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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)
Autoren: Max Landorff
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entkommen. Aber hier und jetzt fragte er sich nur, was der Münchner Kripomann Gritz von ihm gewollt hatte.

Mittwoch, 4. Oktober
    (t 0 minus 58)
    Rainer Gritz überlegte schon den ganzen Tag, ob er dem Fußballverein Bayern München nun endgültig seine Treue aufkündigen sollte. Die Saison hatte gerade erst angefangen, zwei Siege, vier Unentschieden, und schon wurde wieder die Trainerfrage gestellt. Heute Abend war das erste Spiel in der Champions League, auswärts in Mailand. Gritz würde natürlich vorm Fernseher sitzen, aber ihm graute schon vor dem Anblick der Vorstandsherren, wie sie selbstgerecht auf der Tribüne saßen, die Gesichter versteinert, weil ein Verteidiger zu spät in eine Flanke gegrätscht war. Alte Recken allesamt, Legenden auf dem Spielfeld, aber inzwischen tumbe Sturköpfe, die nicht abtreten konnten. Gritz war es ernst mit seinen Überlegungen, er war überhaupt ein ernsthafter Mensch, mochte es, wenn die Dinge eine Ordnung hatten, auch in seinem Kopf. Sein früherer Chef August Maler hatte mal gesagt, »Gritz, Sie sind ein Entweder-oder-Mann, für Sie gibt’s nur ja oder nein, 0 oder 1 wie beim Computer.« Er hatte es kopfschüttelnd gesagt, aber dennoch fast wie ein Kompliment. Wahrscheinlich, weil Gritz’ hartnäckige Suche nach dem Entweder-oder zu einigen guten Ermittlungsergebnissen geführt hatte.
    In München regnete es seit drei Tagen praktisch ununterbrochen. Von wegen herrlicher Herbst. Die Menschen waren genervt, der Blick auf den Wetterbericht ließ den Eindruck entstehen, es sei überall schönes Wetter, nur in der Münchner Gegend nicht. Umgekehrt kannte man das, aber so? Am Abend zuvor, schon nach 22 Uhr, war am Flughafen Franz Josef Strauß ein sonderbarer Unfall passiert, der schließlich auch Rainer Gritz aus dem Bett geholt hatte. Eine kleine Privatmaschine, eine Cessna 172, war vollständig ausgebrannt, auf ihrem Stellplatz, wo sie schon seit 14 Tagen geparkt war. Der Regen hatte das Feuer nicht verhindern können. Das Ganze war zunächst nur ein technisches Rätsel: War etwas an der Elektrik defekt gewesen? Sabotage? Doch dann entdeckten die Feuerwehrleute zu ihrer Überraschung zwei stark verkohlte Leichen in den Resten des Cockpits, und die Nachtruhe des Rainer Gritz endete. Die Toten waren ein Mann und eine Frau, das war schnell klar, und offensichtlich handelte es sich bei dem Mann um den Besitzer der Maschine. Als Gritz den Namen erfuhr, stutzte er und nahm sich vor, der Sache gleich am nächsten Morgen mit einem Anruf auf den Grund zu gehen: Entweder – oder.

    Am Morgen hatte das Handy am anderen Ende noch vergeblich geklingelt, aber jetzt, am Nachmittag, nahm jemand ab.
    »Ja.«
    »Herr Tretjak?« Gritz saß in seinem Wagen, ein weiteres Mal auf dem Weg zum Flughafen. Wie immer um diese Uhrzeit: Stau.
    »Ja. Herr Gritz, Sie haben heute schon mal angerufen. Wie geht es Ihnen?«
    Die Frage überraschte Gritz. Schon damals hatte er gefunden, dass Gespräche mit Tretjak immer irgendwie merkwürdig verliefen. »Mir geht’s gut«, antwortete er. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich freue mich über die Sonne. Ich mache gerade Ferien am Lago Maggiore. Sie erinnern sich, das Häuschen meines Vaters.«
    »O ja. Schön dort«, sagte Gritz. »Sagen Sie, Herr Tretjak, besitzen Sie ein kleines Flugzeug? Haben Sie den Pilotenschein?«
    »Weder noch«, antwortete Tretjak. »Warum fragen Sie mich das?«
    »Gestern ist hier jemand umgekommen, in seiner Cessna, verbrannt. Die Umstände sind noch ungeklärt. Der Mann hat denselben Namen wie Sie.«
    »Tretjak?«
    »Er hat sogar Ihren Vornamen: Gabriel. Und denselben Geburtstag, 13. August.«
    »Aber ich bin es ja nicht. Offensichtlich«, sagte Gabriel Tretjak. Der Gabriel Tretjak, den Gritz kannte.
    »Ja. Offensichtlich«, wiederholte er.
    »War es das schon, Herr Kommissar?«
    »Eigentlich ja«, sagte Gritz. »Es gibt ja solche Zufälle.«
    »Allerdings«, sagte Tretjak. »So besonders selten ist der Name auch wieder nicht.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Tretjak. Alles Gute.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Tretjak, und beinahe hatte Gritz schon aufgelegt, als er noch etwas hinzufügte »Übrigens habe ich nicht am 13. August Geburtstag, sondern am 12. August.«

    Gritz hatte die Faxen jetzt dicke mit dem Stau, holte sein Blaulicht aus dem Handschuhfach, setzte es durchs Fenster aufs Dach und wechselte auf den Standstreifen der Autobahn, wo er zügig beschleunigte. Warum hatte er bei diesem Tretjak immer das Gefühl, dass der mehr
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