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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Autoren: Mary Jo Putney
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und Raum, um Jean zu berühren, damit er ihrer silberhellen Kraft nach Hause folgen konnte.
    Das Letzte, was er sah, waren Kondos Wut und Verzweiflung, die er in die dunkle Nacht hinausschrie. Möge Gott sich der verwundeten, verdrehten Seele dieses Manns erbarmen!

 
    Jean folgte Nikolai und schützte ihn mit einem Teil ihrer Macht, während sie noch mehr Unterstützung von den anderen suchte. Bethany und Mary waren unablässig bei ihr, genau wie auch die anderen erfahrenen Hüter.
    Es war ein Schock für sie gewesen festzustellen, dass sie auch über frühere Grenzen hinweg Menschen in Zeiten und an Orten erreichen konnte, die ihr völlig fremd waren. Selbst Adia war da und steuerte aus einer fünfzig Jahre zurückliegenden Zeit ihren Teil an Kraft bei. Die Anstrengung, all diese Macht zu kanalisieren, war fast zu viel für Jean, aber sie schaffte es, Nikolai die Unterstützung zu geben, die er brauchte, um die Energie des Dämons zu vernichten.
    Sie hatte ihren Stuhl dicht neben Nikolais gestellt, weil sie seine Hand halten musste, während er zu unvorstellbaren fernen Orten reiste. Trotz der unmenschlichen Anstrengung, die sie aufbrachte, war sie sich vage der Debatte bewusst, die im Saal stattfand. Die Argumente waren jenen ähnlich, die sie vorher schon gehört hatte, aber das Gewicht hatte sich verlagert. Mehr und mehr Leute sprachen sich für die Abolition aus, als der Dämon an Kraft verlor.
    Mary schnaubte. »Dieser Heuchler war jahrelang für die Sklaverei! Und jetzt, da er sieht, dass sich die Strömung ändert, unterstützt er die Abolition.«
    »Ein Heuchler ist er, doch nun ist er unser Heuchler, und das ist das Einzige, was zählt«, erwiderte Bethany pragmatisch.
    Die Stimme eines neuen Sprechers erfüllte den Saal, und diesmal war sie Jean nicht unbekannt. Als sie die Augen öffnete und in den Saal hinunterblickte, sah sie einen wutschnaubenden, rotgesichtigen Captain Trent, der zeterte, die Sklaverei sei die Grundlage von Englands Wohlstand, und jeder, der anderer Meinung sei, sei ein gottverdammter Verräter! Seine Stimme war so unbeherrscht und cholerisch, als glaubte er, die Wähler durch blanke Wut auf seine Seite bringen zu können.
    Jean wandte ihre Aufmerksamkeit gerade wieder Nikolai zu, als plötzliches Geschrei den Saal erfüllte. Überrascht blickte sie über die Balustrade und sah, dass Trent zusammengebrochen war. Andere Abgeordnete scharten sich aufgeregt um ihn. Einer war Lord Buckland, der nach einem Puls an Trents Brust und Kehle suchte. Als er sich aufrichtete, schüttelte er den Kopf. Mit klarer, mitfühlender Stimme, die im ganzen Saal zu hören war, erklärte er:
    »Der ehrenwerte Herr Abgeordnete aus Liverpool hat uns verlassen.«
    Eine andere, ebenso klare Stimme - Wilberforces? - sagte: »Gott hat ihn für seine sündhaften Überzeugungen gestraft!«
    Nach einem allgemeinen scharfen Einatmen wurde es totenstill im Saal. »Gut gemacht!«, lobte Bethany gedämpft.
    Schließlich sagte eine schroffe Stimme: »Vielleicht sollten wir die Sitzung vertagen.«
    »Die Zeit für Verzögerungen ist vorbei«, gab Buckland in entschiedenem Ton zurück. »Wir haben alle unsere Überzeugungen dargelegt. Der ehrenwerte Abgeordnete aus Liverpool würde vielleicht noch leben, wenn es nicht so viele Aufschübe gegeben hätte. Also lasst uns jetzt zur Abstimmung kommen, sage ich!«
    Ein zustimmendes Gemurmel folgte. Dann entstand eine kurze Pause, als Trents Leichnam aus dem Saal getragen wurde.
    Jeans Aufmerksamkeit kehrte zu Nikolai zurück, als seine Hand sich fest um ihre schloss. Sie fuhr auf ihrem Stuhl herum und sah zu ihrer Bestürzung, dass sein dunkles Haar an den Schläfen ergraut war. »Nikolai?«
    Müde öffnete er die Augen. »Ich will nie wieder in diese Welt zurückkehren.«
    »Das ist auch nicht nötig. Ich glaube, du hast den Tag gerettet. Die Abstimmung wird gleich beginnen.« Als sie näher an die Balustrade rückten, sagte sie: »Captain Trent ist vor ein paar Minuten mitten in einer Pro-Sklaverei-Rede tot zusammengebrochen.«
    Nikolai schwieg einen Moment. »Am Ende habe ich Kondo mit Trents Niedertracht konfrontiert und ihm erklärt, dass sein früherer Besitzer ihn jederzeit wieder in die Sklaverei verkaufen würde, wenn er einen guten Grund dafür hätte. Ich glaube, dass ich damit an einen wunden Punkt, an eine geheime Furcht gerührt habe. Vielleicht hat Kondo Trent angegriffen, und das hat das Herzversagen des Mannes verursacht. Die Energie, die Kondo aufbaute,
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