Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Autoren: Clarke Arthur C.
Vom Netzwerk:
Sternen, mochten die Nachfahren des Menschen immer noch Imperien errichten und Sonnen zerstören – die Erde wusste es weder, noch wollte sie es wissen.
    Die Erde nicht. Aber Alvin.

Zwei
    Zwei
    Der Raum war dunkel, bis auf eine leuchtende Wand, auf der die Farben fluteten und verebbten, während Alvin mit seinen Träumen rang. Ein Teil des Musters erfüllte ihn mit Zufriedenheit; er hatte sich in die gewaltigen Linien der Berge verliebt, die aus dem Meer emporragten. Diese hoch steigenden Kurven verrieten Kraft und Stolz; er hatte sich lange Zeit mit ihnen beschäftigt und sie dann in der Gedächtnisanlage des Visiogerätes aufbewahrt, während er mit den anderen Teilen des Bildes experimentierte. Irgendetwas entzog sich ihm, obwohl er es nicht zu bestimmen vermochte. Immer wieder versuchte er die leeren Stellen auszufüllen, während das Instrument die wechselnden Muster in seinen Gedanken las und sie auf der Wand ma terialisierte. Es taugte nichts. Die Linien waren verschwom men und unsicher, die Farben schmutzig und trübe. Wenn der Künstler sein Ziel nicht kannte, würde es auch die wunderbarste Maschine nicht für ihn finden.
    Alvin löschte seine unbefriedigenden Kritzeleien und starrte mürrisch auf das zu drei Vierteln leere Rechteck, das er mit Schönheit auszufüllen versucht hatte. Einer plötzlichen Eingebung folgend, verdoppelte er die Größe des bestehenden Entwurfs und schob ihn in die Mitte des Rahmens. Nein – das war ein fauler Ausweg; die Ausgewogenheit fehlte. Schlimmer noch, die Veränderung des Maßstabs hatte die Mängel seiner Konstruktion enthüllt, die mangelnde Perfektion dieser nur auf den ersten Blick vollkommen wirkenden Linien. Er würde noch einmal ganz von vorne beginnen müssen.
    »Totallöschung«, befahl er der Maschine. Das Blau des Meeres verschwand; die Berge lösten sich wie Nebel auf, bis nur noch die blanke Wand da war. Verschwunden, als seien sie nie gewesen – als seien sie in dem Nichts versunken, das alle Meere und Berge der Erde lange Zeit vor Alvins Geburt dahingerafft hatte.
    Licht erfüllte wieder den Raum, und das schimmernde Rechteck, auf das Alvin seine Träume projiziert hatte, verschmolz mit seiner Umgebung, wurde zu einer Wand wie die anderen Wände. Aber waren es Wände? Einem Wesen, das einen solchen Raum noch nicht gesehen hatte, musste er sehr seltsam vorkommen. Er war völlig ohne besondere Merkmale und ohne jedes Mobiliar, so dass es schien, als stünde Alvin im Mittelpunkt einer Kugel. Keine sichtba ren Trennlinien schieden die Wände von Boden oder Decke. Es gab nichts, worauf sich das Auge einstellen konnte; der Raum, der Alvin einschloss, konnte genauso gut einen Durchmesser von drei Metern oder drei Kilometern haben, so wenig vermochte das Auge des Betrachters hier zu unterscheiden. Es wäre nur schwer der Versuchung zu widerstehen gewesen, mit ausgebreiteten Armen vorwärts zugehen, um die physischen Begrenzungen dieses außerordentlichen Raumes herauszufinden.
    Aber solche Räume waren für die meisten Mitglieder der menschlichen Rasse seit langer Zeit das Zuhause . Alvin brauchte nur den entsprechenden Gedanken zu formulieren, und die Wände wurden zu Fenstern, die sich nach jedem Teil der Stadt hin öffneten, den er zu sehen wünschte. Ein anderer Wunsch, und ihm unbekannte Maschinen füllten das Zimmer mit den projizierten Abbildern jeder Art von Mobiliar, das er brauchte. Ob sie wirklich waren oder nicht, diese Frage hatte in der letzten Jahrmilliarde nur sehr wenige Menschen beschäftigt. Gewiss waren sie nicht weniger wirklich als diese andere Betrügerin, die feste Materie, und wenn sie nicht mehr benötigt wurden, wurden sie in die Phantomwelt der Gedächtnisanlagen der Stadt zurückgeschickt. Wie alles andere in Diaspar auch, nutzten sie sich niemals ab – und sie würden sich auch nie verändern, wenn ihre gespeicherten Muster nicht durch einen bewussten Willensakt gelöscht würden.
    Alvin hatte seinen Raum teilweise rekonstruiert, als an sein Ohr ein beharrliches, glockenähnliches Läuten drang. Er gab gedanklich das Eintrittssignal, und die Wand, auf die er eben noch gemalt hatte, löste sich wieder auf. Wie erwartet, standen seine Eltern dort und hinter ihnen Jeserac. Die Anwesenheit seines Lehrers bedeutete, dass es sich um keinen normalen Familienbesuch handelte – aber das wusste er ja schon.
    Die Illusion war vollkommen, und sie verflog auch nicht, als Eriston zu sprechen begann. In Wirklichkeit waren Eriston, Etania und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher