von mir behaupten, dass es mir als Erstem gelungen ist. Man nannte mich auch den »Mann mit dem eisernen Willen«. Barney hat es gar nicht erst versucht. Selbst wenn er Nichtraucher gewesen wäre, hätte er spätestens an dem Tag angefangen, als das Rauchverbot eingeführt wurde. Verdammter Querkopf. Schmales Gesicht, Segelohren.
    »Willkommen im Club«, sagte er.
    »Ich hab nicht wieder angefangen. Ich rauch nur eine. War kein guter Tag heute.«
    »Mensch, Oliver, bei der einen bleibt es nie. Du hast wieder angefangen, so sieht’s aus.«
    Ich ließ die fast aufgerauchte Zigarette auf den Boden fallen und trat sie aus. Dann warf ich Barney die angebrochene Packung zu.
    »Da, kannst du behalten. Qualm dich zu Tode.«
    Letztlich hat Alice nur das Schlechteste in mir zum Vorschein gebracht. Von einer Ehefrau hätte ich das Gegenteil erwartet. Trotz allem habe ich sie sehr gemocht, auf meine Weise. So war sie, dank der vielen Gourmet-Kochkurse, zu denen ich sie geschickt habe, eine fantastische Köchin. Und im Bett konnte sie sehr ausdauernd sein, was mir nur recht war. In Anbetracht ihres derzeitigen Zustands stimmt es einen geradezu traurig, an all diese Dinge zu denken.
    Wir haben uns 1982 bei der Präsentation eines Buches kennengelernt, für das sie die Illustrationen gemacht hatte. Mein Agent stellte sie mir vor. Es war angedacht, dass sie das Kinderbuch illustrierte, das ich geschrieben hatte und für das er gerade einen Verlag zu finden versuchte. Zunächst stand ich dem Vorschlag skeptisch gegenüber. Illustrationen, so fand ich, würden nur von meinem Text ablenken. Doch ich muss zugeben, dass mein Agent recht hatte. Bebildert ließ sich das Buch viel besser vermarkten. Wir wurden einander vorgestellt, und ich bilde mir gern ein, dass da gleich ein … irgendetwas war. Dass es gefunkt hätte, wäre wohl zu viel gesagt, eher war es ein gegenseitiges Erkennen. Manche Leute nennen das Liebe auf den ersten Blick. So naiv bin ich nicht.
    Wir standen beide nicht mehr in der ersten Blüte unserer Jugend; wir waren Ende zwanzig, wenn ich mich recht erinnere. Alice hatte etwas Sanftes an sich, das mich reizte. Mir gefiel ihre ruhige Art und dass sie wenige bis gar keine Forderungen an mich stellte. Was ich ihr an Aufmerksamkeit schenkte, nahm sie dankend an und zog sich ohne Murren zurück, wenn ich ihrer nicht bedurfte.
    Wenige Monate später heirateten wir. Wozu Sachen unnötig auf die lange Bank schieben? Hinter uns am Altar ihre kränkelnde Mutter und ihr schwachsinniger Bruder; von meiner Seite natürlich niemand. Das ganze Theater mit Hotel und Empfang sparten wir uns und feierten in einem Bistro in der Stadt, das einem ehemaligen Kommilitonen von mir gehörte, Michael. Barney war auch dabei. Damals mochte ich ihn eigentlich ganz gern. Niemand war bei der Trauung so sehr zu Tränen gerührt wie er, und konnte man es ihm verdenken?
    Die ersten paar Jahre haben wir eine geräumige Wohnung am Merrion Square gemietet. Ich bestand auf einer großen Wohnung, da ich zum Schreiben Ruhe brauche. Ich kann nur hinter geschlossenen Türen
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