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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Autoren: Clarke Arthur C.
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dir diese Tatsache so lange wie möglich vorzuenthalten, damit kein Schatten über deine Kindheit fiel – obwohl ich glaube, dass du einen Teil der Wahrheit schon erraten hast.
    Du, Alvin, bist ein Phänomen, das in Diaspar seit der Gründung der Stadt erst wenige Male aufgetreten ist. Vielleicht lagst du durch alle Zeiten hindurch schlafend in den Gedächtnisanlagen – vielleicht bist du aber auch erst vor zwanzig Jahren durch eine zufällige Permutation geschaffen worden. Du kannst ebenso gut von Anfang an von den Gründern der Stadt vorgesehen worden oder ein zufälliges Produkt unserer eigenen Zeit sein.
    Wir wissen es nicht. Alles, was wir wissen, ist dies: Du allein, von allen Menschen, Alvin, hast noch nie gelebt. Du bist im wörtlichen Sinn das erste Kind, das seit mindestens zehn Millionen Jahren auf der Erde geboren wurde.«

Drei
    Drei
    Nachdem Jeserac und seine Eltern verschwunden waren, lag Alvin noch lange Zeit auf der Couch und versuchte, seinen Geist von allen Gedanken frei zu halten. Er schloss den Raum um sich herum, damit ihn niemand in seiner Trance stören konnte.
    Aber er schlief nicht; er hatte noch nie geschlafen, er hatte keinerlei Erfahrung damit. Der Schlaf gehörte in eine Welt, in der es Tag und Nacht gab, und hier gab es keine Nacht. Wenn überhaupt, konnte er sich diesem unbekannten Zustand auf diese Weise, durch eine Art Trance nähern. Er hatte es nicht unbedingt nötig, aber er wusste, er würde danach klarer im Kopf sein.
    Er hatte wenig Neues erfahren; fast alles, was ihm Jeserac erklärt hatte, hatte er bereits geahnt. Aber etwas zu ahnen war eine Sache, eine andere war es, eine endgültige Bestätigung dafür zu bekommen.
    Ob dieses Wissen wohl sein Leben beeinflussen würde? Er wusste es nicht, und Unsicherheit war für Alvin ein völlig neuartiges Gefühl. Vielleicht machte es überhaupt keinen Unterschied; wenn er sich in diesem Leben nicht vollkommen an Diaspar anpasste, dann im nächsten oder im übernächsten …
    Schon als dieser Gedanke sich in ihm regte, verwarf er ihn. Diaspar mochte dem Rest der Menschheit genügen, aber nicht ihm. Er bezweifelte nicht, dass man tausend Leben hier verbringen konnte, ohne alle seine Wunder ausgeschöpft oder die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht zu haben, die es zu bieten hatte. All diese Dinge konnte er tun – aber wenn es drüber hinaus nichts mehr zu tun gab, würde er niemals zufrieden sein.
    Dabei stand er allerdings einem Problem gegenüber. Was gab es darüber hinaus noch zu tun?
    Die unbeantwortete Frage riss ihn aus seiner Versunkenheit. Er konnte nicht hierbleiben, solange er in dieser ruhelosen Stimmung war, und es gab nur einen einzigen Ort in der Stadt, wo er seine Gemütsruhe wiederfinden konnte.
    Die Wand löste sich teilweise auf, als er durch sie hindurch auf den Gang trat; ihre polarisierten Moleküle widersetzten sich ihm, er fühlte sie wie einen schwachen Wind im Gesicht. Es hätte viele andere Möglichkeiten gegeben, mühelos ans Ziel zu gelangen, aber er zog es vor, zu gehen. Sein Zimmer war fast auf einer Ebene mit der Stadt, und ein kurzer Durchgang brachte ihn auf eine spiralenförmige Rampe hinaus, die zur Straße führte. Er ließ die fließende Straße unbeachtet und blieb auf dem schmalen Gehsteig – ein exzentrisches Verhalten, da er mehrere Kilometer Weg vor sich hatte. Aber Alvin zog die körperliche Bewegung vor; sie beruhigte ihn. Außerdem gab es so viel zu sehen, dass es schade gewesen wäre, an den neuesten Wundern Diaspars zu schnell vorbei zu sein, wenn man die Ewigkeit vor sich hatte.
    Es war Brauch unter den Künstlern – und zu irgendeiner Zeit wurde jeder Bewohner Diaspars zum Künstler –, ihre neuesten Schöpfungen am Rande der fließenden Straße auszustellen, damit die Passanten sie bewundern konnten. Auf diese Weise dauerte es gewöhnlich nur ein paar Tage, bis die gesamte Bevölkerung jedes beachtenswerte Erzeugnis kritisch geprüft und auch ihrer Meinung entsprechenden Ausdruck verliehen hatte. Das sich daraus ergebende Urteil, automatisch von Meinungsforschungs geräten aufgezeichnet, die bisher noch niemand hatte über listen können – an Versuchen dazu hatte es nicht gemangelt –, entschied über das Schicksal des Meisterwerks. Wenn die positiven Stimmen in der Mehrzahl waren, ging das Modell in das Gedächtnis der Stadt über, so dass jeder in Zukunft eine vom Original nicht zu unterschei dende Reproduktion besitzen konnte, dem der Sinn danach stand.
    Die weniger
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