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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper
Autoren: Andrea Camilleri
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klammern.
    »Und wie lautet die?« fragten sie wie aus einem Mund.
    »Meiner Meinung nach hat Cocò Impiduglia, der Dorftrottel, den Brand im Theater gelegt. Impiduglia ist nicht imstande, ein vernünftiges Wort herauszubringen. Ein Köter hat mehr Hirn als er. Dümmer als ein Stück Vieh ist er. Alle Vigateser wissen, daß seine einzige warum sind Sie dann heute nacht hergekommen und gehen uns auf den Keks?«
      Traquandi war sehr nervös. Er hatte das Taschentuch herausgezogen und trocknete sich ständig den Mund ab.
      »Weil die Sache kompliziert ist. Ich werde sie gleich erklären. Puglisi ist nicht nur überzeugt, daß der MazziniAnhänger aus Rom den Theaterbrand gelegt und zwei Tote verschuldet hat. Er hat auch die Frechheit besessen, zum Polizeipräsidenten zu sagen, wenn dieser uns sofort den Befehl gegeben hätte, den Römer da zu verhaften, der weder Zeit noch Gelegenheit gehabt hätte, das verfluchte Theater niederzubrennen. Das bedeutet, immer noch laut Puglisi, daß der Herr Polizeipräsident die Verantwortung für das ganze Unglück trägt. Und das bedeutet, daß es ernst wird. Puglisi ist störrisch wie ein Maultier.«
    »Was soll denn das heißen?«
      »Das bedeutet, der geht stur seinen Weg, ohne nach rechts oder links zu schauen, nicht mal der Tod Samsons mit sämtlichen Philistern bringt ihn aus dem Konzept. Ist das klar?«
    »Völlig klar«, erwiderte Decu.
    »Nun habe ich von mir aus, ohne ein einziges Wort verlauten zu lassen, beschlossen, nach einer Lösung für das Ganze zu suchen. Da der Polizeipräsident seinem Kommissar den Befehl erteilt hat, den Römer am nächsten Tag bei Morgengrauen, sprich in ein paar Stunden, zu
      »Ich habe verstanden«, sagte Traquandi. »Ihrer Meinung nach soll ich mich jetzt schnellstens aus dem Staub machen.«
    »Genauso ist es«, meinte Girlande.
      »Ist gut. Aber einfach so abhauen? Wohin soll ich denn gehen? Wohin bloß?«
      »Gerade so ins Blaue hinein nicht. Die würden Sie sofort wieder einfangen, und dann sähe das Ganze übel aus, vor allem für mich, der ich Sie habe entkommen lassen.«
    »Was soll ich also tun?«
      Girlando legte eine wirkungsvolle Pause ein und drückte den Stummel seiner Zigarre aus.
      »An der Kreuzung hundert Meter von hier wartet einer meiner Vertrauten auf Sie. Er heißt Laurentano und hat zwei Pferde bei sich, eins ist für Sie. Wenn Sie jetzt keine Zeit verlieren und sich sofort auf den Weg machen, sind Sie morgen am späten Vormittag in der Gegend von Serradifalco. Dort ist einer meiner Leute, der Sie drei bis vier Tage bei sich aufnehmen kann. Der wird dann selbst sehen, wohin er Sie schickt.«
    »Also soll ich gleich gehen?«
      »Natürlich. Nach dem Plan, den ich ausgeklügelt hatte, läßt sich alles mit einem Streich in Ordnung bringen.
    Puglisi wird Sie nicht antreffen, und alles, was er sich über den Urheber des Theaterbrands zusammengereimt hat, wird keinen Pfifferling wert sein. Obendrein wird wie in den Märchen, die den Kleinen beim Zubettgehen erzählt werden. Lassen Sie es sich gesagt sein, es gibt keinen anderen Weg. Vielleicht wollt ihr beide ein paar Worte miteinander wechseln. Ich gehe einstweilen raus, um ein bißchen frische Luft zu schnappen.«

    Sie überlegten hin und her. Einmal gerieten sie fast aneinander, dann umarmten sie sich wieder. Schließlich gelangten sie zu einem Entschluß. Traquandi packte seine Siebensachen, drückte Decu die Hand und verließ in Begleitung des Polizisten die Wohnung.
      »Warte auf mich, ich muß mit dir sprechen«, flüsterte Girlando Decu zu, bevor er den Römer hinausbegleitete.
      Es war noch keine Viertelstunde vergangen, und schon war er wieder zurück.
    Voller Genugtuung meinte er: »Unser römischer Freund
    ist jetzt in den richtigen Händen. Und du bist mir zu Dank verpflichtet. Wenn ich nicht diesen Einfall gehabt hätte, hätte man dich morgen früh ins Gefängnis geworfen, und es wäre sehr schwer geworden, dich wieder herauszuholen. Vergiß nicht, Decu, es sind zwei Tote im Spiel.«
    »Was soll ich machen, wenn Puglisi auftaucht?«
    »Du brauchst überhaupt nichts zu machen. Oder werd sauer, zeig dich verblüfft, reg dich auf. Reich mir mal das Jagdgewehr, es wäre nicht ratsam, wenn Puglisi hier eine ist kalt.«

    Sie ritten einen Feldweg entlang, schon tagte es. Mit einem Mal sagte Laurentano, ein Bauerntölpel, wie Traquandi sie mehrfach in diesen Tagen zu Gesicht bekommen hatte, ohne den Kopf zu wenden zu dem Römer:

    »Sie
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