Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers
Autoren: Carrie Vaughn
Vom Netzwerk:
um mich nicht zu mögen. Das hier war ein Kerl, der etwas gegen Werwölfe hatte. Ich ging jede Wette ein, dass er irgendwo eine Schachtel Silberkugeln aufbewahrte.
    Scharfsinnig, wie Ben war, entging ihm der feindselige Blick nicht. »Boris, das hier ist Kitty Norville.«
    »Ich weiß, wer sie ist. Darf ich fragen, warum du dich mit einem Werwolf herumtreibst?«
    Wenn Boris bloß wüsste ... Ich hatte mich quasi öffentlich zu meinem Werwolfdasein bekannt, Ben hingegen nicht. Da ich wissen wollte, wie er die Sache handhaben würde, verhielt ich mich still.
    »Ich bin ihr Anwalt.«
    Genau diese Taktik hatte ich erwartet. Ich setzte ein, wie ich hoffte, neutrales Lächeln auf.
    Boris verschränkte die Arme. »Das ist ziemlich komisch, wenn man manche deiner anderen Mandanten be-denkt.«
    »Glaub mir, das weiß ich.«
    »Wo wir schon einmal dabei sind, ich habe gehört, dass Cormac in den Knast gewandert ist. Vielleicht hätte er sich einen anderen Anwalt nehmen sollen.«
    »Vielleicht hat er es seinem Anwalt zu verdanken, dass er vier Jahre wegen Totschlags sitzt anstatt lebenslänglich wegen Mordes.«
    Sie starrten einander unverwandt und herausfordernd an. Ich fragte mich, wie Bens Wolf damit zurechtkam. Äußerlich wirkte Ben gelassen, ein undefinierbares Lächeln umspielte seine Lippen.
    Cormac war Kopfgeldjäger, ein Auftragskiller, und seine bevorzugten Opfer waren übernatürlich. Werwölfe, Vampire, andere seltsame Erscheinungen, von denen die weltlichen Behörden kaum etwas wussten und mit denen sie noch viel weniger fertig wurden. Außerdem war er Bens Cousin und mein Freund. Dass Boris ihn kannte oder zumindest von ihm gehört hatte, sagte etwas über ihn und die Kreise aus, in denen er verkehrte. Jetzt war ich mir ganz sicher, dass er irgendwo eine Schachtel mit Silberkugeln aufbewahrte.
    Da fiel die Anspannung von ihnen ab. Meiner Meinung nach hatte Boris als Erster geblinzelt. Jedenfalls verzog er die Lippen zu einem schmalen Lächeln. »Vielleicht hast du recht«, sagte er.
    »Es war eine Pechsträhne«, sagte Ben, was dem, was Cormac zugestoßen war, schon näher kam. »Hätte jedem passieren können.«
    »Bist du wegen der Ausstellung hier?«
    »Nein. Ich bin wegen ihrer Show hier. Und du? Du scheinst bei diesen Dingen immer ein Eisen im Feuer zu haben.«
    »Auf jeden Fall«, sagte Boris, ohne näher darauf einzugehen. Doch er sah mich immer wieder an, als betrachte er mich mit zusammengekniffenen Augen durch das Visier einer Waffe. Es verursachte mir eine Gänsehaut.
    »Wir sollten wahrscheinlich los.« Ben drehte sich zu mir um, eine Braue fragend emporgezogen, als sei ich auch nur im Geringsten an dem Gespräch beteiligt gewesen.
    »Wahrscheinlich«, sagte ich.
    »Tja, dann. Vielleicht sehen wir uns noch. Pass auf dich auf«, sagte Boris.
    Wir sahen ihm nach, wie er die Lobby durchquerte und das Hotel durch den Vordereingang verließ. Ben seufzte.
    Ich sagte: »Wer zum Teufel ist das, und woher kennst du ihn?«
    »Das ist Boris«, sagte er. »Derselbe Berufszweig wie Cormac. Es ist ein ziemlich kleiner Kreis, jeder kennt jeden. Ich habe schon die Hälfte von ihnen das eine oder andere Mal vor Gericht vertreten.«
    Das ist mein Schatz, Anwalt der Gruselfiguren. »Ihn auch?«
    »Himmel, nein«, sagte Ben mit einem Stirnrunzeln. »Das ist ein unangenehmer Zeitgenosse.«
    Und Cormac nicht? Nun ja. »Er hat also irgendwo eine Schachtel mit Silberkugeln.«
    »Wahrscheinlich etliche.«
    »Ich hab’s gewusst. Das hab ich ihm gleich angesehen.«
    »Genau das ist der springende Punkt, das Äußere ist eigentlich bloß Schau. Boris ist das Gesicht, er arbeitet mit jemandem, der die meiste Arbeit erledigt. Es ist ein Taschenspielertrick. Die Leute sind so damit beschäftigt, sich wegen ihm Sorgen zu machen, dass niemand auf seinen Partner achtet.«
    »Und wer ist das? Schleicht er hier auch herum?« Ich ließ meinen Blick durch die Lobby schweifen auf der Suche nach verdächtigen Gestalten, die sich hinter neoklassizistischer Bildhauerkunst versteckten.
    »Sie. Sylvia. Und nein, ich kann sie nicht sehen. So soll es wohl auch sein.« Er sah über die Schulter, als habe er auf einmal Angst. Paranoia war letztlich eben doch ansteckend.
    Jemand würde vor Ablauf des Wochenendes einen Schuss auf mich abfeuern, das wusste ich einfach.
    »Noch was: Du bist mein Anwalt? Nicht mein Verlobter?«
    »Da hätte ich viel zu viel erklären müssen. Das weißt du.«
    »Ja, klar. Aber du bist offiziell gar nicht mehr mein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher