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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers
Autoren: Carrie Vaughn
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die Vorstellung, nach Las Vegas durchzubrennen, viel weniger sexy, wenn die eigene Mutter mit von der Partie war.
    »Ist schon okay, Mom, ihr müsst wirklich nicht...«
    »Oh, nein, es wird Spaß machen. Und du hast recht, eine große Hochzeit pro Familie reicht wahrscheinlich. Du solltest etwas anderes machen. Ich rufe gleich Cheryl an und frage, ob sie mitkommen möchte, und Marks Eltern passen bestimmt gern für ein paar Tage auf die Kinder auf...«
    Na ja. Wenigstens waren da immer noch der Swimmingpool und die schicken Cocktails.
    Die Regel, dass Vampire einen Ort nicht uneingeladen betreten konnten, traf tatsächlich zu. Allerdings bezog sie sich nur auf Privatwohnungen. Öffentliche Gebäude wie beispielsweise Bürohäuser stellten keinerlei Hindernis dar. Etwa eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit - genug Zeit, um aufzuwachen, sich anzuziehen, vielleicht ein Häppchen, wörtlich gemeint, von seinen willigen Spendern zu sich zu nehmen und herzufahren - erschien Rick im Türrahmen meines Büros.
    »Hallo«, sagte er, und ich zuckte zusammen, weil ich ihn nicht kommen gehört hatte. Als wäre er plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht, und gleichzeitig wirkte es so, als habe er hier schon stundenlang gestanden. Die Hände in den Taschen seiner maßgeschneiderten Bundfaltenhose, lehnte er am Türpfosten und lächelte schief. Er hatte dunkle Haare und fein geschnittene Gesichtszüge, zog sich gut an und sah fantastisch aus, wie ein Sprössling der Oberschicht, der Reichtum und Aufmerksamkeit gewohnt war. Wie eine gut erhaltene Leiche, die er ja auch war.
    »Ich kann es nicht ausstehen, wenn du das machst«, sagte ich.
    »Ich weiß. Tut mir leid«, sagte er und klang dabei alles andere als bedauernd. »Wie geht es dir? Klappt es mit dem Rudel?«
    Es war eigenartig gewesen, das Rudel zu übernehmen. Ich war ins Exil verschwunden und dann ein Jahr später wie der Lone Ranger aus allen Rohren feuernd zurückgekehrt, um die Bösewichte aus der Stadt zu verjagen. Ein paar der anderen, stärkeren Wölfe im Rudel hätten die Gelegenheit nutzen und mich herausfordern, meine Autorität in Frage stellen können. Bisher war es mir gelungen, alle davon überzeugen, es nicht zu tun. Doch so genau brauchte Rick es nicht zu wissen.
    »Großartig. Uns geht es prima. Ich glaube, alle sind so glücklich, neue Alphas zu haben, dass es ihnen ganz egal ist, wer sie jetzt anführt.«
    »Ach, anfängliche Schonzeit. Genieß sie, solange sie währt.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Nichts. Ich bin mir sicher, dass du das hinkriegen wirst.«
    Ich bedachte ihn mit meinem süßesten Unschuldslächeln. »Und wie geht es den Vampiren mit ihrer neuen Führung?«
    »Ich genieße die Schonzeit, solange sie währt.«
    »Darauf gehe ich jede Wette ein. Jetzt erzähl mir von diesem Gefallen.«
    Je länger Rick das Thema vermied, umso wahrscheinlicher war es, dass es etwas war, das mir nicht behagen würde. Den ganzen Tag hatte ich mir das Hirn deswegen zermartert. Auf keinen Fall würde ich mich für ihn in
    Kämpfe verwickeln lassen. Ben und ich wären allein in Vegas, ohne das Rudel, und ich würde gewiss nicht die Sicherheit meines Partners für irgendwelche Vampirspielchen aufs Spiel setzen. Wenn er mich um so etwas bitten sollte, würde ich ihm die Meinung sagen.
    Er trat an meinen Schreibtisch und zog einen Briefumschlag aus der Tasche. »Ich möchte, dass du dem Gebieter von Las Vegas eine Nachricht überbringst.«
    Die meisten Großstädte hatten einen Obervampir, jemanden, der die örtliche übernatürliche Unterwelt im Zaum hielt. Warum sollte Las Vegas da eine Ausnahme darstellen? Doch insgeheim fragte ich mich, was für eine übernatürliche Unterwelt eine Stadt wie Vegas haben mochte. Bei dem Gedanken lief mir ein Schauder über den Rücken. Auf einmal fragte ich mich, ob ich bereit dafür war. Manchmal kam ich mir immer noch wie ein Jungtier vor.
    »Und wer ist der Vampirgebieter von Las Vegas?«
    »Das ist Dom, der Inhaber des Napoli Hotels und Casinos. Es wird nicht schwer sein, ihn zu finden.«
    Das Napoli war eines der älteren Hotels, keines der superprotzigen, spektakulären Themenhotels, die gerade modern waren; aber es hatte es geschafft, sich selbst neu zu erfinden und aktuell genug zu bleiben, um immer noch beliebt zu sein. Es stand für Alte-Welt-Opulenz. Da ich nun wusste, dass es von einem Vampir geführt wurde, ergab das auch Sinn.
    Ich griff nach dem Umschlag. Natürlich versiegelt. Es stand noch nicht einmal ein
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