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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition)
Autoren: James Grenton
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stolperten auf ihn zu; seine Verfolger holten rasch auf.
    Von einem der nahenden Fahrzeuge plärrte ihm eine megafonverstärkte Stimme entgegen: »Stehenbleiben! Du bist umstellt!«
    Da er weder nach rechts noch nach links noch zurück konnte, blieb ihm als Fluchtrichtung nur noch geradeaus.
    »Nimm die Hände hoch!«, rief die Stimme.
    Nur wenige Meter hinter ihm kam Patrick aus der Gasse zwischen zwei Hüttenreihen und richtete seine Waffe auf ihn. »Keine Bewegung!«
    Jim hechtete über die Straße, schlug hart auf, rollte sich ab, kam wieder auf die Beine und rannte los. Kugeln pfiffen an ihm vorbei. Er blieb stehen. Vor ihm war ein gut drei Meter hoher Zaun aufgetaucht, der sich hunderte von Metern in beide Richtungen erstreckte. Wenn er ihn zu erklettern versuchte, würden sie ihn erschießen. Er fuhr herum. Dutzende von Milizleuten drängten aus den Fahrzeugen und kamen von drei Seiten auf ihn zu. Patrick führte sie an. Er richtete den Schein seiner Taschenlampe direkt in Jims Augen. Jim blieb nichts anderes, als den Arm hochzunehmen zum Schutz gegen das Licht.
    »Nimm die Hände hoch, Jim«, sagte Patrick. »Die Jagd ist vorbei.«
    Jim ließ das Gewehr fallen. Er hob die Arme und kniff die Augen zusammen gegen das grelle Licht. Patrick und zwei Milizleute kamen auf ihn zu und durchsuchten ihn. Sie zwangen ihn auf den Boden und drückten ihm den Kopf in den Sand. Er schnappte nach Luft.
    »Hast du gedacht, du könntest so leicht davonkommen?« Patrick stieß Jim ein Knie ins Kreuz. »Zeit für eine kleine Lektion.«
    Ein Messer grub sich in Jims Backe. Er stöhnte auf.
    »Das ist nur ein Vorgeschmack«, zischte Patrick ihm ins Ohr. »Dir steht ein langsamer Tod bevor, mein Freund. Und jetzt die andere.« Er riss Jim den Kopf herum.
    Aber der nächste Schnitt blieb aus. Das trockene Husten eines Maschinengewehrs war zu hören. Patrick durchfuhr ein Schauer, dann erschlaffte er und knickte über Jim ein. Rund um ihn ertönten Schreie, Männer sackten in sich zusammen. Jim rollte herum und griff nach der Taschenlampe, die Patrick hatte fallen lassen. Er richtete den Schein auf Patrick und wich angewidert zurück. Patricks Kopf war Masse aus Hirn und Blut. Die Hochgeschwindigkeitsgeschosse hatten ihm die Schädeldecke weggerissen.
    Wieder ertönte Maschinengewehrfeuer, dann folgte eine Explosion. Einer der Technicals verschwand in einem Feuerball. Die Milizleute daneben gingen schreiend in die Knie; ihre Uniformen hatten Feuer gefangen; wie menschliche Fackeln knieten sie da.
    Flüchtlinge rannten in alle Richtungen, riefen, kreischten, schrien. Mütter zogen ihre Kinder hinter sich her. Männer fielen mit Stöcken über die Milizleute her und schlugen sie zu Boden.
    Jim kroch vom Schlachtfeld weg. Er versteckte sich neben einer Hütte. Seine Backe schmerzte von Patricks Schnitt. Jeder Atemzug fuhr ihm wie ein Messer in die Brust.
    Im Lager brach ein Aufstand aus. Ganze Gruppen von Vertriebenen fielen über die Milizen her, die sie vergeblich zurückzuschlagen versuchten.
    Aber wo war das MG-Feuer hergekommen? Und wer hatte das Fahrzeug gesprengt?
    Jim musste das allgemeine Chaos nutzen. Mühsam kam er auf die Beine und versuchte sich zu orientieren. Er war sich sicher, noch in der Nähe des Flugzeugs zu sein. Er taumelte durch Knäuel von Vertriebenen, die aneinandergedrängt neben ihren Hütten kauerten. Dann hatte er das Kampfgeschehen hinter sich gelassen.
    Er erreichte das große Zelt.
    Er hörte ein leises Weinen. Er trat in das Zelt und sah sich im Licht der Taschenlampe um. Maxine kauerte am Boden, zitternd, die Kleidung zerrissen, ihr Gesicht schmutz- und tränenverschmiert. Sie zuckte zusammen, als Jim auf sie zutrat
    »Keine Bange«, sagte er. »Ich bin’s.«
    Er leuchtete sich mit der Lampe ins Gesicht, damit sie ihn erkannte. Er kniete nieder und legte einen Arm um sie.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, rief sie aus. Ihre Hand griff nach seinem Gesicht.
    Jim zuckte. »Nicht anfassen, bitte. Tut etwas weh. Was ist mit dir?«
    »Sie haben uns gefunden. Und den IDP. Abdullah hat es erwischt.«
    »Tot?«
    »Ja. Und meine Schwester auch.« Maxines Augen wurden kalt. »Harry hat sie in Cambridge ermordet. Er hat es mir selbst gesagt.«
    Die Schüsse kamen näher. Jim half Maxine auf die Beine und zog sie hinter sich her auf den Ausgang zu.
    »Wir reden später«, sagte er. »Erst müssen wir mal hier raus.«
    Sie stießen die Zeltklappe auf.
    Und standen vor Harry.

Kapitel 55
    IDP-Camp Maslah,
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