Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Autoren: Clarke Arthur C.
Vom Netzwerk:
erfolgreichen Werke gingen den üblichen Weg solcher Erzeugnisse. Sie wurden entweder in ihre ursprünglichen Bestandteile aufgelöst oder wanderten in die Häuser der Freunde des Künstlers.
    Alvin sah auf dem Weg nur ein Kunstwerk, das ihn ansprach. Es war eine Schöpfung aus reinem Licht, die vage an eine aufblühende Blume erinnerte. Langsam aus einem winzigen Farbenkern wachsend, weitete sie sich zu komplizierten Spiralen und Schleiern, sank plötzlich in sich zusammen und begann von neuem. Aber kein Muster glich dem vorherigen. Obwohl Alvin längere Zeit zusah, waren jedes Mal feine, undefinierbare Unterschiede zu sehen, blieb auch das Grundmuster immer dasselbe.
    Er wusste, warum ihm dieses Werk unberührbarer Skulp tur gefiel. Sein pulsierender Rhythmus vermittelte einen Ausdruck von Weite – sogar von Flucht. Und aus diesem Grund würde es vielen Mitbürgern Alvins missfallen. Er notierte sich den Namen des Künstlers und beschloss, ihn bei nächster Gelegenheit aufzusuchen.
    Alle Straßen, fließende wie unbewegliche, endeten, wenn sie den Park, das grüne Herz der Stadt, erreichten. Hier, in einem kreisrunden Platz von fünf Kilometern Durchmesser, lebte die einzige Erinnerung an das Bild der Erde, ehe die Wüste mit Ausnahme Diaspars alles verschluckt hatte. Ein breiter Rasengürtel, dann niedrige Bäume, die immer dichter wurden, je weiter man unter ihrem Schatten vorankam. Dabei neigte sich der Boden sanft nach unten, so dass nach dem Verlassen des schmalen Waldstreifens von der Stadt nichts mehr zu sehen war.
    Der große Strom, der vor Alvin lag, hieß einfach Fluss . Er besaß und brauchte keinen anderen Namen. In regelmäßigen Abständen spannten sich Brücken über ihn, und er floss in einem vollständigen, in sich geschlossenen Kreis um den Park, nur gelegentlich von kleineren Buchten unterbrochen. Dass ein schnell strömender Fluss nach einem Weg von zehn Kilometern in sich selbst zurückkehren konnte, war Alvin nie als ungewöhnlich erschienen; in der Tat hätte er sich nicht einmal gewundert, wenn der Fluss an irgendeiner Stelle seines Kreislaufs bergauf geströmt wäre. In Diaspar gab es viel seltsamere Dinge.
    In einer der kleinen Buchten schwamm eine Gruppe junger Leute, und Alvin blieb stehen, um ihnen zuzuschauen. Er kannte die meisten vom Sehen, wenn nicht sogar mit Namen, und fühlte sich einen Augenblick versucht, sich mit ihnen gemeinsam zu amüsieren. Dann aber fiel ihm sein Geheimnis ein, und er gab sich mit der Rolle des Zuschauers zufrieden.
    Körperlich gesehen, gab es keine Möglichkeit zu entscheiden, welcher dieser jungen Bürger in diesem Jahr aus der Halle der Schöpfung getreten war und welcher schon so lange in Diaspar lebte wie Alvin. Obwohl be trächtliche Unterschiede in Größe und Gewicht bestanden, hatten beide mit dem Alter nichts zu tun. Die Menschen wurden einfach so geboren, und obwohl im Allgemeinen die Größe eines Menschen seinem Alter entsprach, konnte man diese Regel doch nur dann anwenden, wenn man sie auf einen Zeitraum von Jahrhunderten bezog.
    Das Gesicht war ein besserer Hinweis. Einige der Neugeborenen überragten zwar Alvin, aber sie hatten einen Ausdruck der Unreife, ein verwundertes Staunen über die Welt, in die sie sich plötzlich gestellt sahen, an dem man sie sofort erkannte. Merkwürdig, sich vorzustellen, dass in ihren Gehirnen, noch unberührt, unendlich viele Erinnerungen schlummerten und bald in ihr Bewusstsein treten würden. Alvin wusste nicht, ob er sie beneiden sollte. Die erste Erfahrung war ein köstliches, unwiederholbares Geschenk. Es war wunderbar, das Leben zum ersten Mal zu betrachten wie in einer frischen Morgendämmerung. Wenn es doch nur noch andere wie ihn gäbe, mit denen er seine Gedanken und Gefühle austauschen könnte …
    Aber physisch bestand ein Unterschied zwischen ihm und den Badenden. Der menschliche Körper hatte sich in der Milliarde von Jahren seit der Gründung der Stadt nicht verändert. Ein beträchtlicher Unterschied bestand jedoch gegenüber der ursprünglichen, primitiven Form, obwohl die meisten Veränderungen für ein normales Auge nicht sichtbar waren. Der Mensch hatte sich in seiner langen Geschichte viele Male angepasst, um die Krankheiten zu überwinden, die einst das Erbe ihrer Körper gewesen waren.
    Unnötiges Zubehör wie Nägel und Zähne war verschwun den. Das Haar beschränkte sich auf den Kopf; auf dem Körper war keine Spur mehr davon vorhanden. Das Merkmal aber, das einen Menschen der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher