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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
Autoren: Jochen Hellbeck
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Instituts] war für den 23. August geplant. Es war ein freier Tag. Wir bereiteten uns zwei Tage lang vor. Am Abend sollte ein Dampfer kommen, und es war beschlossen, das jüngste Semester, die Bibliothek und den Lehrstuhl für Theorie zu evakuieren. Die Bücher der Erstsemester und die Ausrüstung des Lehrstuhls für Theorie waren verpackt. Es war ein schöner, sonniger Tag. Bis zum Abend luden wir alles in Fahrzeuge und fuhren damit ans Ufer. Um zwei Uhr begann ein intensives Bombardement, und der Alarm hörte nicht mehr auf. Um sieben sollte beladen werden, von sechs Uhr an warfen hundert Flugzeuge unaufhörlich Bomben. Die Leute liefen auseinander. Meine Familie war schon weggefahren, und ich kehrte gegen sechs hungrig ins Institut zurück und sah: Das Institut war leer, Fenster offen, Zwischenwände weg, Türen weg, das ganze Institut von Splittern übersät. Es hatte wohl einen schrecklichen Sog gegeben. Es war schrecklich. Ich blieb mit vier Komsomolzen, die Posten standen, allein im Institut. Der Professor vom Dienst, Zyganow, aus Odessa evakuiert, war sehr verstört, und ich ließ ihn gehen. Sie bombardierten in Wellen: 20 Minuten bombardierten sie, dann flogen sie weg. Ich saß im Institut, bis ich gegen zehn Uhr vom Bezirkskomitee angerufen wurde, ich sollte Komsomolzen organisieren, da zu dem Zeitpunkt nördlich der Traktorenfabrik Panzer luftgelandet waren. Das erfuhr ich von den Sekretären des Bezirkskomitees, die selbst mit angesehen hatten, wie Flugzeuge Panzer ausgeladen hatten. [333]   Zu meiner Verfügung standen vier Studenten, die ich in die Stadt schickte, um Kommunisten und Komsomolzen zusammenzurufen. Wir hatten damals 15 davon. Wir brachten sie bis gegen zwei Uhr nachts zusammen. Einige konnten telefonisch erreicht werden, die Übrigen wurden zu Hause erreicht.
    Denissowa (Parteisekretärin des Jerman-Bezirks): Ringsum brannte es, und er bombardierte gnadenlos. So machte er das: Flog an, bombardierte eine Straße, danach kam der Nächste. Und so ohne Ende, ohne Ende, wie am Fließband, und dazu noch mit starken Sirenen. Die ganze Nacht wurde bombardiert, wir schleppten die Verwundeten ins Parteibüro, das unten im Haus war. Dabei hatten wir das Gefühl, dass wir sie besser nicht hierhin schleppen sollten. […] Dann gab man uns ein Auto. Wir luden die Verwundeten ein und fuhren sie zur Fähre. All das taten wir mit der Hilfe der Parteimitglieder, die bei uns waren. Nachdem wir die Verwundeten auf die Fähre gebracht hatten, ging ich ins Bezirkskomitee. Ich war kaum angekommen, als eine Bombe in unser Bezirkskomitee fiel. […] Das war sehr schlimm. […] Die Welle trug mich durchs ganze Bezirkskomitee und warf mich an die Wand, ich wurde ganz mit weißem Kalk überschüttet, eine Wand wurde weggerissen. Zum Glück wurde niemand verletzt.
    Als ich im Keller des Stadtkomitees ankam, ging das Gebäude der Staatsbank nebenan in Flammen auf. Das war ein Volltreffer. […]
    Die Staatsbank brannte, das Stadtkomitee der Partei brannte. Ich sah, dass alle Kommunisten zurückkamen. »Wo sollen wir hin? Überall sind Brände, überall brennt es.« In unserem Bezirk war ein Feuermeer, es wurde heiß. Durch die Straßen zu laufen war unmöglich, und im Stadtkomitee bleiben konnten wir auch nicht – eine Rauchwand, und die Wände vom Stadtkomitee brannten schon.
    Simenkow (Sowjetvorsitzender, Gebiet Stalingrad): Am 24. [August] war morgens ein starkes Bombardement, die Arbeiter versammelten sich im Stadtgarten im Zentrum der Stadt. Wir führten Gespräche mit ihnen darüber, wie die Stadt verteidigt werden müsste. Der Garten war ein sehr günstiger Ort für die Bewaffnung. Er war eine Sammelstelle zur Bewaffnung von Arbeiterbataillonen. Das war am 24. und 25. August. Die Arbeiter kamen, erhielten Waffen, erhielten eine Aufgabe, man gab ihnen einen Unterleutnant, und sie gingen zur Verteidigung der Stadt in die vorderen Stellungen. Es kamen Arbeiter vom Traktorenwerk, von Nr. 221. Das hier war nicht die einzige Sammelstelle, hier kamen 400–600 Mann zusammen. Es herrschte eine Stimmung, das können Sie sich nicht vorstellen.
    Ein Stahlgießer, der 30 oder 40 Jahre im Werk gearbeitet hat, nimmt eine MPi, er kennt so etwas nicht, ihm wird erklärt, wie man mit der MPi umgeht. Wir brachten ihm bei, wie man das Magazin einsetzt, wie man auf Einzelfeuer umstellt usw. Am 23., 24. und 25. hatten wir ein extrem heftiges Bombardement der feindlichen Luftwaffe. Während dieses heftigen Bombardements kamen
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