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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse
Autoren: Ken Follett
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vergaß er sogar das traurige Schicksal von Einohr-Willie. Im Rhythmus eines Popsongs trommelte Tony mit den Fingern aufs Lenkrad. Inzwischen war es kühler geworden. Die Sonne stand schon tief, und am blauen Himmel waren die Streifen und Bänder hoher weißer Wolken zu sehen. Der Verkehr wurde dichter, als die Rush-hour näherrückte, doch an diesem Nachmittag hatte Tony Cox alle Zeit der Welt.
    Zum Schluß war doch noch alles gutgegangen. Die Jungs hatten ihre Anteile bekommen, und Tony hatte ihnen erklärt, daß er den Rest des Geldes im Safe einer Bank versteckt hatte, und aus welchem Grund. »In ein paar Monaten, wenn die Sache nicht mehr so heiß ist, gibt’s noch mal einen Zahltag für euch«, hatte er seinen Leuten versprochen.
    Laski hatte das gestohlene Geld bereitwilliger in seinem Safe unterbringen lassen, als Tony erwartet hatte. Schließlich war es heißes Geld. Vielleicht glaubte der gerissene Mistkerl, sich ein hübsches Sümmchen auf die Seite schaffen zu können: Sollte er es ruhig mal versuchen.
    Das Problem bestand jetzt darin, die Quelle des plötzlichen Reichtums so zu verschleiern, daß Tony Abhebungen vornehmen konnte, ohne Gefahr zu laufen, sich verdächtig zu machen. Aber da würde ihm und Laski schon irgendein Dreh einfallen. Das dürfte nicht weiter schwierig sein.
    Was kann an einem Tag wie heute schon schwierig sein?, dachte Tony zufrieden und fragte sich, was er mit dem angebrochenen Nachmittag anfangen sollte. Zu einer Schwulenbar fahren und sich einen Freund für die Nacht suchen? Ja, genau: Er würde sich etwas Schickes anziehen, ein paar von seinen teuren Schmuckstücken anlegen, sich einen Packen Zehner in die Tasche stecken und sich auf die Suche nach einem hübschen, knackigen Burschen machen, der ein paar Jahre jünger war als er selbst. Er würde den Jungen mit Aufmerksamkeiten überschütten: eine Show besuchen, ein teures Essen, Champagner – und dann ab nach Hause, in seine Wohnung. Dort würde er dem Knaben seine wahren Absichten kundtun, falls der es bis dahin noch nicht begriffen hatte. Notfalls würde er ihn ein bißchen weichklopfen, um ihn zugänglicher zu machen, und dann …
    Tony war sicher, daß er einen flotten Abend und eine schöne Nacht erleben würde. Morgen früh würde er den Knaben mit einer hübschen Stange Geld wegschicken – ramponiert, aber glücklich. Tony machte gern andere Menschen glücklich.
    Aus einem plötzlichen Entschluß heraus hielt er vor einem Geschäft an einer Straßenecke und ging hinein. Es war ein Zeitschriften-und Süßwarenladen mit modernem, hellem Dekor und neuen Regalen an den Wänden, auf denen Zeitungen, Illustrierte und Bücher standen. Tony fragte nach der größten Schachtel Pralinen, die in dem Geschäft erhältlich war.
    Die junge Frau hinter dem Ladentisch war fett, pickelig und vorlaut. Sie mußte sich recken, um das Verlangte von einem hohen Regal herunterzunehmen, so daß sie Tony einen Blick auf ihren prallen Hintern und die stämmigen Beine gewährte, die in Nylonstrümpfen steckten. Tony wandte den Blick ab.
    »Wer ist denn die Glückliche?« fragte das Mädchen, als sie ihm die Pralinenschachtel reichte.
    »Meine Mom.«
    »Ha. Das können Sie Ihrer Oma erzählen.«
    Tony bezahlte und machte, daß er rauskam. Es gab nichts Abstoßenderes als eine abstoßende Frau.
    Als er losfuhr, dachte er: Mit einer Million Pfund könntest du eigentlich ein bißchen mehr auf den Putz hauen, als bloß in die Stadt zu fahren, um heute abend irgendeinen Knaben aufzureißen. Aber er wollte gar nichts anderes. Er hätte sich ein Haus in Spanien kaufen können, aber dort war es ihm zu heiß. Autos hatte er genug, eine Kreuzfahrt um die Welt würde ihn nur langweilen, an einem Herrenhaus auf dem Lande hatte er kein Interesse, und er sammelte weder teure Gemälde noch kostbare Münzen, noch sonst etwas.
    Eigentlich, dachte Tony bei sich, ist das lächerlich: Da bist du binnen eines Tages zum Millionär geworden, und was kaufst du von deinem neuerworbenen Reichtum? Eine Anderthalb-Kilo-Packung Pralinen für deine Mom.
    Aber das Geld bedeutete vor allem Sicherheit. Wenn er mal eine Pechsträhne hatte, oder – was Gott verhüten möge – sogar einige Zeit im Knast verbringen mußte, konnte er sich dennoch auf praktisch unbegrenzte Zeit um seine Leute kümmern. Ein Unternehmen wie das seine zu führen, war manchmal eine kostspielige Angelegenheit. Immerhin beschäftigte Tony zwanzig Mitarbeiter, und sie alle verließen sich darauf, daß
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