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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht
Autoren: Matthias Noellke
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ausgeht. Vielleicht haben Sie die Bemerkung von Günter Gaus im letzten Beispiel als ziemlich rüde empfunden. Denn eigentlich gehört es sich nicht, jemanden zu tadeln, der einem etwas Freundliches sagt. Aber Sie können dadurch in eine Rolle geschoben werden, die Sie eigentlich gar nicht spielen wollten. Sie wollen sich sachlich, kritisch und fair mit jemandem auseinandersetzen – und der erzählt Ihnen, wie sehr er Sie dafür bewundert. Wenn Sie ihm da nicht auf die Finger klopfen, sondern geschmeichelt in sich hineinlächeln, können Sie Ihre Rolle nicht mehr spielen.
    Sprache der Macht im Alltag: Ein kleines Kompliment einschmuggeln
    Die verblüffende Wirkung von Lob, das nicht umgehend zurückgewiesen wird, können Sie selbst überprüfen. Bei der nächsten Meinungsverschiedenheit schmuggeln Sie ein kleines Kompliment in Ihre Äußerung. Die Sache muss stimmen und glaubhaft sein, sonst fühlt sich der andere verschaukelt. Sie werden feststellen: Wird das Kompliment nicht sofort „unschädlich“ gemacht, tut es seine Wirkung. Ihr Gegenüber wird Sie nicht mehr so vehement angreifen; aber auch für Sie selbst hat sich die Situation verschoben.
    Wie du mir, so ich dir
    Eine besonders starke Kraft ist das Reziprozitätsprinzip, das ist der wissenschaftliche Name für das Prinzip der Gegenseitigkeit. Konkret: Wie mich jemand behandelt, so behandele ich ihn auch, ja, so muss ich ihn behandeln – auch wenn ich das gar nicht so recht will. Der amerikanische Sozialpsychologe Robert Cialdini hat sich ausgiebig mit diesem Effekt beschäft und beschreibt, wie es den Hare-Krishna-Jüngern gelang, Spenden zu sammeln. Und zwar von Leuten, die diese Sekte ablehnten : Sie schenkten ihnen eine Rose und baten danach höflich um eine Spende . Fast alle gaben einen Betrag, der den Wert der Rose deutlich überstieg.
    Wie stark der Druck ist, den eine solche Situation erzeugt, zeigt sich auch daran, dass die Leute eher versuchten, den Krishnas ganz aus dem Weg zu gehen als die Spende zu verweigern. Warum eigentlich? Weil gleich zwei Rahmen dafür sorgten. Einmal der Rahmen des Schenkens: Wenn uns jemand ein Geschenk macht, können wir die Annahme nicht verweigern, zumindest nicht, ohne den anderen zutiefst zu kränken. Und zweitens der Rahmen der Gegenseitigkeit.
    Ein so gewaltiger Druck macht uns unsouverän, denn wir können nicht mehr unabhänig und selbstbestimmt handeln. Dazu müssen wir erst aus der Situation heraustreten und verstehen, was hier eigentlich stattfindet. Dann können wir über die Situation sprechen, also beispielsweise die Annahme der Rose verweigern, weil sie gar kein Geschenk ist, sondern ein Köder, um an unser Geld zu kommen: „Nein danke, ich möchte keine Rose. Das ist ja nur Ihr Köder, um Geld zu sammeln.“
    Um die Eigendynamik vollständig zu brechen, müssen wir darüber hinaus die Situation neu definieren. Bezogen auf unser Beispiel wäre unsere neue Definition: Unser Gegenüber hat versucht uns mit einem Trick zu täuschen; wir als sein Opfer müssen uns seinem Zugriff entziehen.
    Im Übrigen ist es gar nicht nötig, den andern als Bösewicht oder Manipulator abzustempeln. Es genügt, die Situation neu zu definieren. Wenn wir uns vorstellen, Sie würden die Rose dem Krishna-Jünger abkaufen , so wäre ebenfalls die ursprüngliche Eigendynamik gebrochen. Weil dem Krishna-Jünger das nur allzu bewusst ist, würde er sich vermutlich nicht darauf einlassen, sondern darauf bestehen, Ihnen die Rose zu schenken. Aber dann tritt der Effekt ein, den wir bereitsangesprochen haben: Wir können uns nicht auf eine gemeinsame Situation verständigen, wir müssen die Sache abbrechen.
    Sprache der Macht im Alltag: Unzumutbare Situationen souverän abbrechen
    Stecken Sie in einer Situation, die Ihnen unbehaglich ist, gehen Sie folgendermaßen vor: Treten Sie aus der Situation heraus. Wenn möglich, verständigen Sie sich mit Ihrem Gegenüber. Legen Sie die Situation neu fest. Besteht Ihr Gegenüber auf der ursprünglichen Definition der Situation, stellen Sie fest, dass keine Verständigung möglich ist. Beenden Sie das Gespräch.
    Ablenkungsmanöver
    Die Eigendynamik einer Situation kann freilich nicht nur dazu genutzt werden, dass wir uns unterordnen oder besonders freundlich sind. Eine sehr abgefeimte Methode besteht darin, uns zu einem unsouveränen Verhalten zu veranlassen – durch Kränkungen oder Provokationen.
    Nun haben wir die „strategischen Wutanfälle“ und ihre machtspendende Wirkung bereits
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