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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels
Autoren: Ella Theiss
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klingt, als sei er zufrieden. Was
auch sonst! Lisbeth hat alle giftigen Keime sorgsam aus den Kartoffeln herausgepult.

    »Nun das Fleisch«, sagte der Kreutzer, schürzt sein
Froschmaul und kommt wieder näher. Er riecht nach Sandelholz.

    Lisbeth hasst Sandelholz. »Das Fleisch ist all verwertet«,
versichert sie, »die Knochen ausgekocht. Die hab ich hernach zerhackt und im
Misthaufen vergraben – dass sie mir keine Ratten locken.«

    »Zerhackt? Im Misthaufen?«

    »Wollt Ihr, Herr, dass ich die Knochenteile heraussuche,
damit Ihr sie beschauen könnt?«

    Der Major widmet sich der klein geschnittenen Petersilie,
die auf dem Schneidbrett wartet. »Lassen wir’s dabei bewenden!«

    Lisbeth greift den Löffel, rührt im Topf, lässt die
Petersilie hineinrieseln. Das Feuer lodert, Schwaden aus Rauch und Dampf füllen
den Raum. Der Kerl nähert sich schon wieder von hinten! Als sie sich umdreht,
grinst er ihr ins Gesicht.

    »Mir ist aufgetragen, die Suppe vorzukosten.« Aus dem
Froschmaul sickert ein Speicheltropfen.

    Lisbeth wendet sich zum Tellerbord, füllt dem Kreutzer eine
kleine Schale voll, reicht ihm einen Löffel. »Bitte, Herr Major!«

    Er pustet, löffelt vorsichtig, schlürft schließlich die
Schale aus und wischt sich über den verschmierten Bart.

    Lisbeth fragt sich schon seit einiger Zeit, wozu die Vorkoster
gut sein sollen, die manche der Herrschaften mitbringen. Das meiste Gift, das
man einer Speise zugeben könnte, wirkt so langsam, dass ein Vorkoster erst
krank wird, wenn die Speise nicht mehr frisch ist und neu gekocht werden
müsste. – Erwartet Amalie von Preußen, dass ihre möglichen Widersacher ein Gift
wählen, bei dem man binnen Augenblicken tot umfällt? Sei’s drum! Lisbeth muss
sich darum nicht den Kopf zerbrechen!

    »Ist die Suppe so in Ordnung?«, fragt sie.

    Der Kreutzer nickt stumm.

    Lisbeth lässt ihn stehen, sucht einen der glasierten
Teller mit dem blauen Schleifenmuster aus, gießt Suppe hinein und trägt ihn zur
Prinzessin hinaus, die sie überschwänglich begrüßt.

    »Ahh, wie das duftet!«

     
    Kartoffelmussuppe (für 4 Personen)

    Gebe reichlich 2 Pfund zerkleinertes Rindfleisch mit Knochen
in kaltes Wasser, dass es bedeckt ist. Erhitze das Wasser allmählich und füge,
sobald es kocht, etwas Salz hinzu. Den entstehenden Schaum schöpfe stetig ab.
Gebe ein halbes Pfund Möhren, ein halbes Pfund Lauch und eine kleine
Sellerieknolle zerkleinert hinzu. Halbiere zwei Zwiebeln, brate sie mit der
Schnittfläche nach unten in wenig Öl an, bis sie leicht braun sind. Gebe nun
auch die Zwiebeln und zwei Lorbeerblätter zur Suppe und lasse alles 2–3 Stunden
köcheln. Hernach hebe die Fleischstücke heraus und kläre die Brühe unter
Zuhilfenahme eines Siebes. Löse das Fleisch von den Knochen und schneide es in
kleine Würfel. Die Gemüsereste kannst du zusammen mit dem abgeseihten Schaum
dem Schwein verfüttern, so du eines im Stall hast.

    Wasche 2 Pfund Kartoffeln, schäle sie und schneide die
Keimansätze sowie alle grünen Stellen heraus, lege sie sodann bis zur
Verwendung in kaltes Wasser. Hernach reibe sie oder gebe sie sehr klein
geschnitten in die fertige Fleischbrühe. Fülle so viel Wasser nach, dass die
Kartoffeln gut bedeckt sind, und lasse die Brühe etwa eine halbe Stunde
köcheln. Wenn die Kartoffeln zu einer feinen Krem zerfallen sind, gebe die
Fleischstücke und die klein geschnittene Petersilie hinzu, wenn nötig noch
etwas heißes Wasser. Würze mit Salz und Muskatnuss. Serviere sodann die
Kartoffelmussuppe mit einem herben Weißwein.

    Aus Franz Vincent Müllers Kochbrevier Die gute
Volksküche, erschienen zu Hamburg im Jahre 1802

     
    So langsam hat Lisbeth noch niemanden essen sehen.
    »Délicieux«, ruft die Prinzessin nach jedem Löffel,
spitzt die Lippen, schließt die Augen, als küsse sie einen Liebhaber, mustert
von Zeit zu Zeit den Teller, den Zinnlöffel mit dem rund geschmiedeten Stiel,
erbittet schließlich eine zweite Portion für ihre Gesellschafterin.

    Die verbeugt sich, setzt sich, löffelt schweigend ihren
Teller leer und lässt das holprige Französisch ihrer Herrin über sich ergehen
wie einen warmen Regen. Sie mag so alt sein wie Lisbeth. Gewiss sehr hoher
Adel, sonst würde sie kaum Amalie von Preußen Gesellschaft leisten dürfen.
Gewiss unverheiratet. Hat eine allzu spitze Nase und zudem einen Damenbart,
sodass sie keinem Mann recht gefallen wird. Und doch mag dies ein annehmbares
Schicksal sein, befindet Lisbeth. Allemal
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