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Die Steinzeit-Diaet

Die Steinzeit-Diaet

Titel: Die Steinzeit-Diaet
Autoren: Arthur de Vany
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erleichtern–im Gegenteil: Häufig scheinen sie ihn eher noch zu verschlimmern.
    Man kann die evolutionäre Geschichte unserer Art anhand der Entwicklung eines menschlichen Fötus nachvollziehen. Das heranreifende Kind sieht zunächst aus wie ein kleiner Fisch, dann wie eine Kaulquappe, anschließend wie ein Frosch oder vielleicht wie eine große Garnele. Kleine Knospen sind an den Stellen zu erkennen, an denen sich Gliedmaße entwickeln werden; die Rippen des fischartigen Skeletts verschmelzen, um ein Becken zu bilden; der Kopf wächst, und Augenknospen treten hervor. Allmählich beginnt der Fötus, wie ein blasser, aufgerollter Delfin auszusehen. Erst nach und nach entsteht aus ihm etwas, das wie ein Mensch aussieht.
    Ein menschliches Baby, das heute geboren wird, hätte vor 40.000 Jahren genauso leicht heranwachsen können; und ein Baby, das vor 40.000 Jahren zur Welt gekommen ist, sah auch nicht anders aus als die Kinder heutzutage. Sie hätten dieselben Gene und würden sich in beiden Zeitaltern zu normalen Kindern und Erwachsenen entwickeln. Jedes Kind, das in unserer Zeit geboren wird, trägt Gene, die es auf ein Leben als Jäger und Sammler vorbereiten–die Beschäftigungen, denen bislang jeder Mensch nachging … außer jenen, die nach der jüngsten Erfindung der Landwirtschaft vor rund 10.000 Jahren geboren worden sind.
    Es ist allerdings bemerkenswert, wie wacker wir uns in der modernen Welt schlagen. Ein Säugling, der heute geboren wird, verfügt nicht über mehr genetische Anweisungen, wie er überleben kann, als ein Baby, das vor 40.000 Jahren auf die Welt gekommen ist. Die heutigen Babys sind nicht stärker, klüger oder besser auf das Leben vorbereitet als diejenigen in grauer Vorzeit. Obwohl Steinzeit-Kinder aufwuchsen, um Faustkeile und Speere für die Mammutjagd herzustellen, nutzten sie die gleichen Nervenbahnen und erlernten dieselben Fähigkeiten, die Kindern heute dazu dienen, sich anzueignen, wie man Computerchips produziert oder Geschäfte abschließt. Sie verfügen über das gleiche Gehirn und den gleichen Körper und können folglich ähnliche Gedanken haben und–mit ausreichend Training–dieselben Tätigkeiten ausführen. Sie sind nur deshalb anders, weil sie in verschiedenen Welten leben: Das ist der springende Punkt.
    Das Baby, dessen Gene, Gehirn und Körper davon ausgehen, dass es ein Jäger und Sammler wird, wächst heran und wird schließlich Verkaufsleiter oder Steuerberater.
    Statt auf der Suche nach Nahrung durch die afrikanische Savanne zu ziehen, kauft dieser Mensch im Supermarkt ein. Statt eine Antilope zu verfolgen, grübelt er über Finanztransaktionen und Tabellen. Und gewiss hat sich keiner seiner Vorfahren je nach Pommes frites gesehnt oder eine Limonade getrunken.
    Viele Lebensmittel, die wir heute zu uns nehmen, bestehen aus evolutionärer Sicht aus völlig neuartigen Bestandteilen. Die menschliche Vorliebe für Süßes ist eine evolutionäre Anpassung–eine Fähigkeit oder eine Eigenschaft, die in einer bestimmten Umgebung einen besonderen Vorteil verschafft–, die in einer Umgebung entstanden ist, in der solche Leckereien selten waren und konzentrierte, nützliche Energie versprachen. So schätzten Jäger und Sammler beispielsweise auch damals schon Honig und nahmen den Zorn von Wildbienen in Kauf, um an diese Süßigkeit zu gelangen. Früchte waren für unsere Vorfahren nur in bestimmten Jahreszeiten verfügbar; wenn sie also welche fanden, neigten sie dazu, alles zu essen, was sie einsammeln konnten. Diese einst nützliche Vorliebe für Zucker bringt heute viele Diätpläne zum Scheitern. Sie sorgt dafür, dass wir Süßigkeiten nur schwer widerstehen können, insbesondere wenn sie sich in unserer Nähe befinden.
    Doch selbst wenn einige unserer evolutionären Anpassungen uns heute nicht mehr zum Vorteil gereichen, ist unsere Lebensqualität besser denn je. Wir genießen eine größere Sicherheit und mehr Komfort und werden kaum mehr von jenen Krankheitserregern und Parasiten bedroht, unter denen viele unserer Vorfahren litten. Heute sterben wesentlich weniger Kinder als noch in der Altsteinzeit. Die Lebenserwartung ist höher, nicht nur bei der Geburt, sondern in allen Altersstufen (wenn auch nicht so deutlich, wie man in späteren Jahren erwarten könnte). 3
    Bei unseren Ahnen war die Wahrscheinlichkeit, in jedem Alter zu sterben, höher als bei uns, doch sie verbrachten einen geringeren Anteil ihres Lebens mit Gebrechen. Der moderne Mensch lebt länger,
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