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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
Autoren: Patti Callahan Henry
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Polizeiwagen bog um die Ecke. »Bitte sag mir, dass du mich verstehst.«
    »Natürlich verstehe ich dich, Rusty. Natürlich.«
    Die Liege in der Notaufnahme war an die Wand gestellt worden. Rusty hatte die Augen geschlossen, sein Haar klebte feucht am Kopf. Der hellblaue Kittel hing unter dem linken Bein fest. Ich zupfte den Stoff frei und zog ihn über das nackte Bein. So verletzt und mitgenommenwirkte Rusty plötzlich wie ein Kind, nicht wie ein Mann, den man fürchten musste. Ich legte meine Hand über den Verband auf seiner Stirn, er stöhnte. Wenn ein Körper heilen kann, schaffen wir das vielleicht auch.
    Zu unserer Erleichterung hatte er nichts Schlimmeres als einen gebrochenen Arm und ein paar Schürfwunden. Die Krankenschwester kam gerade ins Zimmer, da schlug Rusty die Augen auf. »Dann passiert so was. Das weißt du doch?« Seine Worte kamen harsch durch zusammengepresste Lippen.
    »Was?« Mit einem Schlag war der Gedanke an Heilung weg.
    »Ich habe dir das von Anfang an gesagt: Wenn man eine Familie zerstört, geht noch viel mehr kaputt, Ellie. Das weißt du. Ich weiß das.«
    »Wow, und ich habe gedacht, es läge daran, dass du betrunken Auto gefahren bist. Dabei ist das alles meine Schuld?«
    »Natürlich ist es das.« Rusty schloss die Augen. »Gehst du bitte raus, damit ich mich anziehen und so schnell wie möglich verschwinden kann?«
    Ich verließ den Raum, und die letzten und zartesten Knochen unserer Ehe zerbrachen in mir.
    Auszug aus einem nie abgeschickten Brief
    in Lillian Ashford Eddingtons Tagebuch
    DER LETZTE LIEBESBRIEF
    Ich halte es nicht länger aus, Dich zu vermissen, diese Schwere meines Körpers, die mich nicht das Leben leben läßt, das ich leben soll. Verlangen und Vermissen sind mit einer stumpfen Nadel in meine Seele genäht, jeder Stich Begehren. Wie soll eine Frau damit leben? Wie soll sie mit so einem Schmerz weiterleben?
    Ich war auf Schmerz vorbereitet, aber nicht auf diesen. Ganz sicher nicht auf diesen …
    eilung«.

V IERUNDZWANZIG
    D ie tiefen Stimmen aus der Küche verwirrten mich, und dann waren da auch noch der Geruch von Kaffee und der Krampf in meinem Nacken. Allmählich wurde ich wach – ich hatte auf dem Stuhl im Wintergarten geschlafen. Auf dem Tisch klingelte mein Handy, ungeschickt griff ich danach und ließ es erst mal auf den Boden fallen.
    »Hallo –«, krächzte ich.
    »Ellie.«
    Seine Stimme. Hutchs Stimme.
    »Oh, du«, sagte ich, setzte mich auf und rieb mir die Augen.
    »Ich hätte nicht anrufen sollen, ich weiß.«
    »Ich bin froh, dass du es getan hast.« Ich warf einen Blick auf die Uhr, um mich langsam wieder in Zeit und Raum zurechtzufinden. Zehn Uhr. Am Morgen. Mein Wintergarten.
    »Ich wollte nur hören, wie es dir geht, ob alles okay ist.«
    »Wo bist du?«
    Metall klirrte gegen Metall. »In meiner Küche.«
    »Ich kann jetzt nicht reden, Hutch.«
    »Ich verstehe.«
    »Können wir uns sehen?«, fragte ich.
    »Nein.«
    Ich ließ meinen Kopf in die Hände fallen, mein Herz fiel ins Bodenlose. »Okay. Warum hast du dann an gerufen?«
    »Ich weiß nicht genau.« Er hielt inne. Im Hintergrund piepte eine Mikrowelle oder Kaffeemaschine. »Ich hatte das Gefühl, du steckst in Schwierigkeiten oder … ich weiß auch nicht. Aber jetzt höre ich deine Stimme …«
    »Schwierigkeiten?«
    »Aber bei dir ist alles in Ordnung, oder?«
    »Das hängt von deiner Definition ab.« Ich sah auf, da stand Dad mit einem Blick, als wäre ich zwölf Jahre alt und hätte mir den Arm gebrochen. Mitleid lag wie ein Schleier auf seinem Gesicht. »Ich muss auflegen.« Das tat ich und erhob mich.
    »Käferchen, bist du okay?«
    »Ich glaube schon.«
    Rusty tauchte hinter Dad auf. »Ihr geht’s gut.«
    Dad nahm meine Hand. »Rusty hat mich heute morgen angerufen und mir von dem Unfall erzählt. Mein Bruder ist auch auf dem Weg. Er wollte sowieso zu Besuch kommen, und –«
    »Onkel Cotton kommt?« Ich verließ den Wintergarten.
    Rusty packte mich am Arm. »Wo gehst du hin?«
    »Kaffee.« Ich zeigte in Richtung Küche.
    Dad kam mir nach. »Bist du wirklich in Ordnung?«
    »Natürlich.« In der Küche holte ich eine Tasse mit der Aufschrift »Beste Mom der Welt« aus dem Schrank, ein Muttertagsgeschenk, das Lil vor Jahren im Kunstunterricht gemacht hatte. Ich schenkte mir heißen Kaffee ein.
    »Zum Glück bist du nicht verletzt worden. Komisch. Aber Gott sei Dank.« Dads Stimme brach bei dem Wort verletzt ein wie auf einem gefrorenen See.
    Rusty hustete. »Der Abschleppdienst
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