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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
Autoren: Philippa Gregory
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sanft vorwärts. Flo hockte sich hin, genauso störrisch und unglücklich wie ich.
    »Sachte«, ermahnte George sie. Er nahm meine kalte Hand und schmiegte sie in seine Armbeuge. »Es ist alles halb so schlimm«, sagte er. »William ist heute neben dir geritten, um dir zu zeigen, daß er seine Zustimmung gibt, nicht um dir Schuldgefühle einzuflößen. Er weiß, daß man dem König seinen Willen lassen muß. Das wissen wir alle. William ist ganz zufrieden damit. Auch er wird Gunstbezeugungen genießen, die er dir zu verdanken hat. Du erfüllst auch ihm gegenüber deine Pflicht, indem du seine Familie voranbringst. Er ist dir dankbar. Du tust nichts Unrechtes.«
    Ich zögerte. Ich blickte von Georges aufrichtigen braunen Augen zu Anne, die ihr Gesicht abgewandt hatte. »Da ist noch etwas«, bekannte ich widerwillig.
    »Was?« fragte George. Anne folgte Flo mit den Augen, aber ich wußte, daß ihre ganze Aufmerksamkeit auf mich gerichtet war.
    »Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll«, gestand ich leise. »Wißt ihr, William hat es ungefähr einmal in der Woche mit mir gemacht, und immer im Dunkeln und ganz schnell, und ich habe nie besonderen Spaß daran gehabt. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was da von mir erwartet wird.«
    George lachte kurz auf, legte mir den Arm um die Schultern und drückte mich fest an sich. »Oh, es tut mir leid, daß ich lache. Aber du hast alles ganz falsch verstanden. Er will keine Frau, die weiß, was sie zu tun hat. Davon gibt es in jeder Badestube der Stadt Dutzende. Er will dich. Dich mag er. Und es wird ihm gefallen, wenn du ein wenig schüchtern und ein bißchen unsicher bist. Das ist gut so.«
    »Hallo!« rief jemand hinter uns. »Die drei Boleyns!«
    |36| Wir wandten uns um und sahen auf der oberen Terrasse den König, der noch seinen Reiseumhang trug und den Hut keck auf dem Kopf sitzen hatte.
    »Los geht’s.« George machte eine tiefe Verneigung. Anne und ich sanken in den Hofknicks.
    »Seid ihr nicht müde von der Reise?« fragte der König. Die Frage war allgemein gestellt, aber mich schaute er dabei an.
    »Überhaupt nicht.«
    »Ihr reitet da eine sehr hübsche kleine Stute, aber sie ist doch ein wenig kurz in der Hinterhand. Ich werde Euch ein anderes Pferd schenken.«
    »Majestät sind zu freundlich«, erwiderte ich. »Ich habe mir das Pferd nur geliehen. Es würde mich freuen, ein eigenes zu haben.«
    »Ihr sollt Euch in meinem Stall eines nach Eurem Geschmack aussuchen«, versprach er. »Kommt mit, wir wollen uns die Pferde gleich ansehen.«
    Er reichte mir den Arm, und ich ließ die Finger sanft auf dem kostbaren Tuch seines Ärmels ruhen.
    »Ich spüre Eure Berührung kaum.« Er legte seine Hand über die meine und drückte sie fest. »So. Ich möchte doch wissen, ob ich Euch bei mir habe, Mistress Carey.« Seine Augen strahlten sehr blau, und er blickte auf meine französische Haube, mein zurückgekämmtes goldblondes Haar und dann auf mein Gesicht.
    Ich merkte, wie mein Mund ganz trocken wurde, und lächelte, obwohl ich zwischen Furcht und Verlangen schwankte. »Ich freue mich, bei Euch zu sein.«
    »Wirklich?« fragte er plötzlich sehr eindringlich. »Wirklich? Von Euch möchte ich keine falsche Münze. Viele drängen Euch, bei mir zu sein. Ich möchte, daß Ihr aus freien Stücken kommt.«
    »Oh, Majestät! Als hätte ich nicht bei Kardinal Wolsey mit Euch getanzt, ohne überhaupt zu ahnen, daß Ihr es wart!«
    Er freute sich an dieser Erinnerung. »O ja! Und Ihr seid beinahe in Ohnmacht gefallen, als ich die Maske abnahm und Ihr erkanntet, daß ich es war. Für wen hattet Ihr mich denn gehalten?«
    |37| »Ich habe gar nicht darüber nachgedacht. Ich weiß, das war töricht von mir. Ich hielt Euch wohl für einen Fremdling bei Hof, einen neuen, gutaussehenden Fremdling, und es bereitete mir solches Vergnügen, mit Euch zu tanzen.«
    Er lachte. »Oh, Mistress Carey, so ein süßes Gesichtchen und so unartige Gedanken! Ihr hattet gehofft, ein gutaussehender Fremdling sei an den Hof gekommen und habe Euch zum Tanze aufgefordert?«
    »Ich wollte nicht unartig sein.« Einen Augenblick lang befürchtete ich, meine Antwort sei selbst für seinen Geschmack zu süßlich gewesen. »Ich habe einfach nur meine gute Erziehung vergessen, als Ihr mich zum Tanz aufgefordert habt. Ich bin sicher, ich würde niemals etwas Unrechtes tun. Es war nur einen Augenblick lang so, daß ich …«
    »Daß Ihr was?«
    »Daß ich es vergessen habe«, sagte ich leise.
    Wir erreichten
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